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Schief aber stabil Schief aber stabil: Eulenspiegelturm steht wieder sicher

Von Katharina Thormann 24.10.2018, 14:06
Der Eulenspiegelturm von Schloss Bernburg wurde zwischen 1170 und 1180 errichtet.
Der Eulenspiegelturm von Schloss Bernburg wurde zwischen 1170 und 1180 errichtet. Pülicher

Bernburg - Knapp zwei Jahre hatte er seinen grünen „Mantel“ an, nun ist der Blick auf Bernburgs Eulenspiegelturm wieder frei - und noch viel wichtiger: Der Turm ist vor allem wieder sicher. Denn wegen der tiefen Risse im Mauerwerk und der wachsenden Neigung musste die Stadt Bernburg an dem Wahrzeichen dringend handeln und insgesamt rund eine Millionen Euro, Mittel aus dem städtebaulichen Denkmalschutz, investieren.

Doch die Mühen haben sich gelohnt. „Laut den neuesten Messungen ist die Neigung in Richtung des Langen Hauses zum Stillstand gekommen“, sagt Kerstin Schannor, stellvertretende Hochbauamtsleiterin der Stadt Bernburg. Doch die Schieflage bleibt. Nach wie vor neigt sich das rund 50 Meter hohe Bauwerk exakt 60 Zentimeter aus der Senkrechten gen Norden.

Spinne aus Stahlseilen stabilisiert den Turm

Um die Schieflage zu stoppen, musste einiges geschehen in der 21-monatigen Bauzeit. Besonders im Inneren. Dort ist laut Schannor im unteren Bereich eine Stahlspinne aus festgespannten Seilen eingebaut worden, um den Turm standsicher zu machen.

Zusätzlich dazu hat er außen um den Bauch drei Ringe aus wetterfestem Cortenstahl bekommen, an denen die Stahlbetonscheiben im Inneren verankert wurden. Keine leichte Aufgabe für Planer und Handwerker. Schließlich mussten dafür drei Meter dicke Wände bezwungen werden.

Erschwerend kam hinzu, dass diese Wände zum großen Teil gar nicht massiv waren, sondern aus einem schaligen Mauerwerk bestehen. Dieses ist im Inneren nur mit einer bröckelnden Dämmung ausgefüllt.

Aber damit nicht genug. Auch die losen Bruchsteine an der Fassade mussten heraus und ersetzt werden. Die Risse, unter anderem in den Fensteröffnungen, wurden vernadelt und ausgespritzt.

Risse in der Mauer wurden stabilisiert und verfüllt

In diesem Jahr ist dann die Außenhaut dazugekommen. Wie viele Tonnen Putz an den Bergfried gekommen sind, kann Planer Jörg Kowalski nur schätzen. Es dürfte eine Fläche so groß wie ein Fußballfeld sein.

Eine schweißtreibende Baustelle für die Handwerker. „Das war eine wahre Sportbaustelle“, sagt Schannor. Schließlich konnten die Materialien nicht einfach mit einem Bagger oder einem Kipper herangekarrt werden. Stattdessen wurde alles per Hand ins Innere des Turms getragen, Dutzende, zum Teil sehr schmale Treppenstufen inklusive.

Im Barock wurden die Fenster im Turm ausgestemmt

Dass es überhaupt erst zu den Rissen auf einer Länge von rund 400 Metern gekommen ist, hängt vor allem mit der Statik des Turms zusammen. Mehrfach wurde an dem zwischen 1170 und 1180 errichteten Bergfried gewerkelt.

Unter anderem wurden ein neues Dach aufgesetzt, neue Treppen im Inneren eingebaut und während der Barockzeit unsachgemäße Fensteröffnungen ins Mauerwerk gestemmt. All das hat laut Architekt Spuren an der Statik des eigentlich massiven Bauwerks hinterlassen.

Die dadurch entstandenen Schäden sind nun so gut wie behoben. Jetzt fehlt laut Schannor nur noch der Feinschliff, zum Beispiel an der Fassade der Schwarzen Küche, die an den Bergfried angrenzt. Das Gerüst hatte den Zugang versperrt. Nun liegt der Bereich frei, auch um eine neue Dachrinne anzubringen.

Schäden am Dach repariert und Blitzschutz erneuert

Apropos Dach: Dank der Rüstung hat die Stadt Bernburg auch gleich Sicherungsarbeiten an der Spitze des Bergfrieds vorgenommen, in der der namensgebende Narr Till Eulenspiegel vor etwa 700 Jahren der Legende nach als Feind-Erspäher im Einsatz gewesen sein soll. So sind laut stellvertretender Hochbauamtsleiterin oberhalb der Türmerstube die Schäden an den Dachziegeln repariert, Blechabdeckungen erneuert und ein Blitzschutz überarbeitet worden.

Einen Eindruck können sich Interessenten auch während der Bauarbeiten im Museum Schloss Bernburg machen. Denn der Eulenspiegelturm wird während der zweijährigen Bauzeit auch weiterhin für Besucher geöffnet sein. (mz)