Salzlandkreis Salzlandkreis: Orgel pfiff auf dem letzten Loch
BEESENLAUBLINGEN/MZ. - Genau 1 071 Pfeifen hat die Orgel in der Kirche St. Peter und Paul in Beesenlaublingen, weiß Martin Ködelpeter. Er weiß es sogar noch genauer: "Die größte Pfeife ist aus Holz und misst 3,60 Meter. Die kleinste Pfeife ist gerade einmal 20 Zentimeter lang und besteht aus Zinn." Auch, dass die Orgel 18 Register besitzt, ist dem Gemeindekirchenrat bekannt, obwohl er sie nicht persönlich gezählt hat. Doch derzeit wäre aus keiner einzigen der 1 071 Pfeifen ein Ton zu hören, würde Kantor Joachim Diemer auf der Orgel spielen.
Denn die Pfeifen wurden ausgebaut und liegen rings um die hochromantische Orgel von Wilhelm Rühlmann aus Zörbig aus dem Jahr 1894 verteilt beziehungsweise sind in Kartons verpackt. Daher kennt Ködelpeter auch die genaue Anzahl. Es steht nur noch der leere Orgelkörper. "Die Orgel muss dringend repariert werden", erklärt Ködelpeter. Die Rühlmann-Orgel - es war das 158. Opus des berühmten Orgelbauers - habe sich im Original-Zustand befunden und war seit 1894 noch nie repariert worden. Sie war im Zuge der Kirchensanierung Ende des 19. Jahrhunderts eingebaut worden. 33 000 Reichsmark habe die gesamte Erneuerung der Kirche, die erstmals 961 urkundlich erwähnt wurde und deren Portal aus dem 12. Jahrhundert stammt, vor über 100 Jahren gekostet. Das sei heute unvorstellbar, sagt Ködelpeter. "Dafür könnte man nicht einmal die Kirche streichen." Die Vorgänger-Orgel habe man damals in die Kirche nach Beesedau gebracht, wo sie noch immer steht. Eine erste Orgel in Beesenlaublingen ist laut Ködelpeter in alten Aufzeichnungen im Jahr 1698 erwähnt.
Die jetzige Rühlmann-Orgel sei noch bis zuletzt bespielbar gewesen, allerdings mit Einbußen beim Klang. "Es gab Schwächen in den einzelnen Registern", sagt Ködelpeter. Das Holz des Prospektes sei teilweise vom Wurmfraß befallen und in den Pfeifen habe sich im Laufe der vielen Jahrzehnte Schmutz angesammelt, sodass saubere Töne nicht mehr möglich waren. Zudem sei das Leder des Blasebalgs beschädigt, zählt Ködelpeter die Schäden auf und zeigt in dem eigens eingerichteten Raum auf die Löcher im Blasebalg. Bei dieser Gelegenheit erwähnt er auch gleich, dass früher die Konfirmanden den Blasebalg hätten aufpumpen müssen. Spuren, beispielsweise im Holz eingeritzte Initialen, zeugen noch heute von dieser Zeit.
Am Nikolaustag, dem 6. Dezember, hatten die Mitarbeiter der Orgelwerkstatt Thomas Schildt aus Halle dann angefangen, die Pfeifen und Register auszubauen. Daher erklang dieses Mal zur Weihnachtszeit auch nicht wie in all den Jahren zuvor Orgelmusik in der Kirche. Stattdessen habe der Posaunenchor aus Beesenlaublingen gespielt, erzählt Martin Ködelpeter. Das sei auch schön gewesen, aber mit dem Klang einer Orgel nicht vergleichbar. "Eine Orgel gehört einfach zu einer Kirche", ist er überzeugt. Die Experten aus der Orgelwerkstatt haben einige Teile mitgenommen und bereits mit der Instandsetzung und der Säuberung begonnen. Geplant ist, dass die "Königin der Instrumente" zu Pfingsten wieder spielt. Dann soll sie mit einem größeren Konzert wieder eingeweiht werden. Die umfassende Reparatur der Orgel wird 22 000 Euro kosten. Einen Teil davon wird die Kirchengemeinde selbst aufbringen. Zudem unterstützt der Orgel- und Baulastfonds der Landeskirche Sachsen die dringend notwendige Reparatur. Außerdem hoffen Ködelpeter und die anderen Gemeindekirchenräte auf Spenden. "Wir sind für jede Unterstützung dankbar", so Ködelpeter.