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Ehrenamtliche fahren Rentner durch Bernburg Rikscha-Touren für Senioren: Initiative "Radeln ohne Alter" macht Station in Bernburg

Von Torsten Adam 29.09.2018, 07:55
In einer Rikscha an der Saale-Promenade entlang kutschiert zu werden - Rudolf Tröster und Helga Nöhrhoff haben diese Chance am Freitag spontan ergriffen. Ihr Chauffeur ist der Däne Chris Andersen.
In einer Rikscha an der Saale-Promenade entlang kutschiert zu werden - Rudolf Tröster und Helga Nöhrhoff haben diese Chance am Freitag spontan ergriffen. Ihr Chauffeur ist der Däne Chris Andersen. Pülicher

Bernburg - Radfahren kennt keine Altersgrenzen. „Meine älteste Passagierin Paula in Kopenhagen war 100 Jahre alt“, sagt Chris Andersen. Von diesem Jubiläum ist das Pärchen, das am Freitagvormittag auf der Bernburger Saale-Halbinsel in die Rikscha des Dänen steigt, zwar noch ein gutes Stück entfernt.

„Das ist mal was anderes“, sagt Rudolf Tröster (83)

Doch der 83-jährige Rudolf Tröster und seine zwei Jahre reifere Begleiterin Helga Nöhrhoff sind nicht weniger begeistert als damals Paula von der Spritztour. „Das ist mal was anderes“, sagt Rudolf Tröster erfreut über die Abwechslung vom Alltag.

Der Mann, der früher als Schlosser im Bernburger Salzwerk gearbeitet hatte, lebt seit anderthalb Jahren im Seniorenheim Pro Vita am Rosenhag. Hier hatte er seine an Demenz erkrankte Ehefrau bis zum Tod begleitet, ehe er selbst pflegebedürftig wurde. Im Herbst seines Lebens fand er mit der Ur-Bernburgerin Helga Nöhrhoff noch einmal eine Freundin.

Vorbei am Ausflugslokal Reimann, zurück an der Krumbholzallee

Als das Seniorenpärchen warm verpackt in den Rikschakorb vor Chris Andersen klettert, sagt Rudolf Tröster verschmitzt: „Es ist sehr angenehm, hier drin zu sitzen. Jetzt fehlen nur noch die Getränke.“

Diese werden zwar nicht gereicht, dafür gibt es wie für weitere Senioren des Pflegeheims eine kostenlose Rundfahrt entlang der Saale-Promenade, vorbei am Ausflugslokal Reimann, hinein in den Kesselbusch und an der Krumbholzallee zurück.

Ein Däne gründete vor sechs Jahren die Initiative

Diejenigen, die wie Chris Andersen in die Pedale treten, sind alles Ehrenamtliche, die die Initiative „Radeln ohne Alter“ unterstützen und dafür ihren Urlaub opfern. Die Idee, älteren Menschen mit Rikscha-Ausfahrten zum Recht auf Wind im Haar zu verhelfen und eine Freude zu bereiten, hatte Chris Andersens Landsmann Ole Kassow vor sechs Jahren.

Seitdem verbreitete sie sich wie ein Lauffeuer um die ganze Welt. In 28 Staaten fahren mittlerweile Ehrenamtliche Rikschas. Caroline Kuhl und Nadine Chirchietti gründeten mit weiteren Mitstreitern im Februar 2017 in Bonn den zweiten deutschen Verein „Radeln im Alter“.

Am 5. September startete die Tour auf dem Radweg Deutsche Einheit

Die beiden jungen Frauen machten sich mit sechs anderen Piloten am 5. September auf den Radweg Deutsche Einheit. Ziel ist nach 1.089 Kilometern am 3. Oktober Berlin. „Wir wollen die Idee durch Deutschland tragen“, sagt Vereinssprecherin Daniela Kinkel. Unterwegs besuchen sie immer wieder Senioren- und Pflegeeinrichtungen und laden Bewohner zu Rikscha-Ausfahrten ein.

In Bernburg ganz spontan. „Wir hatten zuvor den Seniorenbeirat der Stadt angeschrieben, aber leider keine Rückmeldung erhalten“, sagt Daniela Kinkel. Nach der Übernachtung in der Jugendherberge wollen sie Bernburg auf dem Weg zum Tagesziel Dessau aber nicht den Rücken kehren ohne eine gute Tat.

Pro-Vita-Pflegedienstleiterin Jana Mertens sagt nach der telefonischen Anfrage am Freitagmorgen zu: „Na klar, das machen wir.“ Als die Senioren vom kleinen Ausflug zurückkehren, steht ihnen allen ein Lächeln ins Gesicht geschrieben. (mz)

Wer will, kann für die Initiative Radeln ohne Alter e.V. für den Zukunftspreis abstimmen. Hier geht es zur Abstimmung.