Reinhardt Weiser Reinhardt Weiser: Der Sebastian Vettel von Baalberge

Baalberge - Die Tasche ist noch gepackt. Mit feuerschutzsicherer Unterwäsche, Rennanzug und Handschuhen - startklar für das nächste Rennen. Doch es wird keins mehr geben für Reinhardt Weiser aus Baalberge nach seinem schweren Unfall 1998.
An diesem einen Tag im Sommer endete abrupt seine Zeit als Rennfahrer, als er bei Arbeiten im Garten stand und die Trennscheibe platzte und er ein Stück direkt in seinen Bauch bekam.
Reinhardt Weiser aus Baalberge: Die Erinnerungen schmerzen immer noch
Auch wenn das schon 19 Jahre und mehrere Operationen her ist, schmerzen die Erinnerungen immer noch. Was dem Rennfahrer geblieben ist, ist aber sein Fahrzeug, das er derzeit wieder aufbaut. Keines von McLaren oder Ferrari, sondern Marke Eigenbau: ein FW 92 Euro Opel.
Dabei steht das FW für den Ingenieur Bernd Filz und den Fahrer und Erbauer Reinhardt Weiser. Opel, weil ein Zwei-Liter-16V-Motor eines Opel Calibra darin verbaut war, der es auf eine Geschwindigkeit von 260 Kilometern pro Stunde brachte. Zumindest, wenn es die Rennstrecken hergaben.
Nur zwei Jahre war sein Rennwagen im Einsatz, anfangs in der Formel Euro Cup, später in der Formel 2000. Und so drehte er seine Runden auf Deutschlands bekannten Strecken wie Hockenheim, dem Nürburgring, aber auch in den Nachbarländern Tschechien, Holland und Österreich.
Fahrgestell für seinen Rennwagen nach Skizze von Ulli Melkus
Das letzte Mal saß er in Oschersleben hinter dem Steuer seines FW 92, der in seiner Grundkonstruktion vom bekannten DDR-Rennfahrer Ulli Melkus stammt. „Er hatte eine Skizze auf eine Zigarettenschachtel gemalt“, erzählt Weiser von seinen Gesprächen mit ihm.
Nach dessen Tod baute Weiser dann nach dieser Skizze das Fahrgestell für seinen Rennwagen, und später für vier weitere Rennwagen, die zwar in der Optik denen der Formel 1 nahe kommen. „Verglichen haben wir Rennfahrer uns aber nie mit ihnen“, sagt Weiser. Schließlich geht es in dieser Rennserie um Millionenverträge.
In der Formel 2000, die vor 15 Jahren eingestampft wurde, waren die Siegerprämien deutlich geringer. Ganz zu schweigen von der Rennwagenklasse zu DDR-Zeiten, bei der man als Sieger mal einen Sessel überreicht bekam, mal einen Benzinkanister und ein anderes mal eine Personenwaage.
Reinhardt Weiser: Seine Erfolge
Einer von Weisers größten Erfolgen: der dritte Platz der DDR-Bestenermittlung im Jahr 1987 und der 1. Platz beim Internationalen Frohburger Dreieck-Rennen ein Jahr später.
Wie ein Baalberger zum Rennsport kam, obwohl es weit und breit im Altkreis Bernburg keine einzige Übungsstrecke gab und heute noch immer nicht gibt? „Das hat eigentlich mit dem Fahrzeug meiner Eltern zu tun“, erzählt Weiser.
Sie fuhren einen Wartburg F9 mit Baujahr 1956. Gemeinsam baute der gelernte Mechaniker, der viele Jahre im Karosseriewerk Baalberge arbeitete, dann mit seinem Vater einen Wartburg 311er auf. Anfang der 1970er Jahre stieß er zufällig im Urlaub mit seinem Kumpel im tschechischen Pilsen zu einer Skoda-Rallye als Zuschauer dazu. Das war der Start für seine Rennfahrerkarriere.
Zunächst trainierte er auf Feldwegen
„Ich wollte unbedingt auch so einen haben“, erinnert er sich weiter. Zunächst saß er am Steuer eines Skoda S100 und trainierte auf Feldwegen, bis er 1983 in die Rennwagenklasse umstieg, sich zunächst einen Eigenbau-Rennwagen SEG-Shiguli mit 1300er Lada-Motor zulegte.
Doch das reichte dem Tüftler immer noch nicht: „Mir war eigentlich schon immer das Schrauben wichtiger als das Fahren.“ Und so kam er letztlich zu seinem selbst gebauten Modell, mit einem Fahrgestell aus nahtlosem Präzisionsstahlrohr und einer Außenhülle aus Polyester.
Alles andere lagert noch zum größten Teil fein sortiert in Obstkisten. Nacheinander sollen sie wieder in den Rennwagen eingebaut werden. Ein Fertigstelldatum hat sich Weiser dafür nicht gesetzt, genauso wenig, was anschließend mit dem Rennwagen passieren soll.
Noch weitere Oldtimer im Besitz
„Wenn mich wer fragt, sage ich immer, ich stelle ihn mir dann in die Wohnstube“, sagt Weiser. Dort könnte es dann allerdings eng werden, wenn er irgendwann auch seine weiteren Projekte dort ausstellen möchte.
Denn neben dem Rennwagen hat der Skoda-Fan auch noch weitere Young- und Oldtimer des tschechischen Autobauers in seinem Besitz. (mz)
