1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bernburg
  6. >
  7. Tierischer Gast: Nandu im Salzlandkreis: Tierischer Gast aus Südamerika bei Peißen gesichtet.

Tierischer Gast Nandu im Salzlandkreis: Tierischer Gast aus Südamerika bei Peißen gesichtet.

Ein Südamerikaner treibt sich derzeit in der Feldflur östlich von Peißen herum. Schon seit etlichen Wochen. Und er fühlt sich offenbar wohl in der deutschen Wildnis. Hier gibt’s im Sommer schließlich auch reichlich zu futtern. Es ist ein Nandu, von dem hier die Rede ist.

Von Torsten Adam 06.08.2016, 09:00
Dieser Nandu hat sich offenbar zwischen Peißen und Leau sein Revier in freier Wildbahn eingerichtet.
Dieser Nandu hat sich offenbar zwischen Peißen und Leau sein Revier in freier Wildbahn eingerichtet. (Foto: Andreas Rössler)

Peissen/Leau - Ein Südamerikaner treibt sich derzeit in der Feldflur östlich von Peißen herum. Schon seit etlichen Wochen. Und er fühlt sich offenbar wohl in der deutschen Wildnis. Hier gibt’s im Sommer schließlich auch reichlich zu futtern. Es ist ein Nandu, von dem hier die Rede ist.

„Daran besteht kein Zweifel“, sagt Andreas Rößler und widerspricht damit Behauptungen von einheimischen Jägern, bei dem Tier könne es sich um einen aus Australien stammenden Emu handeln.

Im Jahr 2000 waren drei Nandu-Pärchen aus einem Zuchtgehege nahe des holsteinischen Lübecks ausgebüxt. Die Tiere, die bis zu 60 Stundenkilometer schnell rennen können, flüchteten Richtung Osten und siedelten sich in einem

Biosphärenreservat im Nordwesten Mecklenburgs an. Trotz des rauen Klimas vermehrten sich die Laufvögel schnell. Schätzungen gehen davon aus, dass in dem Gebiet mittlerweile bis zu 300 Nandus leben. Bislang werden sie dort als nichteinheimische Tierart noch geduldet.

Dieser Nandu hat sich offenbar zwischen Peißen und Leau sein Revier in freier Wildbahn eingerichtet.
Dieser Nandu hat sich offenbar zwischen Peißen und Leau sein Revier in freier Wildbahn eingerichtet.
(Foto: Andreas Rössler)

Nandus sind wesentlich verträglicher als Emus und viel leichter zu halten als Strauße. Im Gegensatz zu ihren Artverwandten wehren sie sich, wenn sie sich angegriffen fühlen, nicht mit den scharfkralligen Beinen, sondern nur mit dem Schnabel, was sie harmloser macht.

Der Leiter des Umweltamtes des Landkreises Anhalt-Bitterfeld muss es wissen, hat der Vorsitzende des Ornithologischen Vereins Köthen als passionierter Naturfotograf den großen Laufvogel doch selbst vor die Kameralinse bekommen.

Fotograf bekam Nandu vor die Linse

Am Mittwochabend war das, direkt nachdem ein Freund ihn über die ungewöhnliche Entdeckung informiert hatte. „Ich kam bis auf 40 Meter heran, dann rannte der Nandu davon. Ich dachte erst, er ist auf Menschen geprägt, machte aber keinen zutraulichen Eindruck“, beschreibt Rößler seine Begegnung.

Wenn der Nandu aber schon über Monate in der freien Wildbahn lebt, sei es durchaus möglich, dass die Ur-Instinkte wieder durchkommen. „Ich bezweifle deshalb, dass er sich einfangen lässt.“

Woher stammt der Nandu?

Das würde schwierig werden, sagt auch Heinz Hammer. Der Rentner aus Gramsdorf züchtet bereits seit elf Jahren Nandus. Das rund zehn Kilometer von seinem Heimatort entfernt entdeckte Tier stamme aber definitiv nicht von ihm.

Sicher ist aber, dass der flugunfähige Vogel entweder bewusst ausgesetzt oder irgendwo in der Umgebung ausgebrochen ist, so Andreas Rößler. Viel spricht für die erste Variante, denn im Bernburger Polizeirevier hat sich niemand gemeldet, der einen Nandu vermisst.

Äußerst unwahrscheinlich ist, dass das Tier zur einzigen in Europa lebenden Nandu-Kolonie gehört und auf Wanderschaft nach Mitteldeutschland ging.

Nandu beweist sich in Wildnis

Der Nandu dürfte in der Feldflur den Winter überleben, sagt Heinz Hammer. „Ich füttere meine Tiere zwar im Stall, aber sie wollen selbst bei Kälte immer raus ins Freie.“ Derzeit gebe es ein reichliches Nahrungsangebot.

So würden die Tiere gern Kartoffeln, Getreide, auch kleinere Tiere fressen. Und Ameiseneier seien für sie eine Delikatesse. „Wenn das Einfangen des Nandus gelingen soll, dann am ehesten mit einem Betäubungspfeil im Winter, wenn er ausgehungert ist und mit Futter angelockt werden kann“, prognostiziert der Züchter.

Aktuell gibt es jedoch keinen Anlass, das Tier aus dem (Wild)-Verkehr zu ziehen. Mit Schusswaffen schon mal gar nicht. „Nandus stehen nicht auf der Jagdliste des Landes“, warnt Andreas Rößler, selbst Jäger, andere Waidmänner davor, auf falsche Gedanken zu kommen.

Bleibt Nandu das Schicksal des Emus erspart?

Dieses Verbot könnte allerdings aufgehoben werden, wenn der Laufvogel Menschen angreift - wie es vor wenigen Tagen im thüringischen Wartburgkreis passiert ist. Dort attackierte ein aus einem Gehege ausgebrochener Emu einen Jogger und verletzte einen Mann, der ihn einfangen wollte, durch Tritte in den Rücken.

Das zuständige Landratsamt hatte daraufhin das Tier zum Freiwild erklärt. Am Freitag vergangener Woche erschoss ein Polizist in einer Gartensparte schließlich den Emu, der dort Menschen nachgelaufen war. Ob dem Nandu dieses Schicksal erspart bleibt? (mz)