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Maßregelvollzug Bernburg Maßregelvollzug Bernburg: Meuterei wegen Drogen

Von Ralf Böhme 01.11.2014, 11:03
Der Maßregelvollzug in Bernburg
Der Maßregelvollzug in Bernburg Engelbert Pülicher Lizenz

Bernburg - Ein kleines Päckchen, das ein Insasse nicht wie gewünscht ausgehändigt bekam, hat im Maßregelvollzug Bernburg (Salzlandkreis) die bisher größte Gefangenenmeuterei in der Einrichtung ausgelöst. Sechs der knapp 200 Insassen probten den Aufstand, besetzten drei Stunden lang einen Teil der Anstalt.

Der schwere Zwischenfall, den die Polizei am Freitagabend unblutig beendete, ereignete sich vor dem Hintergrund anhaltender Kritik an den Zuständen in dem Maßregelvollzug. Vor allem fehlendes Fachpersonal wird beklagt. Holger Paech, Sprecher des für den Maßregelvollzug zuständigen Sozialministeriums, bestritt am Sonntag, dass Versäumnisse die Meuterei begünstigten. Vielmehr habe das Pflegepersonal sehr professionell auf die unerwartete Situation reagiert.

Pflegepersonal konnte sich zurückziehen

Eine im Maßregelvollzug übliche Kontrolle des Päckchens hatte laut Paech ergeben, dass es Drogen enthielt. „Deshalb wurde die Sendung beschlagnahmt.“ Daraufhin soll der enttäuschte Adressat völlig die Beherrschung verloren haben. Fünf seiner Mitbewohner, so Paech weiter, hätten sich mit dem Mann solidarisiert.

„Alles lief offenbar blitzschnell ab.“ So soll es auch zu lautstarken Drohungen der beteiligten Patienten - alle im Alter zwischen 30 und 45 Jahren - gekommen sein. Minuten später hätten sich die sechs Insassen mit abgeschlagenen Tisch- und Stuhlbeinen bewaffnet, um so die Herausgabe des Päckchens zu erzwingen. Das Pflegepersonal konnte sich noch zurückziehen, die Türen in dem Anstaltsbereich verschließen und die Polizei alarmieren.

Warum ein Sprecher der Polizeidirektion in Magdeburg den Einsatz „lehrbuchreif“ nannte und was mit den Meuterern passierte, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Was danach folgte, nannte ein Sprecher der Polizeidirektion Nord in Magdeburg „lehrbuchreif“. Keine zehn Minuten später traf der erste Streifenwagen ein. Zu diesem Zeitpunkt gab es keinen Ansatzpunkt für eine friedliche Lösung. Deshalb wurde ein Spezialeinsatzkommando (SEK) nach Bernburg beordert, das die Stürmung des Objektes vorbereitete. Dass es nicht dazu kam, war laut Polizei ein Erfolg des hinzugezogenen Verhandler-Teams des Landeskriminalamtes. Diese für Extremsituationen geschulten Kräfte schafften es schließlich drei Stunden später, die Rädelsführer und damit auch die anderen Meuterer zur Aufgabe zu überreden.

Zwei der Männer kamen laut Sozialministerium in sogenannte Isolationsräume, wo sie unter Beobachtung stehen. Die anderen mussten sich unter Bewachung in ihre Einzelzimmer zurückziehen. Gegen das Sextett wird nun wegen Gefangenenmeuterei, Nötigung und Sachbeschädigung ermittelt.

10 bis 15 zusätzliche Stellen geplant

Aus Sicht des Sozialministerium bleibt es trotz des Zwischenfalls beim Fahrplan zur Überarbeitung des Konzeptes für den Maßregelvollzug. Obwohl sich der Dreiklang aus Kontrolle, Deeskalation und Therapie bewährt habe, soll bis Ende November ein erster Entwurf auf dem Tisch liegen. Laut Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) gehe es dabei auch um zehn bis 15 zusätzliche Stellen, die möglicherweise ab Frühjahr 2015 zur Verfügung stehen. (mz)

Die Salus ist ein Fachklinikum in Bernburg. Dort befindet sich auch der Maßregelvollzug.
Die Salus ist ein Fachklinikum in Bernburg. Dort befindet sich auch der Maßregelvollzug.
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Der Maßregelvollzug des Landeskrankenhauses Bernburg aufgenommen am 24. Juli 2012.
Der Maßregelvollzug des Landeskrankenhauses Bernburg aufgenommen am 24. Juli 2012.
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