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Lärm am Flüchtlingsheim Lärm am Flüchtlingsheim am Ameos-Klinikum Bernburg: Nachbarn fordern, den Aufenthaltsbereich der Flüchtlinge zu verlegen

Von Torsten Adam 01.10.2019, 14:56
Der eingezäunte Aufenthaltsbereich für die Flüchtlinge grenzt direkt an die Eigenheimsiedlung. Eine Verlegung auf die andere Gebäudeseite ist laut Innenministerium angeblich nicht möglich.
Der eingezäunte Aufenthaltsbereich für die Flüchtlinge grenzt direkt an die Eigenheimsiedlung. Eine Verlegung auf die andere Gebäudeseite ist laut Innenministerium angeblich nicht möglich. Engelbert Pülicher

Bernburg - Der Lärmkonflikt zwischen den Bewohnern des Flüchtlingsheims auf dem Bernburger Ameos-Klinikgelände und der Eigenheimsiedlung an der Straße Fourmies schwelt weiter.

Aus Sicht der betroffenen Nachbarn hat das zuständige Landesinnenministerium als Betreiber der provisorischen Erstaufnahmeeinrichtung für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge bislang seine Versprechen, eine Lärmbelästigung zu vermeiden, nicht gehalten.

Die Versprechen des Innenministeriums wurden aus der Sicht der Nachbarn nicht erfüllt

Zwischen dem Ex-Bettenhaus, in dem bis zu 150 Menschen leben, und dem Grundstück von Gerd Groß befinden sich noch zwei weitere Eigenheime. Dennoch fühlt sich der Bernburger unter Dauerstress. „Das war trotz des guten Wetters kein schöner Sommer für uns. Und wir haben schon Angst vor dem nächsten“, sagt er.

„Die Kinder werden noch nach dem Abendessen, nach 20 Uhr, zum Spielen hinausgeschickt“, schildert Gerd Groß. Gerade wenn Fußball angesagt ist, sei das mit sehr viel Schreien und Quieken verbunden, meist bis 22 Uhr, manchmal noch darüber hinaus. Tonaufnahmen seines Handys dokumentieren das.

„Ich kann ja verstehen, dass die Kinder Bewegungsdrang haben. Aber muss dies außerhalb des Spielplatzes geschehen und zu dieser Uhrzeit?“, fragt sich der Bernburger. Der Heimleiter habe den Nachbarn zugesichert, dass der Spielplatz nur bis 20 Uhr zur Verfügung stehe.

„Das war eine glatte Lüge!“ Die lauen Abende auf der eigenen Terrasse seien nicht zu genießen gewesen, seine Frau habe sich meist gar nicht mehr mit rausgesetzt, weil der Lärm unerträglich sei. „Und sonntags sind wir lieber gleich weggefahren, um unsere Ruhe zu haben“, sagt Gerd Groß.

Das Innenministerium verweist auf die Hausordnung, die vom Personal der Unterkunft überwacht werde

Das Innenministerium sieht indes keinerlei größeren Probleme: „Den nachbarlichen Interessen an der Einhaltung von Ruhezeiten, insbesondere an Sonn- und Feiertagen sowie in den Abendstunden und zur Nachtzeit, wird durch eine Hausordnung Rechnung getragen. Die Einhaltung der Regeln wird von dem vor Ort eingesetzten Personal ganztägig überwacht“, teilt Sprecherin Nancy Eggeling auf MZ-Nachfrage mit.

Danach ist an Werktagen eine Ruhezeit von 22 bis 6 Uhr einzuhalten. An Sonn- und Feiertagen ist die Ruhezeit ganztägig. Die in der Einrichtung tätigen Sozialarbeiter würden die Bewohner auch für die Belange der Nachbarschaft sensibilisieren.

Gerhard Warthemann widerspricht: „An diese Hausordnung hält sich niemand”

„An diese Hausordnung hält sich niemand, weder die Bewohner noch das Personal“, widerspricht Gerhard Warthemann, dessen Grundstück direkt angrenzt.

„Ein über die bestimmungsgemäße Nutzung hinausgehender Gebrauch des Außenbereichs mit der Folge unzumutbaren Kinderlärms ist nicht bekannt“, heißt es dagegen aus dem Innenministerium.

Ebenso wie die Interessen der Anwohner am adäquaten Lärmschutz seien auch die Interessen von Kindern unabhängig davon, woher sie kommen, zu berücksichtigen. Müssen sich die Nachbarn also an das Spielen in den Abendstunden, wie in den meisten südlichen Ländern üblich, gewöhnen?

Laut Ministeriumssprecherin nicht: „Es versteht sich von selbst, dass jeder, der ein Gast- oder Bleiberecht genießt, die Gepflogenheiten des Gastlandes zu respektieren hat.“

Nachbarn fordern, den Aufenthaltsbereich der Flüchtlinge zu verlegen, das Ministerium verweist auf den Brandschutz

Für die Nachbarn gibt es nur eine tragfähige Lösung: „Wir wollen eine Verlegung des eingezäunten Aufenthaltsbereichs an den Haupteingang des Hauses auf der anderen Seite“, sagt Gerd Groß. Dagegen sprechen jedoch mehrere Gründe, behauptet das Innenministerium. Angeblich könnten Parkplätze nicht mehr genutzt werden, würde die Zufahrt zum Zentrallabor und der Zugang zu ansässigen Arztpraxen und Räumlichkeiten des Klinikums nicht mehr möglich sein. „Weiterhin stehen Brandschutzbelange einer Verlegung der Nutzungsbereiche entgegen“, so Nancy Eggeling. „Das ist doch völliger Nonsens. Kennen die Leute im Innenministerium überhaupt die örtlichen Gegebenheiten hier?“, sagt Nachbarin Elke Warthemann.

Zweckloser Lärmschutz?

Das Innenministerium prüft nach eigenen Angaben derzeit,

ob geräuschabsorbierende Lärmschutzmatten angebracht werden sollten. Gerd Groß glaubt ebenso wenig wie seine Nachbarn, dass diese Maßnahme überhaupt etwas bringt: „Der Schall wird ja von dem hohen Gebäude auf unsere Eigenheime geworfen.“ Er und seine Nachbarn überlegen, ihre Rechte notfalls auf juristischem Wege durchzusetzen und einen Anwalt einzuschalten, sollte sich die Situation nicht spürbar bessern.

Laut aktuellen Planungen könnte das ehemalige Bettenhaus noch bis zum Sommer 2022 als Übergangsquartier für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge dienen. Erst dann soll die neue, dauerhafte Unterkunft in Stendal fertiggestellt sein.

(mz)