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Kampf gegen Windmühlen verloren

Von Steffen Höhne und Carsten Steinborn 14.09.2005, 16:44

Alsleben/MZ. - Der Frust des Stadtrates in Alsleben sitzt tief. Über fünf Jahre haben sich die Abgeordneten gegen den Bau von Windkrafträdern durch die sächsische Firma Eab gewehrt. "Unsere Stadt ist schon jetzt umzingelt von Windrädern", sagt Reinhard Schinke, CDU-Fraktionsführer. Entlang der A 14 schießen mehrere hundert Anlagen links und rechts aus dem Boden. Doch der Kampf gegen die Windräder ist verloren. "Eab und Behörden setzten sich über den Willen der Bürger hinweg", so Schinke.

Vorwürfe gegen die Eab, die den Alsleber 55-Megawatt-Windpark bereits an General Electric verkauft hat, werden laut: Bestechung. Eab-Geschäftsführer Rainer Sack weist dies zurück: "Dies ist übles Nachtreten." Zwischen allen Stühlen sitzt die Alslebener Bürgermeisterin Sylvia Wojtaszek, die das Kapitel Eab, welches 13 Aktenordner füllt, am liebsten schließen möchte.

Vor zehn Jahren wurde die Anhöhe zwischen Alsleben und Schackstedt zum Eignungsgebiet für Windkraft ausgewiesen. Der damalige Stadtrat gab Eab den Zuschlag für den Bau der Anlagen. Uneinigkeit herrschte jedoch über deren Zahl. Eab wollte 37 Windräder, die Stadt aufgrund einer Windstudie des Landes nur 19. Mit dem Beschluss einer Veränderungssperre 1999 wollten die Stadt Eab zwingen, weniger Anlagen zu bauen. Die Eab reichte 2002 dennoch einen Bimsch-Antrag (Bundesimmissionsschutz-Gesetz) beim Landesverwaltungsamt Halle für 37 Windräder ein.

Gegen die Veränderungssperre ging Eab in einer Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Magdeburg vor. Kurz vor der Entscheidung zog Alsleben die Klage zurück. Zu hoch schien Bürgermeisterin Wojtaszek das Risiko eines verlorenen Prozesses. Der Stadtrat wollte sich nicht geschlagen geben und verhängte eine neue Veränderungssperre. Mittlerweile bemühte sich ein zweiter Investor, die hessische Firma Vortex, um die Errichtung der Windräder. Pikant: Vortex-Projektleiter Heinrich Jeske ist ein ehemaliger Eab-Mann.

Ende 2004 genehmigte das Landesverwaltungsamt den Eab-Antrag. "Eab hatte alle rechtlichen Anforderungen erfüllt", sagt Hans-Jürgen Discher, Referatsleiter beim Landesverwaltungsamt. Die Stadt Alsleben klagte nun auch gegen das Amt und die Bimsch-Genehmigung. "In diesem Verfahren gab es nichts, was es nicht gibt", sagt Discher. Doch auch diese Klage wurde von Alsleben zurückgezogen.

Bürgermeisterin Wojtaszek: "Es gab massiven Druck der Eab, die mit Schadensersatzklagen in Millionenhöhe drohte." Der ehemalige CDU-Stadtrat Siegfried Westpfahl, der mittlerweile das Handtuch geworfen hat, sagt: "Eab hat die Stadträte persönlich eingeschüchtert." Aus der CDU-Fraktion kommen nun die Vorwürfe der Bestechung: So sollen Entscheidungen von Bürgermeisterin Wojtaszek, die Klagen zurückzuziehen, von Eab gekauft sein. Gleiches gelte für Genehmigungen des Landesverwaltungsamtes. Beweise für diese schweren Anschuldigungen liefern die Stadträte nicht. Es wird jedoch darauf verwiesen, dass gegen Eab in Sachsen wegen Bestechung ermittelt wird. Oberstaatsanwalt Claus Bogner, Leiter der sächsischen Anti-Korruptionseinheit Ines, bestätigt ein Verfahren.

Eab-Chef Sack sieht die Ermittlungen in anderem Licht: "Diese Verfahren haben wir Beschuldigungen unseres Wettbewerbers Vortex mit Herrn Jeske zu verdanken, der uns in Alsleben vom Markt haben will." Eab will nach eigenen Angaben 70 Millionen Euro in Alsleben investieren, zwei Millionen Euro habe das Unternehmen schon für das Projekt ausgegeben. "Es ist doch verständlich, dass wir um unsere Investition kämpfen", sagt Sack. Wojtaszek weißt den Vorwurf der Bestechung strikt zurück. Sie habe sich immer gegen die 37 Windräder ausgesprochen, musste die Stadt jedoch auf dringendes Anraten der Kommunalaufsicht und des eigenen Anwaltes vor Schadensersatzklagen schützen.

Der Stadtrat fühlt sich übergangen und finanziell über den Tisch gezogen. Eab will für die Wegerechte zu den Anlagen - sie wurden von der Bürgermeisterin erteilt - der Stadt einmalig 20 000 Euro überweisen. Nach Ansicht des Stadtrates viel zu wenig.