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Dorfkirche Peißen Ist das viertelstündliche Schlagen unzumutbar?

Wiederinbetriebnahme der Kirchturmuhr sorgt für Diskussionen im Dorf. Feierliche Einweihung ist am 1. Mai geplant.

15.04.2021, 13:57

Peißen - Die gerade restaurierte Kirchturmuhr in Peißen ist noch nicht einmal richtig eingeweiht, da sorgt sie schon für Unruhe. Zumindest bei einigen Einwohnern, die in unmittelbarer Nähe der Kirche wohnen. Sie befürchten nämlich künftig nicht mehr ruhig schlafen zu können, wenn die Uhr viertelstündlich schlägt. Das wurde in der jüngsten Sitzung des Ortschaftsrates geäußert. Die Meinungen, ob ein (viertel-)stündliches Schlagen eine Geräuschbelästigung darstellt, sollen weit auseinander gegangen sein.

Eigentlich sollte die Uhr nach mehrmonatiger Sanierung an diesem Sonntag mit einem Gottesdienst wieder in Betrieb genommen werden. Uhrmacher Helmut Ebert hatte nicht nur das Uhrwerk überholt, sondern auch die verrosteten Zifferblätter erneuert. Doch wegen der noch immer geltenden Corona-Beschränkungen muss der Termin noch einmal verschoben werden.

Ortsbürgermeister Groth hält das viertelstündliche Schlagen für unzumutbar

Die Vorsitzende des Gemeindekirchenrates des Kirchspiels Peißen-Bebitz-Trebitz-Lebendorf Ivonne Gutzeit plant nun eine feierliche Einweihung am 1. Mai. Auch, um den zahlreichen Spendern zu danken, die die Reparatur der Uhr möglich gemacht haben. Rund 46.000 Euro hat die Instandsetzung der Uhr gekostet. Neben zahlreichen Peißenern hatte auch der Betreiber des Erdgasspeichers mehrere tausend Euro für die Sanierung gespendet. Unterstützung kam auch von den Firmen Jaeger-Bau, Fliesen-Wustrau sowie Donath und dem Kreiskirchenrat.

Zu den Kritikern gehört Ortsbürgermeister Karl-Heinz Groth (CDU). Er habe im Ortschaftsrat die Frage zur Diskussion gestellt, ob die Uhr „nach Jahren des Schweigens“ wieder rund um die Uhr schlagen sollte? , sagte er auf Nachfrage der MZ. Er selbst halte das viertelstündliche Schlagen für unzumutbar, vor allem nachts. Und er würde sogar so weit gehen, eine Befragung der Einwohner durchzuführen.

Groth betont aber auch, dass er nichts gegen das liturgische Läuten, das zum Gottesdienst ruft, habe. Ihm geht es nur um das „Läuten“, das die Uhrzeit verkündet. Ivonne Gutzeit, die einen wesentlichen Anteil daran hatte, dass die Uhr nach vielen Jahren wieder funktioniert und auch die Klangschalen aufgearbeitet sowie die Schallluken erneuert wurden, kann die Aufregung nicht verstehen.

„Das Schlagen wird kaum hörbar sein“, ist sie überzeugt. Zumal der Ton nicht von den Glocken erzeugt wird, sondern von den Klangschalen. Der Ton erklinge Richtung Bernburg - und werde von den meisten daher kaum wahrnehmbar sein. Schon gar nicht, bei dem Verkehrslärm der nahen, viel befahrenen Hauptstraße, meint Gutzeit. Überdies habe der Restaurator der Uhr auch die Lautstärke gemessen. „Es waren weniger als 60 Dezibel“, sagt sie.

Geläutet wird indes lediglich am Samstag um 15 Uhr sowie um 8 Uhr morgens, wenn jemand verstorben ist und die Hinterbliebenen dies wünschen. Gutzeit hätte sich gewünscht, dass der Ortschaftsrat den Gemeindekirchenrat mit einbezogen hätte. Dann hätte sie all das auch erklären können. Der Erhalt oder die Sanierung von Kirchen bzw. -uhren werde erfahrungsgemäß von den Bewohnern eines Ortes begrüßt, schreibt dazu die Pressesprecherin des Salzlandkreises Marianne Bothe auf MZ-Anfrage.

Ob nun aber die Lautstärke der Kirchturmuhr zumutbar ist oder nicht, sei im Bundesimmissionsschutzgesetz geregelt, erläutert sie. Prinzipiell gelte „ein liturgisches Glockengeläut (dreimal täglich) nicht als Lärmbelästigung, da es als Akt freier Religionsausübung anzusehen ist“. Anders verhält es sich jedoch beim reinen Zeitschlagen, zum Beispiel mit Ablauf jeder Viertelstunde.

„Manchen Dingen muss man einfach etwas Zeit geben“

Ivonne Gutzeit, Vorsitzende des Gemeindekirchenrates

Sollte es in Peißen vermehrt Kritik geben, müsste der zuständige Fachdienst Natur und Umwelt dies mit entsprechenden Messgeräten überprüfen, heißt es laut Pressesprecherin Marianne Bothe. Sollten hier Grenzwerte überschritten werden, müsse sich die Behörde „mit der zuständigen Kirchenverwaltung in Verbindung setzen“.

Am 1. Mai um 14 Uhr sollen nun ein paar Bläser spielen und auch die Kinder der Kinderkirche sollen singen. Außerdem sollen interessierte Besucher in kleinen Gruppen und mit Mundschutz die Möglichkeit haben, sich das Innere der Uhr, die aus dem 19. Jahrhundert stammt und von der berühmten Bernburger Firma Fuchs gebaut wurde, anzuschauen und dem Uhrmacher Helmut Ebert Fragen zu stellen.

Es werde ein Freudentag, ist Ivonne Gutzeit sicher, die auch von vielen Peißenern weiß, dass sie sich freuen, wenn die Uhr wieder geht. Und sie ist überzeugt davon, dass das viertelstündliche Schlagen zumutbar ist. „Manchen Dingen muss man einfach etwas Zeit geben.“ (mz/sus)