1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bernburg
  6. >
  7. Hochwassergefahr in Güsten: Hochwassergefahr in Güsten: Das letzte Kettenglied fehlt

Hochwassergefahr in Güsten Hochwassergefahr in Güsten: Das letzte Kettenglied fehlt

Von Ddetlef Valtink 21.10.2013, 19:31
1994 hieß es entlang der Wipper überall nur noch Land unter. In Giersleben konnten viele Häuser nur mit dem Boot erreicht werden.
1994 hieß es entlang der Wipper überall nur noch Land unter. In Giersleben konnten viele Häuser nur mit dem Boot erreicht werden. Gehrmann/Archiv Lizenz

Güsten/MZ - An der Ausweisung der Überschwemmungsgebiete der Wipper, die derzeit durch das Landesverwaltungsamt erarbeitet werden und in der Region für Aufregung sorgen (die MZ berichtete), wird wohl in den kommenden Jahren kaum gerüttelt werden können. So haben zwar bis zum 4. November betroffene Einwohner, Anrainer oder Kommunen noch die Möglichkeit, ihre Einwände geltend zu machen. Doch damit wird es kaum möglich sein, die bisherigen Grundlagen, die zur Erarbeitung der Gebietskarten herangezogen werden, in Frage zu stellen oder gar auszuhebeln.

Auf den Punkt gebracht: Experten sind davon überzeugt, dass, solange das Rückhaltebecken bei Wippra nicht gebaut wurde, die Wipper bei einem sogenannten HQ-100-Hochwasser durchaus in der Lage ist, weite Teile der Verbandsgemeinde Saale-Wipper zu überfluten. Nach bisherigen Stand betrifft dies ganz Güsten und Osmarsleben und große Teile von Amesdorf und Warmsdorf. In Ilberstedt, so wurde analysiert, könnte es die Sportplätze sowie einige Bereiche des Bahnhofes sowie Teile von Bullenstedt und Cölbigk betreffen.

Stichwort HQ-100

Mit HQ-100 wird ein Hochwasser charakterisiert, welches statistisch gesehen einmal in 100 Jahren auftritt und extreme Überschwemmungen mit sich bringt - ein sogenanntes Jahrhundert-Hochwasser. Nach ersten Einschätzungen sind viele Kommunalpolitiker davon überzeugt, dass dabei die in den vergangenen Jahren gebauten Hochwasserschutzanlagen - von der Flutmulde bei Osmarsleben über das Liethe- und Wipper-Wehr bis hin zu neuen Deichanlagen - nicht berücksichtigt wurden.

Für die Experten im Landesverwaltungsamt, die das Gesamtwerk der Überschwemmungsgebiete zusammenfügen müssen, spielt das erst einmal eine untergeordnete Rolle. Sie müssen auf die vom Landesamt für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft zur Verfügung gestellten Daten zurückgreifen, die für deren Erarbeitung externe Ingenieurbüros engagiert haben. Die Berechnungsergebnisse werden - einfach gesagt - nur auf topographische Karten übertragen, um dann die Überschwemmungsgebiete aufzuzeigen.

Im Gegensatz zur Ausweisung von Risikohochwassergebieten, deren Festsetzung dann sechs Jahre fundamentiert ist, ist der jetzige Prozess fließend. „Wir können die Karten nach Bedarf jederzeit aktualisieren“, bestätigt Michael Reichmann, Sachbearbeiter bei der Oberen Wasserbehörde im Landesverwaltungsamt auf MZ-Anfrage. Er kann dabei die Sorgen und Ängste der Menschen vor Ort durchaus verstehen und verweist darauf, dass sich einerseits das Landesverwaltungsamt an den zugearbeiteten Grundlagen orientieren muss.

Beteiligung der Bürger

Andererseits wurde bewusst die Entscheidung getroffen, die Öffentlichkeit einzubeziehen. „Normalerweise hätte die Veröffentlichung im Amtsblatt ausgereicht. Wir wollen aber bürgerfreundlicher arbeiten und werden alle eingehenden Hinweise sehr ernst nehmen“, unterstreicht Michael Reichmann. Ob dann der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft auf mögliche Eingaben reagiert und dem Landesverwaltungsamt neue Unterlagen zur Verfügung stellt, ist völlig offen. Denn ohne das Wippraer Becken, davon sind die Experten überzeugt, ist an der Wipper derzeit nur Giersleben im Fall der größtmöglich denkbaren Hochwasserkatastrophe sicher.

Das sieht Güstens Bürgermeister Helmut Zander anders. Er rechnet mit zahlreichen Eingaben aus seiner Stadt und kann bereits auf mehrere hundert Unterschriften von Bürgern setzen, die sich gegen die neuen Pläne wehren wollen. Am Mittwoch, 23. Oktober, beginnt um 18 Uhr im Sitzungssaal im Rathaus Güsten eine Veranstaltung zum Thema „Ausgewiesene Überschwemmungsgebiete“ entlang der Wipper.