1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bernburg
  6. >
  7. Hans Jakob Charles Schweizer ist eher der Wissenschaftler

Bundestagswahl Hans Jakob Charles Schweizer ist eher der Wissenschaftler

Die MZ stellt die Direktkandidaten aus dem Wahlkreis 71 - Anhalt in der Reihenfolge des Wahlzettels vor.

Von Doreen Hoyer 17.09.2021, 14:00
Setzt im Wahlkampf konsequenterweise eher auf das Rad statt auf das Auto: Jakob Schweizer kandidiert für die Grünen im Wahlkreis Anhalt.
Setzt im Wahlkampf konsequenterweise eher auf das Rad statt auf das Auto: Jakob Schweizer kandidiert für die Grünen im Wahlkreis Anhalt. Foto: Ute NIcklisch

Bernburg/MZ - Der Kandidat ist konsequent. Zum Interviewtermin mit der MZ kommt Hans Jakob Charles Schweizer nicht etwa mit dem Auto nach Köthen.

Er steckt an diesem Tag mitten in einer größeren Wahlkampftour, die ihn von seinem Wohnort Magdeburg aus nach Staßfurt und Bernburg, weiter nach Köthen, Aken und Reppichau führt. Sämtliche Strecken, betont Schweizer, lege er dabei mit dem Zug oder per Rad zurück, der Umwelt zuliebe. „Umweltverträglichkeit lässt sich leicht fordern, wenn man sie selbst nicht anwenden muss“, weiß der 44-Jährige. Bei ihm soll es anders sein.

„Um Belastungen werden wir dabei nicht herumkommen. Aber es geht darum, diese Lasten gerecht zu verteilen“

Das ist sein Kernthema: Umwelt- und Klimaschutz sollen effizient und auch sozial verträglich sein. „Um Belastungen werden wir dabei nicht herumkommen. Aber es geht darum, diese Lasten gerecht zu verteilen“, sagt der Physiker. Schweizer wirbt mit seiner Partei für das Konzept eines Energiegeldes.

Dabei würden Einnahmen aus dem Kohlendioxidpreis an die Bürger wieder ausgezahlt werden, was die Folgen der Preiserhöhung vor allem für Geringverdiener kompensieren soll. Wer wie dieses Geld bekommen soll - zugegeben, das sei ein relativ abstraktes Prinzip. Seine Partei habe sich zuletzt schwergetan, das allgemeinverständlich zu erklären. „Aber das braucht Zeit.“

Koordinator für das Forschungsnetzwerk

Berufspolitiker ist Jakob Schweizer nicht. Er ist Wissenschaftler, arbeitet in Magdeburg am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme und hat sich für besagte Wahlkampftour zum Beispiel extra Urlaub genommen. Am Institut in Magdeburg koordiniert er ein Forschungsnetzwerk. Wie funktionieren Zellen? Wie funktioniert überhaupt Leben? Das seien die grundlegenden Fragen.

Eine Frage ist auch: Warum kandidiert jemand, der aus Stuttgart stammt, unter anderem in Dresden studierte und nun in Magdeburg arbeitet, für den Wahlkreis Anhalt? Zum einen, weil er die Gegend reizvoll finde und hier interessante Menschen kennenlerne, sagt Schweizer. Natürlich treffe er beim Wahlkampf nicht nur überzeugte Grünen-Wähler. Einige sagten klar heraus, dass sie die Partei niemals wählen würden. „Aber trotzdem sind mir hier bislang nur höfliche Menschen begegnet, mit denen man diskutieren und Argumente austauschen kann - darum geht es doch in einer Demokratie.“

Zum anderen: „Wir müssen stärker auf die Menschen in kleineren Städten und im ländlichen Raum eingehen“, so der 44-Jährige über seine Partei und seine Beweggründe, in Anhalt anzutreten. Um die Lebensqualität der Menschen vor Ort zu erhöhen, sollten die Kommunen stärker an den Steuereinnahmen beteiligt werden. Zur Wertschätzung des ländlichen Raumes gehöre auch, Kulturstätten, Schulen und Krankenhäuser dort auszubauen und zu unterstützen, statt sie zu vergessen.

„Wir müssen dafür sorgen, dass es folgenden Generationen so gut geht wie uns jetzt. Im Idealfall sogar besser“

Die Grünen seien keine reine Großstadt-Partei und Klimaschutz könne nur funktionieren, wenn man alle Menschen mitnehme. Soziale Gerechtigkeit - zwischen Bevölkerungsgruppen, aber auch zwischen Generationen - liege ihm am Herzen. „Wir müssen dafür sorgen, dass es folgenden Generationen so gut geht wie uns jetzt. Im Idealfall sogar besser.“ Klimaschutz sei dabei das eine, eine langfristig gesicherte Energieversorgung das andere - grüne Politik verbinde beides.

Aber man müsse entsprechend handeln, mit klarem Konzept statt kleinen Schritten. Dazu gehöre auch, Umwelt- und Klimapolitik verlässlich zu gestalten, sodass Unternehmen wissen, was die Zukunft bringt. „Und diese Verlässlichkeit hat in den vergangenen Jahren gefehlt“, sagt er mit Blick auf das Klimapaket der aktuellen Bundesregierung, das im Frühjahr teilweise vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden war und nachgebessert werden musste. Für Veränderungen und seine Ideale trete er an.