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Einstiegsqualifizierung in Bernburg Einstiegsqualifizierung in Bernburg: Über Umwege zur Lehrstelle

Von susanne schlaikier 21.07.2014, 15:47
Das Zubereiten und Servieren der Speisen gehört zu den Aufgaben von Azubi Michael Sperlich bei McDonald’s.
Das Zubereiten und Servieren der Speisen gehört zu den Aufgaben von Azubi Michael Sperlich bei McDonald’s. engelbert pülicher Lizenz

bernburg/MZ - Burger bauen, Pommes frittieren - bei Michael Sperlich sitzt jeder Handgriff. Am so genannten „Family Day“ ist einiges los bei McDonald’s in Bernburg. Aber der 19-jährige Auszubildende zur Fachkraft im Gastgewerbe lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Und hat stets ein Lächeln auf den Lippen. „Ich freue mich jeden Tag, auf Arbeit zu gehen“, sagt der junge Mann. Der Weg dorthin war allerdings nicht ganz einfach. Denn nach der Schule hat der Poleyer zunächst keinen Ausbildungsplatz gefunden. Als Industriemechaniker und Binnenschiffer hat er sich beworben - ohne Erfolg. Fünf Monate hing er in der Luft. Doch dann hat er von der Möglichkeit der „Einstiegsqualifizierung“ (EQ) erfahren und sich bei McDonald’s gemeldet. Hinter diesem etwas sperrigen Begriff verbirgt sich eine Art mehrmonatiges Betriebspraktikum, wahlweise mit oder ohne Berufsschule. Man könnte es auch als 0. Ausbildungsjahr bezeichnen, das eine Brücke in die richtige Ausbildung sein kann. „Es ist vor allem eine Möglichkeit für Jugendliche, die einen nicht so guten Schulabschluss haben“, sagt Thomas Holz, Leiter der Agentur für Arbeit in Bernburg, im Rahmen eines Pressegesprächs.

Endlich Arbeit

„Penetrant“, so beschreibt es McDonald’s Restaurantleiterin Kathrin Genthe, habe Michael Sperlich bei ihr angerufen und gesagt: „Ich möchte bei Ihnen arbeiten.“ Dabei war es nicht das Geld, das Michael Sperlich gereizt hat. Immerhin gibt es kaum mehr als 200 Euro für die EQ. Aber er wollte endlich arbeiten. Von seinem Stiefbruder, der ebenfalls seine Ausbildung in dem Fast-Food-Restaurant gemacht hat, hat er gewusst, was ihn erwartet. Daher habe er die Restaurantleiterin angerufen und deutlich sein Interesse signalisiert, erzählt Sperlich. „Da habe ich nicht anders gekonnt, und dem Micha eine Chance gegeben“, ergänzt Kathrin Genthe. „Aus heutiger Sicht war es das Beste, was wir machen konnten“, sagt sie rückblickend. Michael Sperlich habe sich vom 1. Tag an stets weiter entwickelt. Inzwischen ist er im 2. Ausbildungsjahr. Und wenn alles klappt, möchte er noch ein Jahr dran hängen, um Fachkraft für Systemgastronomie zu werden.

Es ist nur eine von zahlreichen Erfolgsgeschichten, von denen Simone Danek, Geschäftsführerin der Aus- und Weiterbildung bei der IHK Halle-Dessau berichten kann. Von 1.368 Jugendlichen, die zwischen 2005 und 2013 eine EQ begonnen haben, haben 922 diese auch regulär beendet. Und davon wiederum haben 602 anschließend eine Ausbildung begonnen: eine Übernahmequote von 65 Prozent.

Von einer ähnlichen Quote spricht Thomas Holz für den Bereich der Agentur für Arbeit in Bernburg. Für die Firmen seien die jungen Menschen auch ohne gute Schulnoten „attraktive Kandidaten“, sagt Holz. Schließlich hätten sie bereits praktische Erfahrungen über einen längeren Zeitraum sammeln können. Beide Seiten wüssten, worauf sie sich einlassen, ergänzt Danek.

Langes Kennenlernen

Ähnliche Erfahrungen wie Kathrin Genthe von McDonald’s hat auch Geschäftsführer Olaf Hörding von der Taxo-Obermaier GmbH in Egeln mit einem EQ-Teilnehmer gemacht. Neun Monate lang hat Kevin Eisenträger bei dem Nutzfahrzeug-Hersteller sein „0. Lehrjahr“ absolviert, inzwischen hat auch der 22-Jährige einen Ausbildungsvertrag in der Tasche. „Wenn wir jedes Mal so viel Erfolg hätten wie bei Herrn Eisenträger, würden wir es noch öfter machen“, sagt Hörding. Der Vorteil sei, dass der Betrieb den Menschen über einen so langen Zeitraum kennen lernen könne. „Ist er pünktlich?“, „Kommt er regelmäßig?“, zählt Hörding zwei der wichtigsten Kriterien auf. Zudem sehe man schnell, ob jemand die Fähigkeiten für den Beruf besitzt.

Alles das trifft auf Kevin Eisenträger zu. Er sei jeden Tag gekommen und habe zuverlässig seine Arbeit gemacht, berichtet Hörding. Nach einer so langen Zeit des Kennenlernens sei die Chance größer, dass beide Seiten den Weg auch künftig gemeinsam gehen. Und dieser könnte für Kevin Eisenträger bei Taxo Obermaier sogar noch weiter gehen. Wenn er seine Ausbildung zum Karosseriefahrzeugbau-Mechaniker abgeschlossen hat, hat er gute Aussichten, übernommen zu werden.