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Bis heute ein Symbol für Unerschrockenheit

Von PAUL SPENGLER 09.09.2009, 16:27

BERNBURG/MZ. - Der 37-jährige Brandenburger - von Beruf Rettungssanitäter - las in der Bernburger Stadtbibliothek auf Einladung des Vereins "Kids für alle Fälle" aus dem Buch "Erinnern tut gut". Gekommen waren rund 50 Besucher.

Regine Hildebrandts Ehemann Jörg, Lektor und Rundfunkjournalist, hat die Bildbiographie im vergangenen Jahr im Berliner Aufbau-Verlag herausgegeben. Es sind persönliche Fotomotive, die der Familienmensch Regine Hildebrandt gesammelt hat. "Sie liebte die Fotografie, aber nicht das Künstlerische, sondern das Spontane", berichtete der Sohn. Tagebuch hat die gelernte Biologin nicht geführt. Dafür hat sie Erinnerungen seit ihrer Jugend in kleinen Kalendern festgehalten.

Jan Hildebrandt schilderte seine Mutter als eine Frau, die durch die zeitlichen Umstände in die Politik geraten sei und mit Karrieristen in der Politik nichts zu tun haben mochte. Sie habe stets kritisiert, dass viele Politiker normale Lebensumstände gar nicht mehr mitbekommen. Typisch dafür sei eine Notiz, in der Regine Hildebrandt berichtet, dass sie gerade für 300 DM in einem Hotel übernachtet und an einem Tag so viel Geld verbraucht habe, von dem zwei Sozialhilfeempfänger einen Monat lang leben könnten.

Seine Mutter habe stets dafür plädiert, "den Leuten reinen Wein einzuschenken", sagte Hildebrandt. Zu Wahlkampfzeiten, in denen alle entscheidenden Themen politisch ausgespart werden, klang dies wie ein Alternativprogramm, wie es auch anders gehen könnte. Mit der deutschen Teilung habe sich seine Mutter nie abgefunden. Allein schon deshalb nicht, weil sie bis zum Mauerbau an der Bernauer Straße in Berlin lebte - und damit die Teilung der Stadt unmittelbar vor Augen hatte. Er habe nie erlebt, dass sie resigniert gewesen sei, erzählte Jan Hildebrandt.

Richtiggehend amüsant wurde es, als der 37-Jährige davon erzählte, wie seine Mutter Norbert Blüm treffen sollte, aber nicht wusste, wie der Mann aussah. Einen Fernseher gab es in der Familie nicht. Daraufhin habe die Großmutter den Auftrag bekommen, künftig aktuelle Sendungen mit dem Videorecorder mitzuschneiden.