Besitzer ist von Abriss schockiert Besitzer ist von Abriss schockiert: Plötzlich ist das Gasthaus in Biendorf weg

Biendorf - Er kam vom Reifenwechseln und auf einmal war sein Gasthaus nur noch Schutt und Asche. So geschehen am Montagvormittag in Biendorf. Schon von weitem entdeckte Besitzer Bernd Schrader den Abrissbagger, der Meter um Meter seinen seit Jahren ungenutzten Gasthof am Bahnhof platt machte. Eine große Schweinerei, findet der Biendorfer, der gleich neben dem ehemaligen Gasthaus wohnt und das Gebäude eigentlich wieder beleben wollte.
Das Gasthaus zur Eisenbahn ist nach Angaben des Biendorfer Heimatvereins im Zuge der Eröffnung der Bahnstrecke Bernburg - Köthen im Jahr 1846 etwa ein Jahr später entstanden. Der Konditormeister Nürnheim aus Köthen investierte und baute dort einen Tanzsaal, eine Gaststube, einen Gesellschaftsraum, eine Eisdiele sowie eine Kegelbahn. Bis in die 1950er Jahre hinein wurde das Gebäude vollumfänglich als solches genutzt. Anfang der 1960er entstand im Tanzsaal ein Landkaufhaus der Konsum-Kette. Seit den 1970ern wird das Haus nicht mehr bewirtschaftet.
„Ich hab es vor 15 Jahre gekauft, damals war ich 50 und wollte die Gaststätte wieder eröffnen“, erzählt Schrader und blickt auf die letzten Reste des Dachs und des Fachwerks an der letzten noch stehenden Wand. Dieser Traum ist nun ein für alle Mal ausgeträumt.
Doch damit allein will sich der Biendorfer nicht zufrieden geben. „Man kann doch nicht einfach mein Grundstück betreten und das Haus wegreißen“, wettert Schrader und alarmierte umgehend nach seiner schockierenden Entdeckung die Polizei, um Anzeige wegen Hausfriedensbruch zu erstatten und die Arbeiten stoppen zu lassen. Doch die gerufenen Polizeibeamten konnten seinen Forderungen nicht nachkommen. Denn das beauftragte Abrissunternehmen hatte die Verfügung des zuständigen Bauordnungsamtes des Landkreises vorliegen. Dieses hatte den Abriss verfügt, wie Kreissprecherin Alexandra Koch auf Nachfrage der MZ mitteilte. „Auf Grund der Tatsache, dass der Eigentümer in der Vergangenheit seinen Verkehrssicherungspflichten - dieses Gebäude betreffend – in keinster Weise nachgekommen ist, hat dieses nunmehr einen so schlechten baulichen Gesamtzustand erreicht, dass es nicht mehr ausreichend standsicher war“ - heißt es in der Begründung. Deshalb bestand eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und der Landkreis ordnete den Abriss an.
Diese so genannte Ersatzvornahme ist laut Kreissprecherin Alexandra Koch dem Eigentümer bereits im Januar angedroht worden. Mehrfach sei er zuvor über den sehr schlechten baulichen Zustand und das daraus resultierende Gefahrenpotenzial informiert worden. Allerdings habe er auf keines der Schreiben reagiert.
Von den Briefen weiß Schrader nichts und verweist stattdessen auf seinen Auszug aus dem Grundbuch, wonach ihm das Grundstück gehöre und es keiner betreten dürfe. Ihm blieb deshalb nur eins: Anzeige erstatten wegen Hausfriedensbruch der Abrissfirma und wegen Amtspflichtsverletzung des Salzlandkreises. Die Entscheidung darüber liegt nun bei der Staatsanwaltschaft.
Traurig über den Abriss ist unterdessen Biendorfs Ortsbürgermeister Uwe Cisewski (CDU) nicht: „Das Haus war in den letzten Jahren nur noch eine Ruine.“ Es ist deshalb völlig in Ordnung, dass das Gebäude nun weg ist. (mz)
