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Bernburg Bernburg: Auf den (Puppen-)Leib geschneidert

Von SUSANNE WEIHMANN 12.05.2011, 16:23

BERNBURG/MZ. - Leise surrt die Nähmaschine in der Nähstube des Vereins Kids im Bernburger Ortsteil Dröbel. Mareen Grentz schiebt das Stück Stoff präzise unter der Nadel hindurch, umgeben ist sie von jeder Menge Stoff-Fetzen, Filz, Tüll und buntem Garn. Hier sitzt jeder Stich. Doch das Kostüm, das die 22-Jährige schneidert, ist so klein, dass es garantiert nie von einem Menschen getragen wird. Dem "Gestiefelten Kater" indes passt es wie angegossen. Richtig vornehm sieht er in der Weste mit den Goldfäden aus. Grentz und ihre beiden Kolleginnen Jennifer Grombach und Nancy Fügemann - alle drei sind über eine Ein-Euro-Maßnahme beschäftigt - schneidern Kleidung für die Marionetten von Hendrik Kurpiela.

Seit über einen Jahr können Jugendliche in "Onkel Theo's kleines Marionettentheater Momarthe" - einem gemeinnützigen Verein - mit Kurpiela Theater spielen. In kleinen Gruppen arbeiten die Schüler die Szenen ab. Als Grundlage für Kurpielas Stücke dienen Hörspiele. Am Computer entstehen die Hintergründe, die dann bei der Aufführung eingespielt werden. Auch der Einsatz von Licht ist wichtig. Gerade wurde "Vivaldi" neu ins Programm aufgenommen.

"Von Marionetten geht eine ganz bestimmte Magie aus", sagt der gelernte Holzbildhauer, der durch eine Tätigkeit in Zürich auf die Arbeit eines Marionettenbauer aufmerksam wurde. Er besuchte Kurse in Baden-Württemberg, in denen er lernte, die Gliederpuppen richtig zu bewegen. Inzwischen baut er die Puppen mit dem hölzernen Charme seit vier Jahren auch selbst. Gut ein Kilogramm wiegt eine einzelne Puppe, von denen Kurpiela aktuell zwölf besitzt. Eine Lieblingsfigur ist nicht darunter. "Da steckt überall so viel Liebe drin, dass ich jede auf ihre Art mag", sagt Kurpiela und hält zur Anschauung die Hexe aus "Hänsel und Gretel" hoch. Das Gesicht wirke - je nach Lichteinsatz - freundlich oder, und das ist sie im Märchen ja hauptsächlich, eben böse. Darüber hinaus spiele aber das Aussehen eine entscheidende Rolle, sagt Kurpiela. "Die Kostümierung ist enorm wichtig. Die Figuren wirken erst durch ihre Kleidung", meint der Marionettenbauer. Gut drei Wochen sitzen die Frauen in der Nähstube an einem Kostüm - neben den anderen Arbeiten, die anfallen. Fingerspitzengefühl und Geduld sind da gefragt. Es sei schon eine "Fummelei", gibt Mareen Grentz zu. "Aber es macht auch viel Spaß", meint die 22-Jährige. Jennifer Grombach pflichtet ihr bei. "Das ist mal was anderes", sagt Grombach. Für die Kostüme gibt es grobe Vorlagen, aber im Großen und Ganzen haben die jungen Frauen Freiheiten bei der Gestaltung der Kostüme. Durch die Aufführungen würde auch die Arbeit der Näherinnen öffentlich gewürdigt, sagt Hendrik Kurpiela. Er plant künftig auch Filmproduktionen, in denen die Namen der "Kostümbildnerinnen" genannt werden sollen.

Die nächsten Gliederpuppen liegen schon bereit, einige noch gänzlich unbekleidet, eine andere ist aber so gut wie fertig: "Till Eulenspiegel ist gerade in Arbeit", sagt Kurpiela und zeigt auf die fast fertige Puppe: Haare, Narrenkappe und Schuhe fehlen der Figur noch. Kurpiela ist froh über die Zusammenarbeit mit dem Verein Kids und zufrieden mit der Arbeit der jungen Frauen, die alle keine Ausbildung als Schneiderin haben, sondern sich die Fähigkeiten erst während der Arbeit in der Nähstube angeeignet haben.