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Asylbewerber kippt Mineralwasser aus Aufregung um Video in Bernburg: Ein abgelehnter Asylbewerber schüttet flaschenweise Mineralwasser weg

Von Torsten Adam 12.12.2018, 09:57
Das Video, das einen Mann beim Ausschütten von Wasserflaschen vor dem Bernburger Rewe-Markt an der Lindenstraße zeigt, sorgt für Gesprächsstoff.
Das Video, das einen Mann beim Ausschütten von Wasserflaschen vor dem Bernburger Rewe-Markt an der Lindenstraße zeigt, sorgt für Gesprächsstoff. Pülicher

Bernburg - Mehrere Sechserträger Mineralwasser hat der dunkelhäutige Mann im Tarnfleck-Parka neben sich abgestellt, direkt am Eingang zum Rewe-Supermarkt in Bernburgs Innenstadt. Dann bückt er sich, schraubt die Verschlusskappe auf und lässt den Inhalt einer Flasche demonstrativ aufs Pflaster des Boulevards laufen.

Pfandflaschen auskippen und in den Plastesack

Als sie leer ist, steckt er sie in einen Plastiksack, der bereits mit etwa einem Dutzend Pfandflaschen gefüllt ist. Danach wiederholt sich das Prozedere.

„Ich habe noch ein bisschen Verständnis für die Ausländer, aber das geht ja nun zu weit“, kommentiert eine Frau hörbar die Geschehnisse, die ein bislang unbekannter Augenzeuge als Video festgehalten hat.

Die 32-Sekunden-Sequenz macht seit wenigen Tagen ihre Runde durch die sozialen Netzwerke, ist das Stadtgespräch in Bernburg. Die große Mehrzahl von Tausenden Kommentaren auf diversen Facebookseiten ist wenig freundlich.

Ausländerbehörde belehrte den Mann

Wer ist dieser Mann? Warum kippt er Wasser aus? Die Ausländerbehörde des Salzlandkreises bestellte den Mann einen Tag nach Bekanntwerden des Videos, am 6. Dezember, ein. „Er wurde belehrt, derartige Handlungen zu unterlassen“, sagt Marianne Bothe, Sprecherin der Kreisverwaltung.

Es handele sich um einen ausreisepflichtigen abgelehnten Asylbewerber, der nach eigenen Angaben 30 Jahre alt ist und aus dem westafrikanischen Burkina Faso stammt. Seine Identität sei aber nicht nachgewiesen, da er nicht im Besitz von Personaldokumenten ist.

Botschaft stellt dem Mann keinen Pass aus

„Bei Vorsprache in der burkinischen Botschaft im April 2018 konnten ihm die Heimatbehörden keinen Pass beziehungsweise keine Ausreisedokumente ausstellen. Seiner Pflicht, weiterhin an der Passbeschaffung mitzuwirken, kam er nicht nach, so dass er seit Mai 2018 nur noch gekürzte Leistungen gemäß Asylbewerberleistungsgesetz erhält“, erläutert die Kreissprecherin.

Er bekomme Sozialleistungen in Form von Warengutscheinen statt Bargeld, weil er die Gründe, die seine Ausreise verhindern, selbst zu vertreten hat.

Einer von 195 Empfängern von Warengutscheinen

Diese Gutscheine werden in der Regel einmal monatlich von der Ausländerbehörde ausgegeben - derzeit an 195 von noch 500 in der Region lebenden abgelehnten Asylbewerbern. „Sie können im Salzlandkreis in jedem Geschäft gegen Lebensmittel, Körper- und Gesundheitspflegemittel eingelöst werden.

Ausgenommen sind Genussmittel wie Alkohol und Zigaretten“, erklärt Marianne Bothe. Hier könnte das Motiv liegen: Mit Erwerb der 0,5-Liter-Mineralwasserflaschen per Gutschein lässt sich jede geleerte Flasche am Pfandautomaten zu Bargeld machen - 25 Cent pro Stück. Das Wasser selbst kostet bei Rewe nur 11 Cent.

Der Mann kann nur noch "haushaltsübliche Mengen" kaufen

Die Ausländerbehörde hat erste Konsequenzen aus dem Fall gezogen. Neben der Belehrung des Mannes wurden seine Gutscheine dahingehend geändert, dass er damit nur noch haushaltsübliche Mengen kaufen kann, so die Kreissprecherin. Außerdem bekommt er sie nun im wöchentlichen Rhythmus, mit entsprechend geringerem Betrag.

„Coffee to stay“ verhandelt über Verbesserung

Wohl zum Missfallen von Grünen-Stadtrat Erich Buhmann, der die Ausgabe von Warengutscheinen überhaupt kritisch sieht. Nach seiner Kenntnis ist die Grundversorgung der ausreiseunwilligen abgelehnten Asylbewerber auf Dauer nicht gesichert.

„Der Betroffene kann beispielsweise keine Unterwäsche kaufen, keinen Rechtsanwalt bezahlen und hat kein Fahrgeld für den Besuch von Beratungsstellen.“ Seine Initiative:

Das Begegnungscafé „Coffee to stay“, das unlängst mit dem Integrationspreis des Landes ausgezeichnet wurde, führe hierzu Gespräche mit der Ausländerbehörde, um „soziale Verbesserungen für die Betroffenen“ zu erreichen. (mz)