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Bürgerinitiative Anwohner in Kleinwirschleben machen Druck

Im Bernburger Ortsteil fordern Einwohner mehr Lebensqualität ein. Dabei geht es um Verkehrslärm, Sperrschilder und Radfahrer.

Von Andreas Braun Aktualisiert: 12.10.2021, 12:17
Dietmar Fischer fragt, wer in der Bürgerinitiative mitmischen möchte. In Kleinwirschleben fordern Einwohner mehr Lebensqualität ein.
Dietmar Fischer fragt, wer in der Bürgerinitiative mitmischen möchte. In Kleinwirschleben fordern Einwohner mehr Lebensqualität ein. Foto: Engelbert Pülicher

Kleinwirschleben/MZ - Seit zehn Jahren kämpfen die Einwohner von Kleinwirschleben um mehr Ruhe. „Wir werden ignoriert“, sagt Dietmar Fischer, einer der Anwohner. Am Freitag nun hat sich in dem Bernburger Ortsteil eine Bürgerinitiative gegründet, um dem Anliegen mehr Geltung zu verschaffen. Und mehr Gehör, so hoffen die Anwohner. „Es können sich auch andere Ortsteile Bernburgs anschließen“, so Dietmar Fischer.

Es geht um die holprige und unebene Ortsdurchfahrt, die auf einem einstigen landwirtschaftlichen Weg nach Leau mündet. Der wurde vor Jahren im Zuge des Programms ländlicher Wegebau mit Bitumen versehen. Er sollte nur von Landwirten genutzt werden.

Die Frist nach der Förderphase ist aber abgelaufen. Und der Weg wird nun von allen genutzt, die nach Preußlitz oder Leau fahren oder umgekehrt. Das wurmt die Kleinwirschlebener schon lange Zeit.

Ruhe ist für sie Lebensqualität und die sei seit Jahren stark beeinträchtigt. Das hatte auch Günter Prenzel, einer derer, die seit Jahren versuchen, etwas zu ändern, in einer Stadtratssitzung Anfang September angesprochen.

Zwar stieß er auf Verständnis, aber machen könne man nicht mehr, als man bisher getan habe, versicherte Dezernent Holger Dittrich. Das heißt, es wurden Schilder aufgestellt, die die Geschwindigkeit regulieren sollen.

„Es geht heute nur darum, ob sich jemand findet für die Gründung einer Bürgerinitiative. Alles andere müssen wir später besprechen.“

Dietmar Fischer aus Kleinwirschleben

Auch Geschwindigkeitsmessungen hätten stattgefunden. Das Verkehrsaufkommen, so habe man bei zehn Kontrollen festgestellt, sei nicht so groß, dass man einschreiten könne. Für die Kleinwirschlebener ist das ein Zeichen, dass ihre Stimmen ignoriert werden.

Man wollte handeln. „Es geht heute nur darum, ob sich jemand findet für die Gründung einer Bürgerinitiative. Alles andere müssen wir später besprechen“, machte Fischer am Freitagnachmittag klar.

Dass es bei weitem nicht alle sind, die sich nicht an die Geschwindigkeit halten, machten Anwohner deutlich. Doch gerade bei Lastern rumpele es in den Häusern an der Straße. Der ganze Boden vibriere und die Tassen auf den Tischen tanzten, so schilderten Anwohner.

Die Straße sei wie ein Resonanzkörper, der die Schwingungen auf dem Verkehrsweg weiter an die Häuser gibt. Dass das Geschirr scheppert, sei noch das geringste Übel. Denn es zeigten sich bereits Risse in den Häuserwänden, die den Bewohnern Sorgen bereiten.

„Das alles wird nicht so ernst genommen, wie es müsste“, ist sich Fischer sicher.Darum sind die Ziele der Bürgerinitiative klar umrissen: Schutz vor Verkehrslärm und Erschütterungen der Häuser, zweckgemäße Nutzung des Weges zwischen Kleinwirschleben und Leau als Wirtschafts- und Radwanderweg, Umsetzung des Lärmschutzes und die Nutzung der Kreisstraße zwischen Baalberge und Peißen. Dann nämlich würde der Verkehr nicht mehr durch Kleinwirschleben führen.

Heiko Scharf, Ortsbürgermeister von Baalberge – Kleinwirschleben war bis zur Eingemeindung nach Bernburg Ortsteil von Baalberge – sieht es nicht so, dass die Stadt die Klagen der Kleinwirschlebener ignoriert habe.

Es seien Schilder aufgestellt worden, um die Geschwindigkeit auf 20 km/h herunterzusetzen. Es sei auf Lärmschutz verwiesen worden und die Geschwindigkeit sei gemessen worden. Scharf hatte im Anschluss an die Gründungsveranstaltung der Bürgerinitiative eine Einwohnerversammlung anberaumt.

Andere Einwohner teilten Scharfs Einschätzung. Es sei gehandelt worden und die Bewohner der Parallelstraße meinten wie Scharf, es sei nicht das Verkehrsaufkommen, wie es beschrieben werde. Auch die Lärmbelästigungen seien nicht so stark.

Dem halten die Anwohner der betroffenen Straße entgegen, dass es sehr wohl eine starke Beeinträchtigung gebe, wenn man direkt betroffen ist. Nichts von den Maßnahmen habe geholfen, so kontern die Einwohner. Darum müsse man den Druck erhöhen.

Dabei sind sich die, die in der Bürgerinitiative mitmischen, über die Problematik durchaus im Klaren. „Wir müssen klären, was wir wollen. Eine schöne Straße oder mehr Ruhe. Beides zusammen wird schwierig“, sagte ein Anwohner.

Denn dass die Straße vor Jahren eine Bitumendecke erhalten sollte, hatte Scharf ins Feld geführt. Das hätte die Vibrationen und den Lärm gemindert. Daraufhin seien Beschwerden gekommen, dass zum schneller Fahren verleitet werde. Dass der Weg nach Leau abgepollert werde, sei unwahrscheinlich. Da gebe es rechtliche Bedenken, so Scharf.

„Wir müssen klären, was wir wollen. Eine schöne Straße oder mehr Ruhe. Beides zusammen wird schwierig.“

Ein Anwohner aus Kleinwirschleben

Doch mit solchen Antworten will sich die Bürgerinitiative nicht zufriedengeben. Durch Kleinwirschleben müsse man nicht fahren, wenn man aus Richtung Baalberge komme und in Richtung Leau/Preußlitz fahre und umgekehrt.

Die Verbindung zwischen Kleinwirschleben und Leau sei ohnehin nur für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen zugelassen, so argumentiert Prenzel. Aber viele Lkw-Fahrer würden die Sperrschilder ignorieren, vor allem in der Zeit der Rübenernte.

Seiner Berechnung nach spare man 4,6 Kilometer. Aber zeitmäßig sei man über Peißen nicht wesentlich langsamer. Zudem sei die Straße nach Leau R1-Europaradweg. Die sei aber zu schmal und gefährde die Radtouristen.

Darum wolle man am liebsten, dass kein Verkehr mehr durch die Straße in Kleinwirschleben fahre. Wenn sich das Durchfahren nicht verhindern lasse, dann wolle man einen ordentlichen Straßenbelag - mit Schwellen oder ähnlichen Hindernissen.