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Ameos-Kliniken Ameos-Kliniken im Salzlandkreis / Geschäftsführer Lars Timm droht, 500 Beschäftigten zu kündigen

Von Torsten Adam 14.12.2019, 14:56
Der Chor des streikenden Ameos-Klinikpersonals feierte am Freitagmittag auf der Bühne des Bernburger Heele-Christ-Marktes Weltpremiere. Zur Melodie des Klassikers „Oh, Tannenbaum“ sangen sie „Tarifvertrag, Tarifvertrag, was soll daran so schwer sein...“
Der Chor des streikenden Ameos-Klinikpersonals feierte am Freitagmittag auf der Bühne des Bernburger Heele-Christ-Marktes Weltpremiere. Zur Melodie des Klassikers „Oh, Tannenbaum“ sangen sie „Tarifvertrag, Tarifvertrag, was soll daran so schwer sein...“ Torsten Adam

Bernburg - Der Arbeitskampf an den Ameos-Kliniken in Sachsen-Anhalt hat die nächste Eskalationsstufe erreicht. Während am Freitag mehr als 100 Beschäftigte des Bernburger Krankenhauses dem Aufruf von Verdi und Marburger Bund zum vierten Warnstreiktag folgten, gibt sich der Arbeitgeber hinsichtlich der Gewerkschaftsforderungen nach einem Tarifvertrag weiterhin unnachgiebig.

Regionalgeschäftsführer Lars Timm kündigte stattdessen den Abbau von bis zu 500 der insgesamt 1.800 Arbeitsplätze an den vier Klinikstandorten im Salzlandkreis an, sollten die Streiks andauern.

Ameos-Regionalchef Timm unterschrieb am Freitag 20 Kündigungen

Nach eigenen Angaben hat er am Donnerstag 20 fristlose Kündigungen unterschrieben - aus Sicht der Gewerkschaft Verdi eine perfide Strategie, um die Belegschaft auseinander zu dividieren.

„Gleiches hat Ameos bereits in Osnabrück während der dortigen Streiks gemacht. Dort haben sich alle betroffenen Kollegen wieder erfolgreich vor Gericht eingeklagt“, sagte Verdi-Sekretärin Manuela Hase.

Während einer Kundgebung am Freitagmittag auf dem Karlsplatz bezeichnete sie das Vorgehen des Konzerns als „kriminell“ und „schweren Rechtsbruch“. Wenn es bereits jetzt an Personal mangele, sei es nicht nachvollziehbar, dass noch Kündigungen ausgesprochen werden. „Da zeigt Ameos sein fieses Gesicht. Kein anderer Krankenhaus-Betreiber im Land führt sich so auf“, sagte Manuela Hase.

Verdi-Sprecherin: In Osnabrück haben sich alle Kollegen erfolgreich vor Gericht eingeklagt

Regionalchef Lars Timm verwies auf die schwierige Krankenhaus-Finanzierung in Deutschland, die es Ameos nicht erlaube, der Belegschaft mehr als das angebotene „Zukunftspaket“ mit Kündigungsschutz und stufenweiser Lohnerhöhung von insgesamt zehn Prozent in den nächsten fünf Jahren zuzubilligen.

Dieser Darstellung widersprach Annett Flachshaar, stellvertretende Geschäftsführerin des Verdi-Bezirks Sachsen-Anhalt Nord: Angesichts eines Konzerngewinns von rund 900 Millionen Euro im Vorjahr sei die Verweigerungshaltung des Arbeitgebers unmoralisch und empathielos.

Während sich die Streikenden vom Großteil der weiterhin schweigenden Lokalpolitiker - lediglich der SPD-Ortsverein Bernburg und Umgebung erklärte sich solidarisch - im Stich gelassen fühlen, hat die Auseinandersetzung an den Ameos-Krankenhäusern die Landespolitik erreicht.

Katja Pähle, Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag, will mit Lars Timm und Ministerin Grimm-Benne reden

Katja Pähle, Chefin der SPD-Landtagsfraktion, kündigte vor den Demonstranten in Bernburg an, Lars Timm zu einem Gespräch mit Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) nach Magdeburg einladen zu wollen.

Bevor Ameos nach den insolventen Burgenland-Krankenhäusern greife, solle das Unternehmen erst einmal vernünftige Bedingungen an den eigenen Kliniken schaffen und nicht Gewinn auf Kosten seiner Mitarbeiter machen.

Auch Grünen-Landesvorsitzende Susan Sziborra-Seidlitz, selbst Krankenschwester in Quedlinburg, schätzte ein, dass Kliniken nicht mehr in die Hände profitorientierter Unternehmen gehören. Bei einer Spontandemo am Donnerstag in Halberstadt hätten mutige Ameos-Beschäftigte vorm Landratsamt eine Rekommunalisierung ihres Krankenhauses gefordert.

Ameos-Beschäftigte in Halberstadt fordern eine Rekommunalisierung ihres Krankenhauses

Ameos hat seinen Mitarbeitern eine Frist bis zum 27. Dezember gesetzt, dem vorgelegten „Zukunftspaket“ zuzustimmen. Tun dies mindestens 85 Prozent, sollen sämtliche aktuellen Angebote vor Ort aufrechterhalten werden, so Lars Timm. Bisherige Gesprächsrunden seien unterschiedlich gut besucht gewesen. Bislang habe der Arbeitgeber rund 500 Leute damit erreicht.

Werde die Quote von 85 Prozent nicht geschafft und auch im neuen Jahr weiter gestreikt, sollen Fachabteilungen innerhalb der sechs Standorte in Sachsen-Anhalt zusammengelegt werden. „Beschäftigte und Patienten werden dann zum Teil leider weiter fahren müssen. Das wollen wir in Form des Zukunftspakets natürlich vermeiden.“ Selbst eine Komplettschließung von Kliniken schließt Timm nicht aus. (mz)