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Zentimeter fehlen an der Einigung

Von HARALD VOPEL 11.09.2009, 14:51

ASCHERSLEBEN/MZ. - Von einem Senioren-Pflegeheim, das dort entstehen sollte, fehlt bis heute jede Spur.

Hinter den Kulissen ist das Stadtbad aber seit seiner endgültigen Schließung im Jahr 2002 - nach einem über Jahre dauernden langsamen Dahinsiechen - ein Thema geblieben. Im Vorfeld der Landesgartenschau (Laga) 2010 rückt es wieder ins Rampenlicht. Für viele Ascherslebener stellt sich die Frage, wie sich das Gartenschaugelände an dieser Stelle im nächsten Jahr präsentieren wird.

Dass die Antwort darauf nicht ganz einfach zu haben ist, weiß Ria Uhlig. Die Chefin des Ascherslebener Stadtplanungsamtes war kontinuierlich mit potenziellen Investoren in Verbindung. Dabei gehören Gebäude und Gelände längst nicht mehr der Stadt Aschersleben. "Trotzdem", sagt Ria Uhlig, " sind wir daran interessiert, dass etwas passiert und eine Lösung im Interesse der Stadt und ihrer Bürger gefunden wird." Mehr als Vermittlungsarbeit könne die Stadt unter den gegenwärtigen Besitzverhältnissen allerdings kaum leisten.

Auflagen erteilt

Dabei könnte sich der Baukran längst drehen. Dass das nicht der Fall ist, liege daran, dass sich der Investor bis heute nicht mit dem Bauordnungsamt des Salzlandkreises einigen konnte, erklärt Uhlig. Nachdem ein potenzieller Bauherr, die Deutsche Real Invest AG (Driag) mit Sitz in Berlin, nach eigener Aussage bereits im Mai des vergangenen Jahres einen Bauantrag gestellt hatte, wurde dieser von Amts wegen zwar bewilligt, aber mit einigen Auflagen versehen. Ab Herbst 2009 sollte das neue Haus mit 170 Betreuungsplätzen von der ebenfalls in Berlin ansässigen H & R Senioren Heimbetriebsgesellschaft mbH & Co.KG betrieben werden (MZ berichtete).

Inzwischen ist ein weiteres Jahr vergangen, in dem sich wenig getan hat. Nur der Besitzer hat ein weiteres Mal gewechselt. Das ehemalige Stadtbad gehört inzwischen der Berliner Dres 3. Seniorenheim GmbH. Die hält am Konzept des geplanten Senioren-Pflegeheims fest.

Im bis heute schwelenden Streit zwischen dem Bauordnungsamt und dem Investor geht es vorrangig um den Brandschutz. So sahen die Planungsunterlagen unter anderem zu enge Treppenbreiten und zu schmale Treppenpodeste vor, bemängelte das Bauordnungsamt. Über die Treppenbreite habe man sich inzwischen geeinigt, die Breite der Treppenpodeste sei ein Streitpunkt geblieben, sagt Ria Uhlig. Die Abweichung des Plans von den in Sachsen-Anhalt gesetzlich vorgeschriebenen Maßen betrage übrigens ganze 20 Zentimeter. Gegen die Forderung des Amtes, breitere Podeste zu bauen, hatte der Investor Widerspruch eingelegt.

Zeit als Problem

Der Vorgang ist beim Bauordnungsamt längst Chefsache. Amtsleiter Herrmann Alpers sagt auf Anfrage der Mitteldeutschen Zeitung: "Ich erwarte in der nächsten Woche eine Entscheidung." Sollte die so aussehen , dass keine Einigung zustande kommt, könnte die Angelegenheit in die nächste Runde gehen. Dann würde der Vorgang nämlich an das Landesverwaltungsamt weitergereicht werden. Der Geschäftsführer der Dres 3. Seniorenheim GmbH, Dr. Wolfgang Hammar, signalisiert seinerseits eine gütliche Einigung. "Wenn das Treppenpodest wirklich 1,67 Meter breit wird wie gefordert, dürfte der Baugenehmigung nichts mehr im Weg stehen", so Hammar.

Wie auch immer, der Faktor Zeit spielt zumindest aus Sicht der Stadt Aschersleben eine wichtige Rolle. Würde sich die endgültige Entscheidung über den geplanten Bau der Senioren-Wohnlage weiter verzögern, wird darüber nachgedacht, wie die Gebäude-Ruine zumindest optisch etwas in den Hintergrund gedrängt werden kann. "Unter anderem ist eine spezielle Begrünung des Umfeldes denkbar", sagt Ria Uhlig. Aber selbst ein einvernehmlicher Ausgang des Amtsverfahrens birgt einige Unwägbarkeiten. So stellen sich die Fragen nach dem Zeitpunkt des Abrisses des Stadtbades und des Baubeginns für das Senioren-Pflegeheim im Zusammenhang mit der Landesgartenschau. Eine aktive Baustelle während der Laga würde mit Sicherheit zum Problem werden. Nur wenige Meter vom Stadtbad-Gelände, auf der anderen Seite der Eine, wird sich ein Konzertgarten befinden. Der Investor betrachtet dieses Problem als lösbar. Einen positiven Bescheid der Baugenehmigung vorausgesetzt, könne sehr schnell mit dem Abriss begonnen werden. "Dann wäre auch noch genügend Zeit, um bis zum Beginn der Laga den Rohbau fertigzustellen", so Dres-Geschäftsführer Hammar. Während der Gartenschau könnten dann die Innenarbeiten erfolgen.

Kein Selbstläufer

Der Verkauf des Grundstücks war von Anfang an kein Selbstläufer. Nachdem eine Physiotherapie-Praxis als letzter Mieter aus dem Stadtbad ausgezogen war, verstrichen sechs Jahre, ehe sich der erste Kaufinteressent meldete. Bereits im Dezember 2002 hatte Oberbürgermeister Andreas Michelmann (Widab) eine Beschlussvorlage zum Abriss des Gebäudes in den Stadtrat eingebracht. Die wurde auf Antrag des damaligen Stadtrates Axel von der Heyde (ebenfalls Widab) mehrheitlich abgelehnt. Die für den Abriss veranschlagten 345 000 Euro sollten in das Optima-Projekt investiert werden. "Das Problem wird doch nur aufgeschoben", argumentierte Michelmann damals ohne Erfolg gegen den Antrag seines Fraktionskollegen. Schließlich trat 2006 ein Privatinvestor aus Braunschweig mit dem Ziel an, ein Senioren-Wohnheim zu errichten. Dann stellte er fest, dass das Projekt für ihn nicht zu schultern war. Im Jahr 2007 verkaufte er Grundstück und Immobilie an die Driag und die veräußerte es 2008 an den heutigen Besitzer.

Unter den Mitgliedern des Stadtrates kursierten in jüngster Vergangenheit bereits Überlegungen, das Areal zurückzukaufen und das Gebäude in Eigenregie abreißen zu lassen. Im Falle eines Scheiterns der gegenwärtigen Einigungsversuche zwischen Investor und Genehmigungsbehörde, wäre diese Variante für Stadträtin Siegrid Tabbert (CDU) weiterhin eine Option. Sie könne sich vorstellen, dass dort ein Parkplatz gebaut werde.