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Zahntechniker-Handwerk Zahntechniker-Handwerk: Sparkurs führt zu Entlassungen

Von Detlef Anders 10.11.2002, 13:40

Quedlinburg/MZ. - Heiner Betz ist ein Mann der ersten Stunde. Am 1. November 1990 übernahm der Zahntechniker aus Celle das alte Zahnlabor der Poliklinik im Quedlinburger Konvent mit damals 15 Mitarbeitern. Zwischenzeitlich beschäftigte er sogar 20 Leute, doch davon sind heute, auch weil sich weitere Labore in Quedlinburg etablierten, nur noch sieben Mitarbeiter übrig geblieben. Ob es dabei bleibt, scheint derzeit fraglich.

Am Montag will der Celler mit einigen seiner Mitarbeiterinnen nach Berlin fahren. Zahntechniker aus ganz Deutschland wollen gegen die von der Bundesregierung geplanten Sparmaßnahmen demonstrieren. Die aktuell diskutierten Sparpläne der Gesundheitsministerin sehen vor, dass für Zahnersatz der Mehrwertsteuersatz von derzeit sieben Prozent auf 16 Prozent angehoben wird, erklärt Heiner Betz. Den Krankenkassen, die bei Zahnersatz bis zu 65 Prozent, bei zuzahlungsbefreiten Patienten sogar 100 Prozent der Kosten tragen müssen und den Patienten soll diese Erhöhung nicht zugemutet werden. Deshalb soll nun den Zahntechniklaboren zehn Prozent von den zwischen der Zahntechniker-Innung und den Kassen ausgehandelten Höchstsätze für ihre Leistungen abgezogen werden, berichtete Heiner Betz.

Während in den vergangenen zehn Jahren die Personalkosten in den Krankenkassen um 50 Prozent anstiegen, verzeichneten die Zahntechniker nur um 5,2 Prozent höhere Einnahmen, so Betz. Das sonstige Handwerk verdiene heute 28 Prozent mehr, als noch 1992. Den größten Einbruch aber brachte die Gesundheitsreform 1998.

Im Vergleich zu 1997 sei der Umsatz in seinem Labor damals um 60 Prozent zurückgegangen. Die Beschäftigten mussten kurz arbeiten. Diese Gefahr sieht Heiner Betz nun nicht. "Wir werden höchstwahrscheinlich gut zu tun haben, gehen aber in die Pleite", fürchtet er. Aufgrund der lohnintensiven Handarbeit kann sein Betrieb nicht mehr Rationalisieren. "Wenn bei 35 000 bis 40 000 Euro Umsatz im Monat zehn Prozent fehlen, ist das mindestens ein Techniker." Um die Aufträge trotzdem zu schaffen müsste mit den Zahnärzten gesprochen werden, um die Arbeit über einen größeren Zeitraum zu strecken. Wenn jedoch am Ende nichts zu verdienen ist, müsste er die Niederlassung schließen, ist Betz klar.

Schuld an der Misere sind nach seiner Ansicht aber auch Handelsfirmen, die Zahnersatz im Ausland anfertigen lassen und so die Leistungen 20 bis 30 Prozent günstiger anbieten. Hier aber steigen Lohn- und Materialkosten - "ich weiß nicht mehr, wie es weitergehen soll." Betz hofft, dass die bundesweiten Proteste der Zahntechniker, die Bundesregierung zum Einlenken bewegen. Der gesamte Zahnersatz macht im Budget der gesetzlichen Krankenkassen nur 1,5 Prozent aus. Wenn dort zehn Prozent gespart werden, sei das Sparpotential mit 0,15 Prozent minimal.

Roland Unzeitig, der Obermeister der Zahntechniker-Innung Sachsen-Anhalt, hält die Sparpolitik der Bundesregierung in einer Pressemitteilung als "völlig unberechtigten Straffeldzug". "Wir rechnen deshalb allein für Sachsen-Anhalt mit einer Reihe von Laborschließungen und mit rund 400 Entlassungen." Bereits in der Vergangenheit hätten die ohnehin 20 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt liegenden Preise und die Reform von 1997 / 98 in zahntechnischen Laboratorien zur Entlassung von bundesweit 20 000 Mitarbeitern geführt. Nun fürchtet Unzeitig weiter, dass durch die neue Entlassungen die Zahnersatzversorgung nicht mehr gesichert wäre.