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Lebensqualität Womit die Ortsteile im Osten von Aschersleben punkten können

Route der „Fahrt ins Blaue“ führt über Groß und Klein Schierstedt nach Schackenthal, Freckleben, Drohndorf und Mehringen.

Von Rolf Strehler 12.10.2021, 13:55
Hochwasserschutz in Klein Schierstedt.
Hochwasserschutz in Klein Schierstedt. Foto: Strehler

Aschersleben/MZ - Kaiserwetter wie bei der ersten „Fahrt ins Blaue“ vor genau einem Jahr, umrahmte die Neuauflage am Sonntag. Der Verlauf der Wipper und der Einfluss dieses Flüsschens auf die Ortsteile der Stadt Aschersleben, hatten wohl die Organisatoren zur diesjährigen Routenführung inspiriert.

Der voll besetzte Bus nahm zunächst Kurs in Richtung Groß Schierstedt. Von dort führte der Weg über Klein Schierstedt, Schackenthal, Freckleben, Drohndorf bis zur letzten Station, Mehringen. Bekannte Sehenswürdigkeiten, aber auch einige Überraschungen, gab es reichlich zu bestaunen, worüber noch berichtet werden wird.

Das eigentliche Highlight der Veranstaltung waren aber die Heimatvereine, Ehrenämter, Feuerwehren, deren bewundernswerte Aktivitäten und herzliche Gastfreundschaft bei allen Teilnehmern größten Respekt ausgelöst haben.

Den Organisatoren der Fahrt war es gelungen, abwechselnd alle Ortsbürgermeister, darunter auch einige jüngere, als Gäste im Bus zu begrüßen. Die Eingemeindung zu Aschersleben habe doch einige Vorteile für alle Beteiligten gehabt, jedoch seien noch einige Wünsche offen, war allgemeiner Tenor.

„Woher sollen die Ascherslebener unsere Probleme kennen, wenn sie noch nicht einmal die Reihenfolge von Groß und Klein Schierstedt kennen?“, konnte man schmunzelnd vernehmen, was wohl nicht ganz ernst gemeint war.

Auch in diesem Jahr war der Bus zur Fahrt ins Blaue voll besetzt.
Auch in diesem Jahr war der Bus zur Fahrt ins Blaue voll besetzt.
Foto: frank gehrmann

Immerhin kann Klein Schierstedt stolz mit seiner Gründungsurkunde punkten, die überdimensional am Verwaltungsgebäude, unter dem wachsamen Auge der Freiwilligen Feuerwehr, zu bewundern ist. Bei einer gemeinsamen Besichtigung der Damm- und Schutzmaueranlagen im Bereich Klein Schierstedt war zu erfahren, dass in den letzten Jahren 3,7 Millionen Euro aus EU-Mitteln in den Hochwasserschutz geflossen sind.

Hochwasserschutz ist ein übergreifendes Thema für alle Orte an der Wipper

Der Hochwasserschutz ist ein übergreifendes Thema, weil er alle Orte im Bereich der Wipper betrifft. Die fast 100-jährige steinerne Wipper-Brücke wird ab November durch einen Neubau ersetzt, was übrigens auch die Benutzer des Wipper-Radweges betreffen wird.

Auf dem Weg nach Schackenthal erfuhren die Teilnehmer etwas über unvollendete Straßenerneuerung und über die Landflucht der Jugend. Letzterem Problem begegnet man in Freckleben, indem man sich um angenehme Bedingungen, wie Kinderspielplätze oder attraktive Baugrundstücke bemüht, war zu hören.

Neben der historischen Burg, wo alle Teilnehmer fürstlich und sehr gastfreundlich bewirtet worden sind, befindet sich im Ort eine von nur fünf deutschen Winkelkirchen. Durch einen Erweiterungsbau sind seit 1594 zwei Kirchenschiffe im rechten Winkel miteinander verbunden, was aus Platzgründen nur so realisierbar gewesen war.

Vielleicht ist darauf die gedeihliche Zusammenarbeit zwischen der Ortsverwaltung und der Kirchengemeinde zurückzuführen, auf die beide Seiten sehr stolz sind, wie der Ortsbürgermeister Frank Hänsgen erklärte.

Sabine Herrmann aus Drohndorf, einzige Frau unter den Ortsbürgermeistern, die man auf der Fahrt begrüßen durfte, verriet augenzwinkernd, man fühle sich wohl hier, veranstalte Feste für die ganze Familie, und der Wipper-Damm sei eine beliebte „Flaniermeile“ der Drohndorfer geworden.

Sie gehe auch davon aus, dass die ewig gesperrte Wipper-Brücke im nächsten Jahre endlich erneuert wird, meinte sie voller Optimismus. Auch von illegalem Bergbau und dessen Folgen wusste sie zu berichten, nicht ohne auf das attraktive neue Feuerwehrgebäude zu verweisen.

Nachdem die Teilnehmer erfahren hatten, dass die schmucke St. Marien Kirche in ungewöhnlicher Himmelsrichtung ausgerichtet ist, wurde eine besondere Überraschung präsentiert, der Lutherhof. Tatsächlich bewirtschaftet dort ein Nachkomme Jacob Luthers, Bruder des berühmten Reformators, einen imposanten, sehenswerten Bauernhof. Bemüht, den ursprünglichen Charme und die Originalität zu bewahren, hat die junge Familie Bemerkenswertes geleistet. Ein echter Geheimtipp!

Nach dem Kaffee im Dorfgemeinschaftshaus Drohndorf ging es nach Mehringen

Nach Kaffee und Kuchen an liebevoll geschmückten Kaffeetafeln im schicken Drohndorfer Dorfgemeinschaftshaus ging es dann auf den Weg in den Nachbarort Mehringen. Die Insassen im Bus erfuhren unterwegs, warum Drohndorf auf dem Namensschild des gemeinsamen Eisenbahnhaltepunktes vorn steht. Da war wohl mal jemand ein bisschen schneller gewesen.

In der Kirche erfuhren die Gäste etwas über den Einfluss der Weltkriege auf das Schicksal der Kirchenglocken und welche Rolle das ehemalige Mehringer Kloster in der Vergangenheit gespielt hatte. Mit Erstaunen konnte man erfahren, wie es Albrecht Schneidewind gelungen war, die beiden Kirchenkronleuchter nach zahlreichen Kleindiebstählen wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen.

Die Kirche in Freckleben.
Die Kirche in Freckleben.
Foto: Strehler

Alte Teile wurden zurückgeholt und fehlende Segmente neu angefertigt. Das Ergebnis ist nicht minder beeindruckend als die bewundernswerten Fortschritte auf der Burg in Freckleben. Abschließend konnten die Gäste noch etwas über die Aktivitäten der Deutsch-Finnischen Gesellschaft in Mehringen erfahren.

Wie wichtig Heimatvereine, Ehrenamt und engagierte Bürger für das Gemeinwohl und die Attraktivität von Orten sind, war auf dieser „Fahrt ins Blaue“ deutlich zu spüren. Für die versprochene Fortsetzung könnte man eventuell alten Handwerkstraditionen wie zum Beispiel Müller, Schmied, Steinmetz, nachspüren.

Den Organisatoren, Matthias Poeschel (Aschersleber Kulturanstalt), Frank Fischer (City-Manager) und Frau Wiechmann (Stadtführerin) ist eine erfolgreiche Fortsetzung von „Terra Incognita“ gelungen. Man darf sich auf die versprochene Fortsetzung 2022 freuen. Wie im Jahr 2020 bleibt anzumerken, dass leider keine jungen Teilnehmer zu sehen waren.