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Innovatives Unternehmertum Wofür Ascherslebener Firma Novo-Tech Circular einen Nachhaltigkeitspreis erhält

Das Ascherslebener Unternehmen Novo-Tech Circular erhält den Nachhaltigkeitspreis des Landes Sachsen-Anhalt für Recycling von Rotorblättern.

Von Katrin Wurm 12.09.2024, 12:15
Holger Sasse erläutert Umweltminister Armin Willingmann die Arbeitsabläufe in einer der Hallen der Novo-Tech Circular in Aschersleben.
Holger Sasse erläutert Umweltminister Armin Willingmann die Arbeitsabläufe in einer der Hallen der Novo-Tech Circular in Aschersleben. (Fotos: Frank Gehrmann)

Aschersleben/MZ - 2021 fachsimpelte man noch gemeinsam auf dem Acker. Nun, drei Jahre später, steht an gleicher Stelle die Aufbereitungsanlage der Novo-Tech Circular. Sachsen-Anhalts Umweltminister Armin Willingmann (SPD) erinnert sich am gestrigen Mittwoch an die Anfänge von Novo-Tech Circular und die gemeinsamen Gespräche mit Geschäftsführer Holger Sasse. Als der dem Minister damals beim „Ackergespräch“ von seinen Plänen berichtete, sei kaum vorstellbar gewesen, dass diese innovative Idee Realität werden kann.

Dielen, Zäune, Fassaden

Nun ist Willingmann wieder in Aschersleben, um den Aura-Award des Landes Sachsen-Anhalt für nachhaltiges Unternehmertum an Novo-Tech Circular zu überreichen. Als besonders auszeichnungswürdig bewertet die Jury den Umstand, dass in der Aufbereitungsanlage Rotorblätter alter Windkraftanlagen recycelt werden. Aus den Rotorblättern gewinnt das Unternehmen Kunstharze, die wiederum im selbst entwickelten Holzwerkstoff weiterverarbeitet werden. Der nachhaltige Werkstoff wird etwa zur Herstellung von Terrassendielen, Zäunen und Fassaden genutzt.

Die geschredderten Windradflügel in den sogenannten Big Packs.
Die geschredderten Windradflügel in den sogenannten Big Packs.
(Foto: Frank Gehrmann)

Bei einem gemeinsamen Rundgang durch die Hallen bekommt Willingmann einen Eindruck vom Recyclingverfahren. Unter lautem Getöse und Geratter werden in der Aufbereitungsanlage die Rotorblätter, die zumeist aus Faserverbundstoffen bestehen, zerlegt und zerkleinert. In der Lagerhalle stapeln sich auf den Paletten dann die Produkte, unter anderem Balken und Dielen.

Sie bestehen laut Unternehmensangaben etwa aus 20 Prozent recyceltem Windflügel, über 50 Prozent Holz und ein wenig Kunststoff. „Die Produkte haben eine Lebensdauer von etwa 20 Jahren und können danach wieder bei uns abgegeben werden. Dann führen wir sie wieder dem Kreislauf zu.“ Es entstehen neue Bretter, Fassadenelemente, „oder auch ganz andere Produkte“, erklärt der Firmenchef.

Weg zum Ziel nicht genau beschrieben

„Was wir hier machen, ist eine sogenannte Sprunginnovation, die ohne Förderung nicht möglich wäre“, sagt Holger Sasse und dankt dem Land für die Unterstützung. Er erklärt: „Bei einer Sprunginnovation ist das Ziel bekannt, aber der Weg dahin nicht genau beschrieben.“ 2019 habe er für Circular das Patent angemeldet. Das Produkt aus dieser Sprunginnovation in eine wirtschaftlich vernünftige Form zu bringen, sei nun die Herausforderung, nur so könne Kreislaufwirtschaft „siegreich“ sein. „Denn wenn Kreislaufprodukte teurer als lineare Produkte sind, werden sie nicht erfolgreich sein“, weiß Sasse.

Der erste Schritt dafür sei bereits gesetzt: mit der Terrassendiele „Classic HARZart“ habe das Unternehmen ein innovatives Produkt mit zusätzlichen Materialeigenschaften und zehn Prozent niedrigeren Kosten für den Kunden entwickelt.

Holger Sasse erhält von Minister Willingmann den Aura-Award.
Holger Sasse erhält von Minister Willingmann den Aura-Award.
(Foto: Frank Gehrmann)

Speicherfrage bei Stromproduktion ungeklärt

In den kommenden Jahren will Novo-Tech mit den Standorten in der Siemensstraße und der Heinrich-Lapp-Straße 50 Prozent seines Energiebedarfs durch die Stromproduktion mit eigenen Photovoltaikanlagen decken. Was sich Holger Sasse wünscht, sei eine Unterstützung des Landes bei der Kurz- und Langzeitspeicherung. „Es nützt nichts, wenn wir den Stadtwerken den überschüssigen Mittagsstrom schicken, die wissen nichts damit anzufangen und verschenken ihn in die Schweiz und wir kaufen ihn nachts zurück.“ Minister Armin Willingmann verspricht, bei der Speicherfrage zu unterstützen.

Mit der neuen Aufbereitungsanlage in der Heinrich-Lapp-Straße will das Unternehmen nach eigenen Angaben künftig pro Jahr bis zu 43.000 Tonnen seines Werkstoffs herstellen. Durch den Einsatz recycelter Materialien sowie der konsequenten Kreislaufwirtschaft sollen etwa 200.000 Tonnen CO₂-Äquivalente pro Jahr gebunden werden.