THW sichert Umspannwerk
Magdeburg/quedlinburg/MZ - Wenn die Lage heikel wird, ist manchmal alles ganz einfach. Dann weiß man, dass ein 100 Meter langer, ein Meter hoher Damm aus 10 000 Sandsäcken besteht. Dann weiß man, dass die Stromversorgung der Landeshauptstadt Magdeburg von zwei Umspannwerken abhängig ist. Und man weiß, dass rund 230 000 Menschen bald im Dunkeln sitzen könnten, wenn die Anlage neben dem Elbe-Abstiegskanal in der Flut versinkt. Viel mehr Informationen braucht Marcus Olewicz gestern nicht, um zu entscheiden, was er zu tun hat.
Der Zugführer vom Technischen Hilfswerk in Quedlinburg muss mit seiner Mannschaft aus etwa 30 THW-Kräften aus Quedlinburg, Staßfurt, Brandenburg und Berlin sowie etwa drei Dutzend freiwilligen Helfern Dämme aus Sandsäcken und so genannten Bigbags - riesige Plastiktüten voller Sand - errichten, um die Steuerungs- und Transformatorgebäude auf dem Umspannwerk des Energieversorgers Eon-Avacon in Rothensee zu schützen. Längst drückt das Wasser durch eine Spundwand und einen Sandsackdamm. Ein Schrottplatz zwischen Kanal und Umspannwerk ist gerade dabei, abzusaufen. Ein blauer Kran fährt am Vormittag weiter tapfer durch die immer größer werdenden Pfützen.
„Wenn dieses Umspannwerk außer Betrieb geht, würden wir bei der Stromversorgung in der Landeshauptstadt Magdeburg nur noch auf einem Bein stehen“, sagt Johannes Kempmann, Technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Magdeburg (SWM). Im Süden der Stadt gibt es ein weiteres Umspannwerk der SWM, das nach Kempmanns Aussage hochwassersicher ist. Das könnte Magdeburg vorübergehend auch allein mit Energie versorgen. „Aber dann dürfte nichts mehr passieren“, sagt Kempmann. Damit die Energieversorgung zweibeinig bleibt, stapeln THW und freiwillige Helfer bis zum Abend fleißig Sandsäcke - etwa 6 500 und 120 Bigbags sind geplant. Am späten Nachmittag, berichtet Olewicz am Telefon, war die Lage trotz eines kurzen Wassereinbruchs noch unter Kontrolle.
Die THW-Helfer aus Quedlinburg wurden am Mittwoch um 1 Uhr alarmiert. Sie alle - ob Fleischer, Bäcker oder IT-Fachmann - ließen ihre Arbeit liegen, um in Magdeburg gegen die Flut zu kämpfen. „Wir haben häufig Probleme mit den Arbeitgebern“, sagt Olewicz, „aber bei dem Hochwasser war die Freistellung selbstverständlich.“
Untergebracht sind die THW-Helfer in einem eigenen Zeltlager auf dem Messegelände, berichtet Sprecherin Franziska Kalbitz. „Dort sind 600 bis 700 Fluthelfer - Bundeswehr, Feuerwehr, Rotes Kreuz. Die Stimmung ist gut, es ist eine gute Gemeinschaft.“ In den vergangenen Tagen haben die Quedlinburger vor allem Sandsäcke und Bigbags gepackt - um auf den Scheitel der Flut vorbereitet zu sein, der hier am Sonntag erwartet wird. Noch eine Woche länger sollen 18 THW-Helfer aus Quedlinburg in Magdeburg bleiben - einige von ihnen werden abgelöst. Und auch wenn das Ziel ganz einfach ist, wird es hart für sie werden.