Senioren Seniorenverkehrstag im Bestehornhaus Aschersleben: Wann ist man zu alt zum Autofahren?

Aschersleben - Mobil, aber sicher - so das Motto des Verkehrstags für Senioren am Donnerstag. Hier können sich ältere Verkehrsteilnehmer in Vorträgen über Neuigkeiten und Verkehrsirrtümer informieren, aber auch ihre eigene Fahrtauglichkeit überprüfen.
Dazu stehen den Teilnehmern auch dieses Mal wieder Fahrsimulator, Reaktionstest, Rauschbrille und Seh- und Hörtest zur Verfügung. Sich einzugestehen, den Führerschein besser abzugeben, fällt vielen Senioren allerdings schwer.
Verkehrswacht Aschersleben will Anregungen geben
„Indirekt ist hier natürlich die Idee, dass sich die Leute selbst fragen, ob sie sich noch hinter das Lenkrad setzen sollten“, sagt Lothar Kraneis vom Veranstalter, der Verkehrswacht Aschersleben.
Auch wenn hier nicht direkt danach gefragt werde, kenne er das Problem der mangelnden Einsicht aus seiner Berufspraxis. Bis 2002 war Kraneis beim Straßenverkehrsamt beschäftigt. „Die meisten hören erst auf, wenn sie einen schwereren Unfall gebaut haben“, sagt Kraneis.
Verkehrsbehörde kann notfalls eine MPU anordnen
Wird ein Fahrer auffällig, etwa durch einen Unfall, kann die Verkehrsbehörde eine Medizinisch Psychologische Untersuchung (MPU), den sogenannten „Idiotentest“ anordnen. Dann spielten sich häufig dramatische Szenen ab, so Kraneis. „Für viele Menschen ist das Autofahren und damit auch der Führerschein ein Stück Lebensinhalt“, erklärt er.
Während der Anteil an Autofahrern mit einem Lebensalter von über 65 Jahren unter den Verursachern von Unfällen mit Personenschäden 1991 noch bei etwa fünf Prozent lag, ist er laut Statistischem Bundesamt 2016 bereits auf über 15 Prozent angestiegen.
Eignungsprüfung für Fahrer, die älter als 75 Jahre sind?
Es gilt aber zu beachten, dass auch das Durchschnittsalter der Bevölkerung insgesamt gestiegen ist. Damit lagen die Senioren mit etwa 13 Prozent gegenüber einem Anteil von 21 Prozent an der Gesamtbevölkerung 2016 unter dem Durchschnitt der Beteiligung an Unfällen in den Altersgruppen. Wie sollte man also mit den älteren Verkehrsteilnehmern umgehen?
„Ich persönlich tendiere dazu, für Menschen über 75 die Verlängerung der Fahrerlaubnis von einer Eignungsprüfung abhängig zu machen“, sagt Michael Messerschmidt von der Verkehrswacht Aschersleben.
Der gelernte Polizist war bis 2015 Dozent für Verkehrsthemen an der Fachhochschule der Polizei in Aschersleben. Er kennt die Situation auf der Straße: „Meine persönliche, vorurteilsfreie Beobachtung ist, dass manche Senioren im Straßenverkehr einfach nichts mehr zu suchen haben.“
Für den Bus- und Lkw-Führerschein gilt bereits eine ähnliche Regelung. Hier erfolgt alle fünf Jahre eine erneute Prüfung der Fahrtauglichkeit. Verkehrstag-Teilnehmer Karl-Heinz Stockmann ist gegen eine von oben verordnete Eignungsprüfung:
„Ich habe vor 50 Jahren meinen Führerschein gemacht”
„Das Auto ist für viele ein Lebensinhalt. Sie sind darauf angewiesen. Ob man selbst noch fahren kann, muss jeder für sich selbst entscheiden.“ Für einige werde der Alltag dann schwieriger. Vielleicht müssten sie zum einkaufen fahren oder könnten nicht mehr gut laufen, gibt Stockmann zu bedenken.
Schließlich könne auch ein Hundertjähriger eventuell sicherer fahren als ein rasender Jugendlicher. Er empfiehlt, selbst aktiv zu werden. „Ich habe vor 50 Jahren meinen Führerschein gemacht, da muss man sich heute informieren. Hier erfährt man vieles. Ich kann nur empfehlen, die Veranstaltung zu besuchen.“
Einige europäische Länder haben bereits eine medizinische Untersuchung für Fahrer ab einem gewissen Alter eingeführt. In Dänemark, Italien und der Schweiz etwa müssen Autofahrer ab 70 zur Untersuchung. In Finnland ist ab dem 45. Lebensjahr ein Sehtest fällig.
Ob jemand noch fahrtauglich ist, hängt nicht vom Alter, sondern vom Gesundheitszustand ab. Derzeit muss den jeder selbst einschätzen. Einige deutsche Städte bieten für Senioren, die freiwillig den Führerschein abgeben, bereits eine kostenlose Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel an. Das befürworten sowohl Stockmann als auch Verkehrsexperte Messerschmidt.
(mz)