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Schwalbenkot auf Fensterbänken

Von Jochen Miche 05.09.2005, 16:17

Aschersleben/MZ. - In der Agentur selbst sah man es mit gemischten Gefühlen. Während die Frau an der Information empört reagierte: "Das interessiert mich doch nicht", meinte der stellvertretende Arge-Chef Klaus Stops: "Solange der Geschäftsbetrieb nicht gestört und nichts kaputt gemacht wird, ist alles in Ordnung."

Die Fensterputzaktion "Durchblick" war Teil einer bundesweiten Protestaktion gegen "Hartz IV". Tommi Sander, Sprecher der IG "Contra Sozialabbau": "Die Hartz IV-Gesetze müssen weg. Wir verlangen vernünftiges Verteilen der Erwerbsarbeit und ein bedingungsloses Grundeinkommen für jeden." Daran arbeiteten mit Putzlappen, Seifenwasser und Wischer unter anderem: Weberin Andrea Drong (45), die seit zehn Jahren arbeitslos ist, Staatswissenschaftler Wilfried Samel (52), der kein Geld bekommt, weil seine Frau mit ihrem kleinen Blumenladen aus Gesetzessicht zu viel verdient, der Dipl.-Agraringenieur Axel Schmidt (48), der seit der Wende zwar Umschulungen finanziert, aber nie mehr einen festen Job bekommen hat.

Dass es ihnen um "echten Durchblick" der Agentur-Mitarbeiter ging, zeigten Drong und Schmidt: Sie putzten die kotverschmierten Fenster auch dann noch, als die Medienvertreter mit Kameras und Mikrofonen längst verschwunden waren. Kurz: Nicht nur die Schwalben leisteten hier ganze Arbeit.