Salzlandkreis Salzlandkreis: Im Stich gelassen
Aschersleben/hecklingen/MZ. - So war schon seit Wochen mit bloßem Auge zu erkennen, dass ein unbewohntes Haus in der Hermann-Danz-Straße 64 einsturzgefährdet ist und von diesem eine sogenannte Gefahr für den öffentlichen Raum ausgeht. Da die Besitzer wenig Interesse und noch weniger Engagement aufbrachten, das Problem zu lösen, war der Salzlandkreis gefordert, zu handeln. Dabei stand schnell fest, dass das Gebäude nicht mehr zu retten ist und abgerissen werden muss. So weit, so gut! Auch für Nachbarin Daniela Lampert, die kein Problem damit hatte, dass der Schandfleck verschwindet. Wenn sie gewusst hätte, dass mit dem Anrücken der "Abbruch-Spezialisten" für sie eine Leidens-Odyssee ungeahnten Ausmaßes beginnen würde, hätte sie von Anfang an fast stündlich dokumentiert, was aus ihrer Sicht so alles schiefgelaufen ist. Denn jetzt, fast vier Monate später, ist sie in eine Auseinandersetzung mit dem Landkreis verwickelt, für die ihr Kraft und das Geld fehlen, um sich ernsthaft wehren zu können. "Ich bin völlig am Ende und weiß nicht mehr, wie die Situation zu lösen ist", erklärt die Hecklingerin. Dabei drückt sie in erster Linie eine Ungereimtheit. Mit dem Abriss des Nachbarhauses verschwand auch eine Giebelmauer, die bis dahin an ihr Haus grenzte und das Kinderzimmer und den Dachbereich vor Witterungseinflüssen schützte. Momentan ist sie vor Wind und Wetter nur durch eine Holzwand, die mit Dachpappe verkleidet ist, geschützt. Noch bei Abriss-Start war die Wand da. Doch als eines Tages das Baugerüst zusammenkrachte und auf die Straße stürzte, wurde auch die Wand mitgerissen. "Die Baufirma hatte mit Beginn der Arbeiten immer wieder erklärt, dass diese stehen bleibt, beziehungsweise erneuert wird", erinnert sich die 44-Jährige. Und forderte dies dann auch so ein. Aber ohne Erfolg. Die Baufirma aus Westdorf wollte von alledem nichts mehr wissen oder je gewusst haben. Und auch im Bauamt des Landkreises übt man sich in Zurückhaltung. "Keiner, der am Abriss beteiligten Akteure hat der Eigentümerin des Nachbargebäudes ein Aufmauern des Giebels im Dachgeschoss zugesagt", heißt es in einem Brief des Bauamtsleiters Ulrich Reder. Ob der Landkreis trotzdem auf das Problem reagieren werde, ist derzeit völlig offen, obwohl im Nachbarschaftsrecht Sachsen-Anhalt eigentlich klare Spielregeln aufgestellt sind. So hätte Daniela Lampert acht Wochen vor dem Abriss benachrichtigt und dazu befragt werden müssen, was nicht geschehen ist. Und noch eindeutiger ist im Paragraf 15 der Rechtsordnung nachzulesen: "Wird nach Errichtung eines Anbaues oder einer zweiten Grenzwand eines der beiden Gebäude abgerissen, so gilt, dass die beim Abbruch entstandenen Schäden zu beseitigen sind." Dabei wird extra herausgestellt, dass bei bis dahin gemeinsam genutzten Außenwänden die Außenfläche durch den Auftraggeber auf eigene Kosten so herzustellen ist, dass sie sich in einem geeigneten Zustand befindet. Davon kann bei Daniela Lampert keine Rede sein. Schon im März ist die Kälte in alle Winkel gekrochen und bis zum Herbst ist es nicht mehr weit. Dazu kommen die Heizkosten, die enorm gestiegen waren und dann wieder steigen werden. Besonders zu leiden hat darunter ihrer Tochter Kim, die nicht einmal ein Jahr alt ist. "Warum werden wir so im Stich gelassen?", fragt die Hecklingerin. Und sie hat als Antwort nur eine Vermutung! Im Zuge der Abrissarbeiten konnte die 44-Jährige ihr Bistro , welches sich im Untergeschoss ihres Hauses befindet, nicht mehr öffnen. Die Staubentwicklung war so enorm, dass sie auf Anraten des Hygieneamtes ihre Haupteinnahmequelle für drei Wochen schloss. Und sie forderte die Landkreisverwaltung über einen Rechtsanwalt auf, für den Verdienstausfall aufzukommen. "Erst ab diesem Tag war dann in Sachen Giebelausbau urplötzlich Funkstille. Ich bekam keine Auskunft mehr", erinnert sich Daniela Lampert. Immer wurde sie mit dem Verweis auf ein laufendes Verfahren hingehalten oder ausgegrenzt. Dabei ist bisher weder Klage eingereicht und hat das eine mit dem anderen etwas zu tun. "Die Behörden machen doch auch immer ihre Forderungen auf, wenn sie der Überzeugung sind, dass dies so in Ordnung ist", ist die 44-Jährige über die Handlungsweise des Landkreises entsetzt. Dort steht aber erst einmal nur im Vordergrund, dass die Gefahren für den öffentlichen Raum abgewendet wurden. "Eigentlich will ich nur noch, dass das Haus in Ordnung gebracht wird, damit sich unser Leben nicht nur noch im Wohnzimmer abspielt", ist Daniela Lampert mit ihren Nerven am Ende, wohlwissend, dass sie in der Auseinandersetzung finanziell auf jeden Fall am kürzeren Ende der Leine zieht.