1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Salzlandkreis: Salzlandkreis: Extreme Wildschweinplage im Seeland

Salzlandkreis Salzlandkreis: Extreme Wildschweinplage im Seeland

Von Susanne Thon 12.09.2012, 16:59

Seeland/Aschersleben/MZ. - Explosionsartig hat sich das Schwarzwild im Bereich der Hochhalden munter vermehrt und auf den angrenzenden Maisfeldern allein in den vergangenen Wochen Schäden im fünfstelligen Bereich angerichtet. Zudem ist die Zahl der Wildunfälle zwischen Frose und Schadeleben, dort, wo das Wild von der Halde auf das Feld und wieder zurück wechselt, gestiegen.

Besonders prekär: Den Jägern, die jahrelang Einfluss genommen haben auf die Population, sind seit dem Erdrutsch 2009 die Hände gebunden. "Große Flächen zwischen Frose, Neu Königsaue und Nachterstedt können wir gar nicht mehr bejagen, weil wir sie nicht betreten dürfen", umreißt Mario Kempe, Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Frose, das Dilemma. Und das wird, begünstigt von den milden Wintern der vergangenen Jahre und immer größer werdenden Fraßgebieten, nicht kleiner.

"Aufgrund der mangelnden Bejagung gibt es seit geraumer Zeit sogar Frischlingsbachen. Das sind junge Wildschweine, die noch kein Jahr alt sind, aber schon Junge haben", erklärt Kempe. Wie groß das Wildschweinproblem in Zahlen ausgedrückt tatsächlich ist, lasse sich jedoch nicht konkret festmachen. "Es werden wohl deutlich mehr als 100 Tiere sein", schätzt der Jäger. Nicht ausgeschlossen, dass es sich sogar um 200 oder 300 handelt. Er selbst habe schon Rotten von 20 Wildschweinen beobachtet, so Kempe, der fast jede Nacht draußen ist.

Die außer Kontrolle geratene Schwarzwild-Population bereitet aber längst nicht nur den Jägern Sorgen: "Es ist ein regelrechter Kahlschlag, den die Wildschweine betreiben", beklagt Herbert Lisso Geschäftsführer der in Reinstedt ansässigen "Neu-Seeland" Agrar GmbH. Die Gesellschaft bewirtschaftet etwa 1 500 Hektar Ackerfläche in der Region. Um die zehn Hektar haben die Wildschweine bislang platt gemacht. Und ein Ende ist nicht in Sicht.

"Jede Nacht werden Schläge größer", so Lisso. Der größte umfasst eine Fläche von 100 mal 80 Meter. "Die großen Tiere brechen den Mais runter, damit die kleinen rankommen", beschreibt er. Luftaufnahmen verdeutlichen das Ausmaß. Den Schaden, den eigentlich die Jäger tragen müssten, beziffert er momentan auf circa 20 000 Euro. Geerntet wird aber erst innerhalb der nächsten zwei Wochen. Mittels modernster Technik lasse sich dann auch bestimmen, an welchen Stellen der Ernteausfall wie groß ist.

"Um das Problem in den Griff zu bekommen, müssen wir an einem Strang ziehen - und an den Verursacher ran", sagt er. Deshalb habe man nicht nur einen Wildschadensschätzer als Sachverständigen hinzugezogen, sondern auch die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV), zuständig für die Sperrungen, mit der Problematik konfrontiert. Wie Kempe mitteilt, sei bereits ein Antrag gestellt worden: Die Halde soll per Ausnahmegenehmigung bejagt werden dürfen.

Die Entscheidung seitens der Gutachter, die den Antrag gegenwärtig prüfen, stehe aber noch aus. "Wenn die sagen, dass es möglich ist, werden wir uns nicht dagegen stellen", sagt Uwe Häfke, Forstmann bei der LMBV. "Der Druck durchs Schwarzwild ist sehr groß", weiß er, glaubt aber nicht, dass die Bejagung der Halde III allein groß etwas an der Wildschweinplage ändern würde: "Für die Wildschweine sind Maisschläge in dieser Größenordnung ein El Dorado." Dessen ist sich auch Kempe bewusst.

Doch solch große Maisfelder seien eine Folgeerscheinung der Energiewende, bei der nachwachsende Rohstoffe eine entscheidende Rolle spielen. Anders als Häfke glaubt er, dass sich die Population durch die Bejagung auf der Halde wieder auf eine vertretbare Größe bringen lasse. Wenngleich das "mindestens zwei bis drei Jahre dauern wird". Im November oder Dezember könnte man damit theoretisch beginnen. In Form einer Drückjagd, bei der eine Reihe Treiber, meist in Begleitung von Hunden, das Wild so aus ihren Einständen "drückt", dass es zielgerichtet auf die wartenden Jäger zukommt.

Drückjagden können aber nur im Winterhalbjahr stattfinden. Eine Bejagung, so Kempe, sollte in jedem Fall erfolgen, denn je mehr Zeit ins Land geht, umso höher werde die Seuchengefahr, gibt er zu bedenken: "Überpopulationen sind immer Brutstätte für Seuchen."