1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Salzlandkreis: Salzlandkreis: Alter Fichtenstamm lässt die Denkmalpfleger jubeln

Salzlandkreis Salzlandkreis: Alter Fichtenstamm lässt die Denkmalpfleger jubeln

Von HARALD VOPEL 14.09.2011, 17:08

ASCHERSLEBEN/MZ. - Auf den ersten Blick sieht der Fund völlig unspektakulär aus. Nicht einmal nach einem archäologischen Fund - eher nach einem ganz einfachen Stück hohlem Baumstamm. Trotzdem strahlen Gerhard Christ und Manfred Klopfleisch. Die beiden Ascherslebener Bodendenkmalpfleger halten nämlich ein Stück der zumindest bis jetzt bekannten ältesten Ascherslebener Wasserleitung in ihren Händen.

Es sei fast schon ein kleines Wunder, dass der Fichtenstamm dem Baggerfahrer der Firma Kutter, die gerade die Straße Badstuben saniert und schon in der Vergangenheit sehr gut mit den Bodendenkmalpflegern zusammengearbeitet hat, überhaupt aufgefallen ist. Der dachte zunächst tatsächlich an einen einfachen Holzstamm, den er da mit seinem Greifer erwischt hatte. Dann sagte er sich aber, sicher ist sicher und rief die Bodendenkmalpfleger zur Begutachtung. Denen war schnell klar, was sie da zu sehen bekamen. Der außen unbearbeitete Stamm weist im Inneren nämlich eine etwa acht Zentimeter starke, fein säuberlich ausgeführte Bohrung auf. Durchgehend von einem Ende bis zum anderen. Ein Rohr aus Holz - etwa 1,20 Meter lang und bis zu 20 Zentimeter stark. Zumindest an einem Ende ist zu erkennen, dass das Stück mit einem anderen verbunden war und eine richtige Leitung gebildet haben muss. Durch diese ist vor etwa 500 Jahren - so schätzen die Experten - Wasser geflossen. Das genaue Alter des Holzes soll jetzt am Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege in Halle mit modernsten Untersuchungsmethoden festgestellt werden.

Das hölzerne Wasserrohr selbst soll seinen Platz im Ascherslebener Museum finden, das habe er schon mit den Hallenser Kollegen abgesprochen, sagt Gerhard Christ. Das Problem dabei - der Fund muss mindestens drei Jahre lang in einer speziellen Wasserlösung konserviert werden. Christ und Klopfleisch hoffen, dass sich dafür irgendwo ein Plätzchen finden werde.

Gefunden wurde das Stück der historischen Wasserleitung in der Nähe einer bekannten spätmittelalterlichen Brunnenanlage am südlichen Ende der Straße Badstuben. Der Brunnen wurde seinerzeit von einem Flusswasserstollen gespeist. Per hölzerner Rohre dürften die benachbarten Anwesen versorgt worden sein. Diese These wird durch einen weiteren Fund gestützt, den die Bodendenkmalpfleger am Mittwoch machten. Da entdeckten sie vor dem Haus Badstuben 7 einen hölzernen Grundstücks-Wasseranschluss, der aus derselben Zeit wie der erste Fund stammen dürfte. Außerdem wurden zahlreiche blau-graue Keramikscherben gefunden, die ebenfalls dem 15. Jahrhundert zugerechnet werden.

Der Straßennamen Badstuben komme nicht von ungefähr, erklärt Gerhard Christ. Hier waren vor Jahrhunderten gleich mehrere sogenannte Bader ansässig. Und die benötigten für ihre Zunft vergleichsweise viel Wasser. In den Badestuben wurde aber nicht nur in großen Holzbottichen geplanscht - es wurden auch Haare geschnitten, Zähne gezogen und ausgiebig geprasst. Außerdem wird den Badern nachgesagt, dass sie mit der Zuhälterei ihr Auskommen aufbesserten.