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Nordische Nomaden bevölkern die Innenstadt

Von Peggy Schreinert 20.02.2012, 17:27

Aschersleben/MZ. - Gut getarnt und kaum zu sehen, haben sich in Aschersleben Einwanderer aus Skandinavien breitgemacht. Gleich im Dutzend sind die fußballgroßen Nomaden jetzt stolze "Besitzer" eine efeuberankten Linde, die ihnen ausreichend Schutz vor neugierigen Blicken und Störenfrieden gewährt. Während sich Ordnungsbeamte kaum für die Neuankömmlinge interessieren, ist Hobby-Ornithologe Detlef Peperny begeistert. Handelt es sich doch um Waldohreulen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der Suche nach einem Winterquartier in der ältesten Stadt Sachsen-Anhalts fündig geworden sind.

"Diese Population stammt mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht aus Deutschland. Ich vermute, dass diese Eulen, wie wir sie hier sehen, aus den nordeuropäischen Regionen stammen, wie Skandinavien oder Finnland, " bemerkte der Hobby-Ornithologe. Anhand der helleren Gefiederfärbung der Brust könnte man dies ausmachen. Eulen dieser Art fliegen jeden Winter über Deutschland nach Südfrankreich, aber manchmal, wenn die Witterung es zulässt, stoppen sie ihren Flug schon in Deutschland.

Diese Entdeckung ist für die Stadt Aschersleben in dem Fall besonders, weil Aschersleben bislang noch nicht als "Winterschlafplatz" der Waldohreulen im Naturschutzbund (NABU) eingetragen war.

Der NABU Sachsen-Anhalt rief 1998 das Eulenschutzprogramm ins Leben. Mit dem Ziel, den in Sachsen-Anhalt einheimischen Eulenarten zu helfen. Dieser Aufgabe stellt sich auch Peperny, der in seinem Heimatort Klein Oschersleben mit einer kleinen Gruppe von vier bis sechs Personen Tierkästen aufhängt, oder auch Futter für Vögel bereitstellt.

Die Waldohreule jagt nachts nach Mäusen und schläft in der kalten Jahreszeit tagsüber gern gemeinsam auf Bäumen. "Oft werden die Schlafbäume über viele Jahre beibehalten, da Eulen sehr ortstreue Tiere sind, " erklärte Peperny.

Wer sie zum ersten Mal sieht, könnte meinen, sie seien kleine Uhus. Mit gerade mal einer Größe von 35 bis 40 Zentimetern, ihren Federohren und der braunen Gefiederfärbung ähneln sie stark ihren größeren Verwandten. Besonders in den dichten Nadelbäumen sind sie dann nicht gleich auszumachen. Als Hauptnahrungsmittel der Waldohreulen zählen kleine Nagetiere, aber auch Singvögel, deshalb ziehen Eulen im Winter in wärmere Gefilde um weiterhin Nahrung zu finden. "Es kann sein, dass es für diese nordeuropäische Population schon wieder zu mild geworden ist und ein Teil weitergezogen ist", erklärt Peperny, nachdem am nächsten Tag nur noch sieben Eulen da waren. "Eulen können schon mal 200 bis 300 Kilometer am Tag fliegen, aber haben sie einmal einen geeigneten Schlafbaum gefunden kommen sie immer wieder zurück", fügte Peperny hinzu. Das heißt für den Hobby-Ornithologen: weiter beobachten und täglich Eulen zählen, um Aschersleben als eventuellen Schlafplatz der Waldohreule eintragen zu lassen.

In Sachsen-Anhalt sind über 100 Winterschlafplätze bekannt, aber durchschnittlich werden nur 35 dieser Schlafplätze genutzt. Die Schlafbäume befinden sich oft ganz in unserer Nähe, wie in Parks, auf Friedhöfen, in Kleingartensparten, in Hausgärten oder auf Straßenbäumen. Die NABU-Arbeitsgemeinschaft Eulenschutz in Sachsen-Anhalt ist auf der Suche nach diesen Schlafplätzen und ruft alle Kenner und Beobachter auf, bei der Erfassung mitzuhelfen.