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MZ-Serie MZ-Serie: Nicht wie im Fernsehen

Von Christiane Rasch 07.09.2016, 14:20
Anja Recknagel reinigt eines der Terrarien.
Anja Recknagel reinigt eines der Terrarien. Gehrmann

Aschersleben - Kurz nach sieben beginnt für Tierpflegerin Anja Recknagel die Schicht im Zoo Aschersleben. Erster Halt: Aquarium und Terrarium. „Ich gucke jetzt erstmal, ob alle leben“, sagt die 25-Jährige und läuft langsam an Schildkröten, Spinnen, Schlangen und Krokodilen vorbei.

Um zu überprüfen, wie der Zustand der Tiere ist, geht sie im Kopf automatisch eine Checkliste durch: Wie bewegt sich das Tier, wie verhält es sich? Sieht es von vorn bis hinten gut aus und wie ist der Kot des Tieres beschaffen? „Das hat man drin. Es fällt dir sofort auf, wenn etwas nicht stimmt, weil du die Tiere jeden Tag siehst“, erklärt Anja Recknagel.

Nach einer kurzen Runde beginnt die Tierpflegerin, die Terrarien zu reinigen. Altes Futter raus, sauber machen, neues Futter rein - der Ablauf, so erklärt sie, ist bei allen Tieren derselbe und wird von ihr unzählige Male am Tag wiederholt. Mit dem, was in TV-Sendungen wie „Elefant, Tiger und Co.“ gezeigt wird, hat die alltägliche Arbeit eines Tierpflegers nur wenig gemein.„85 Prozent sind Putzen, zehn Prozent Füttern und der Rest ist das, was die Leute im Fernsehen sehen“, sagt die 25-Jährige.

Es bleibt nur wenig Zeit, um sich bei der Fülle an Aufgaben noch intensiv mit den Tieren zu befassen. Obwohl genau das laut Anja Recknagel am meisten Spaß macht.

Immer die Ruhe behalten

Berührungsängste hat die gebürtige Thüringerin im Umgang mit Tieren nicht - selbst wenn es zu Pythons und Stumpfkrokodilen geht. Als Anja Recknagel deren Bereich säubert, beginnen die Reptilien zu fauchen und das Maul bedrohlich aufzusperren. Recknagel behält die Ruhe.

„Eigentlich sind die ganz verträglich“, sagt sie und spritzt einem Krokodil mit dem Schlauch Wasser ins Gesicht. „Angriff ist bei Krokos die beste Verteidigung.“ Zutraulicher sind da die Berberaffen. Schon von weitem kündigt sich Anja Recknagel durch Pfeifen an und die Tiere antworten, weil sie wissen, dass Zeit für die Fütterung ist.

Nachdem jedes der fünf Tiere eine Scheibe Toastbrot bekommen hat, putzt Recknagel ein Brett, auf dem später das Futter der Tiere verteilt wird und fegt die Käfige aus. Nach knapp zehn Minuten ist das geschafft und es geht weiter zum nächsten Gehege. Noch schnell die Zebras aus dem Stall holen und dann müssen die Erdmännchen versorgt werden. Hier nimmt sich die Pflegerin ein wenig mehr Zeit - um den neuen Nachwuchs zu beobachten. Fünf Jungen wurden erst kürzlich geboren.

Wenn um neun die ersten Besucher in den Zoo kommen, muss bereits ein Großteil der Arbeit erledigt sein. Morgens und mittags ist für Recknagel und ihre Kollegen ist daher das Meiste zu tun. Für eine kurze gemeinsame Frühstückspause bleibt dennoch Zeit. Insgesamt sieben Zootierpfleger arbeiten im Ascherslebener Zoo. Um sich fachgerecht um die Tiere kümmern zu können, haben alle eine mehrjährige Ausbildung hinter sich. Anja Recknagel hat diese im Leipziger Zoo absolviert. Bereits als Kind habe für sie festgestanden, dass sie mit Tieren arbeiten möchte und deshalb schon frühzeitig bei Praktika in mehreren Städten Erfahrungen gesammelt. „Ich habe geschaut, ob es passt, was wichtig ist, weil viele eine falsche Vorstellung vom Beruf haben“, erklärt die 25-Jährige. „Den Beruf macht man nicht fürs Geld, denn reich wird man dabei nicht.“ Was für Anja Recknagel zählt, sind die Tiere. Dass es diesen gut geht, steht bei der Arbeit an erster Stelle.

Gut gemeint , aber zu viel des Guten

Überall im Zoo finden sich Schilder mit der Bitte, die Tiere nicht zu füttern. Viele hält das aber nicht ab. „Bei 1 000 Besuchern füttern vielleicht jeder zehnte. Man kann sich vorstellen, dass das zu viel ist, auch wenn es gut gemeint ist“, so Anja Recknagel. Besucher sollten sich ihrer Meinung nach immer überlegen, ob das dem Tier gut tut. Nötig ist das zusätzliche Füttern nicht. Denn jedes Tier erhält vom Zoo speziell auf die Bedürfnisse abgestimmte Nahrung. Dabei ist viel zu beachten. „Man muss“, so erklärt Recknagel, „die genaue Zusammensetzung der Futtermischungen kennen.“

Bei Papageien etwa dürfen diese keinesfalls Avocado enthalten, weil die Tiere daran verenden können. Gefährlich wird es auch, wenn Besucher im Zoo Zweige von Bäume abreißen, um damit beispielsweise die Zebras zu füttern. Erwischen sie die Blätter einer Robinie, können diese bei Zebras, Pferden und anderen Tieren in Windeseile zum Tod führen. Entgegenwirken könne man laut Anja Recknagel nur, indem man die Besucher aufklärt.

Bis zum frühen Nachmittag will sie mit dem Putzen und Füttern der Tiere durch sein, um mit den Vorbereitungen für den nächsten Tag zu starten - dann, wenn die ganze Arbeit von vorn beginnt.

Häufig werde die Tierpflegerin gefragt, was sie denn den Winter über mache, erzählt die 25-Jährige und lacht. Selbstverständlich werde sich auch bei Schnee und Eis um die Tiere gekümmert. Ebenso wie an Wochenenden und Feiertagen - die es für Tierpfleger nicht gibt. „Entweder man macht frei oder man arbeitet“, sagt Anja Recknagel. „Das gehört dazu und damit kommt man klar.“

Auch die Erdmännchen müssen versorgt werden.
Auch die Erdmännchen müssen versorgt werden.
Gehrmann