"Nippes ist nicht so mein Ding" Mario Bönicke eröffnete Töpferei in Aschersleben: Traditionelles Handwerk an Töpferscheibe Unter der Alten Burg

Aschersleben - Mario Bönicke beherrscht sie alle: den Japanischen Würgegriff, den Zangen- und den Stellgriff, den Fingerzug. Nun ließe sich denken, der 52-Jährige sei Ringer oder fröne einem anderen Kampfsport. Aber nein.
Mario Bönicke betreibt seit kurzem eine Töpferei in Aschersleben. Die martialisch klingenden Techniken dienen dazu, den anfangs noch widerspenstigen Ton zu bändigen, der sich da auf der Töpferscheibe dreht und sensibel in Form gebracht werden will.
Die Werkstatt von Mario Bönicke liegt etwas versteckt Unter der Alten Burg 1, ganz in der Nähe des Freibades. In ehemaligen Garagen neben dem alten Wohnhaus hat sie der Salzwedeler eingerichtet. Die Liebe hat ihn nach Aschersleben und zu dem Umstand geführt, dass es in der Eine-Stadt nun eine Töpferei gibt.
Grün-, Blau- oder Brauntöne sind die bevorzugte Farben des ausgebildeten Töpfers
In langen Reihen wartet dort eine Armee von frisch getöpferten Tassen auf ihre Glasur und das Härten bei 1.250 Grad im Brennofen. Wenn die Tassen fertig sind, werden sie in Grün-, Blau- oder Brauntönen schimmern - die bevorzugte Farbpalette des ausgebildeten Töpfers, der seine Glasuren selbst erarbeitet.
Er stellt ausschließlich Lehmglasuren her, für die es keine fertigen Rezepturen gibt. „Das erfordert Tüftelei“, sagt er, und dass die Farbpalette damit etwas kleiner ist als bei anderen Töpfern, stört ihn nicht.
Die Farben gehören zu seinem Markenzeichen. Ebenso wie der Grundsatz, dass alles, was er herstellt, eine Funktion braucht. „Nippes ist nicht so mein Ding.“
Ihm sei es wichtig, Gebrauchskeramik herzustellen, die ihm selbst gefällt, und deshalb sucht man Blümchendekor bei ihm vergebens. Seine Schalen, Vasen, Tassen und Teller wirken handfest, erdig, naturverbunden.
Mario Bönicke stammt aus Halle, hat zuletzt aber in Salzwedel gelebt und dort eine Töpferei betrieben. Als Jugendlicher hatte er den Beruf eines Elektromechanikers erlernt, aber schnell gespürt: Das ist es nicht.
Im Zivildienst nach der Ausbildung zum Elektromechaniker hatte Bönicke ersten Kontakt mit Töpferei
Seinen Zivildienst leistete er in einer Werkstatt für behinderte Menschen, wo auch getöpfert wurde. Das Handwerk, die Arbeit mit dem Naturmaterial hat ihn von da an nicht mehr losgelassen und er suchte einen guten Meister, bei dem er in die Lehre gehen konnte.
Er fand einen in Mecklenburg, dessen Formensprache und Qualität ihm gefielen. Die ersten Wochen seiner Lehrzeit, daran erinnert er sich genau, seien „frustrierend“ gewesen.
Heute gehört die Arbeit an der Töpferscheibe zu seinen liebsten Tätigkeiten. „Es ist eine komplexe Arbeit, die jahrelange Übung braucht“, beschreibt er das und sagt: „Man kann nicht hektisch arbeiten, muss seine Mitte gefunden haben, damit es wirklich rund läuft.“
Was unter seinen Händen entsteht, benutzt er selbst. Aufbewahren müsse man nichts zwangsläufig in Plaste, dies sei für ihn wichtig. Doch er akzeptiert auch andere Einstellungen. Gute Keramik verschönert den Alltag, sagt er.
Und Anerkennung seiner Arbeit zeigt sich in manchem Kundengespräch. „Sie sitzen jeden Tag mit uns am Frühstückstisch. Weil wir von Ihren Tellern essen“, habe einmal eine Kundin zu ihm gesagt.
Reguläre Öffnungszeiten hat Mario Bönicke noch nicht, er sei aber meistens in seiner Werkstatt anzutreffen. Einen Teil seines Sortiments kann man auch im Bioladen an der Hohen Straße erwerben. Vielleicht lässt Corona 2021 einen Tag der offenen Töpferei zu, der normalerweise am 13./14. März stattfindet. (mz)

