Liberalisierung des Bestattungsgesetz Liberalisierung des Bestattungsgesetz: (K)ein Grab im Garten

ASCHERSLEBEN/MZ - Das Urnengrab im eigenen Garten. Marion Neuhäuser vom Bestattungsinstitut Karries in Aschersleben schüttelt nur mit dem Kopf. „Ich frage mich, wie weit oder tiefgründig die Politiker da mal wieder gedacht haben“, kommentiert sie einen Vorstoß von Sachsen-Anhalts Linken und Grünen zur Liberalisierung des Bestattungsgesetzes. „Ohne Sarg bestatten und Urnen mit der Asche der Angehörigen mit nach Hause nehmen, der Gedanke scheint mir nicht zu Ende gedacht zu sein. Wo bleibt da die Würde?“, fragt sie. Nicht umsonst stehe die Dienstleistung ihres Institutes unter der Überschrift „Abschied in Würde“.
Langen Friedhofskultur
André Könnecke, Leiter des Bauwirtschaftshofes Aschersleben, der auch den städtischen Friedhof bewirtschaftet, erläutert im MZ-Gespräch, dass auch diese Medaille zwei Seiten habe. „Da kann man nicht schwarz-weiß malen“, sagt er. Friedhöfe zu betreiben, sei eine hoheitliche Aufgabe. Kirchen und Kommunen erfüllen diese in Deutschland. Die Friedhöfe seien gewidmet und so sei hierzulande schon immer in „geweihter Erde“ bestattet worden. Erst nahe der Kirche, dann auf städtischen Friedhöfen. Außerdem gäbe es eine lange Friedhofskultur, die man nicht aufgeben solle.
Betriebsleiter Könnecke möchte die kürzlich von der Opposition in Magdeburg losgetretene Diskussion um die Liberalisierung des Bestattungsgesetzes nicht auf die Frage reduziert wissen, ob und wie viele Einnahmen Kirchen und Kommunen verloren gehen würden. „Wir erheben Gebühren in der Höhe, wie die Kosten bei uns anfallen. Im Idealfall arbeiten wir kostendeckend“, so Könnecke. Dass der Bauwirtschaftshof mit dem Friedhof ein gutes Geschäft machen würde, diesen Verdacht weist er vehement und weit von sich. Schließlich gebe es ein Kommunalabgabengesetz: „Die Kommunalaufsicht schaut gerade hier besonders hin und kontrolliert, dass unsere Kalkulation auch stimmt.“ Egal, wie viele Beerdigungen stattfinden. Selbst wenn die Zahl der Bestattungen sinken würde, würden die Fixkosten bleiben. Um die decken zu können, müssten am Ende die Gebühren erhöht werden, erklärt Könnecke. Und durch die notwendig werdenden Zuzahlungen der Kommunen würde letztlich wieder die Allgemeinheit zur Kasse gebeten.
"Mehr als eine schnöde Bestattungsfläche"
Umfassende Änderungen, wie sie Linke und Grüne vorgeschlagen haben, kann sich der Chef des Ascherslebener Bauwirtschaftshofes jedenfalls nicht vorstellen. Bewährte Bestattungssitten sollten aus seiner Sicht nicht in Frage gestellt werden, nur weil es in anderen Ländern anders läuft. „Da geht Kulturgut verloren, wenn es keine Bestattungen mehr gibt. Vielleicht bin ich zu sehr Praktiker, aber mir ist auch völlig unklar, wie die Dinge gesteuert werden sollen, wenn sich beispielsweise mehrere Hinterbliebene die Asche eines verstorbenen Angehörigen teilen wollen.“ Und Könnecke verweist auch auf Bemühungen, den historischen Friedhof zu erhalten. Das sei ein landschaftsgartengestalterisches Projekt, aber auch die Suche nach einem Ort der Ruhe und Besinnung. „Ein Friedhof, das ist eben weit mehr als eine schnöde Bestattungsfläche“, so Könnecke.
Pfarrer Holger Holtz sieht gleich doppelte Probleme. Was, wenn Kinder im Sandkasten oder Garten eine Urne ausgraben, die ein Vorbesitzer dort eingelassen hat? Von Sicherheit könne da nicht die Rede sein. Aber die Gesetzes-Novelle sei ja erst mal ein Denkansatz. „Zudem halte ich Friedhöfe für einen wichtigen Ort des Gedenkens, nicht nur für die Familie, sondern auch für Freunde und Weggefährten. Öffentliches Erinnern wäre das vor dem Kaminsims mit Urne nicht mehr.“