Kulturdenkmal in Aschersleben Kulturdenkmal in Aschersleben: Hinkelstein putzen mit Hindernissen

Aschersleben - Es gab Zeiten, da pilgerten die Ascherslebener in Scharen zur „Speckseite“. Kaum eine Schulklasse, die diesem Zeugnis der Ascherslebener Stadtgeschichte keinen Besuch abstattete. Irgendwann wurde es aber ruhiger um den Menhir, wie der aufrechtstehende Steinbrocken in der Nähe der Schierstedter Straße von Archäologen bezeichnet wird.
So vergessen, dass er inzwischen droht vom Grün der Natur verschluckt zu werden und dann kaum noch zu finden wäre. Aber nicht nur die Natur bemächtigt sich des Braunkohlenquarzit-Felses, sondern auch Schmierfinken. Darauf lässt jedenfalls die Farbe schließen, mit der die Speckseite irgendwann in jüngster Vergangenheit verunziert wurde.
Wer putzen will, muss Anträge stellen
Was liegt also näher, als die durchaus kleine touristische Sehenswürdigkeit zu putzen und das Umfeld vom Unkraut zu befreien. Das dachte sich zumindest der „etwas andere Ascherslebener“ Bernd Malcherek. Der musste aus diesem Ansinnen aber einmal mehr die Lehre ziehen, dass gesagt noch längst nicht getan ist. Denn wer so einen Stein putzen will, der muss ein dickes Fell haben und sich vorher auf den Amtsschimmel schwingen. Sprich - er muss Anträge stellen und Formulare ausfüllen.
Mit einem dicken Fell fühlt sich Malcherek eigentlich bestens ausgestattet, wogegen ihm das Amtsschimmelreiten doch einige Probleme bereitet. Los ging’s mit einem Schreiben an das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie samt einer Dokumentation zur Rolle der Bedeutung der Speckseite und der Frage nach dem einen oder anderen Tipp, wie die Aufgabe fachmännisch zu erledigen wäre.
Die Antwort folgte schon drei Wochen später. Mit dem Hinweis, dass die geplante Putzaktion löblich wäre aber natürlich einer behördlichen Genehmigung bedürfe. Er solle sich mit der Unteren Denkmalschutzbehörde in Verbindung setzen. Noch am selben Tag schrieb Malcherek - schon etwas genervt, weil ahnend, was auf ihn zukommen könnte - an selbe: „... Da ich nicht weiß, was ich Sie fragen soll, oder ob ich Antragsformulare brauche, frage ich hiermit mal nach, was ich Sie fragen soll.“
Sieben Tage später wurde der putzwillige Ascherslebener darüber informiert, dass er ein Antragsformular ausfüllen müsse, und das dies auf der Homepage des Salzlandkreises zu finden sei. In einem weiteren Brief an die Landkreis-Behörde schrieb Malcherek, dass er bei der Suche nach dem Formular zwar sehr viele andere Formulare entdeckt habe, das seiner Ansicht nach richtige aber nicht dabei gewesen wäre. Und deshalb bitte er um Zusendung eines - des richtigen - Formulars.
Das traf genau eine Woche später auch ein. So weit, so gut - jetzt ging’s ans Ausfüllen. In dreifacher Ausführung. Erste Zeile: Name des Bauherren. Malcherek trägt hinsichtlich des Aufstellers des Kulturdenkmals ein, dass er nicht wisse, wer den Stein vor vielleicht 4000 Jahren auf das Steinpackungsgrab gehievt habe. Auch dessen Vorname sei ihm unbekannt. In den nächsten Zeilen vermerkte Malcherek - immer noch Möchte-gern-Putzer - , dass er auch mit der Telefonnummer, der E-Mail-Adresse und auch nicht mit der Straße und Hausnummer des Bauherrn dienen könne.
So richtig dick kam’s dann auf Seite 2, wo die gleichzeitig mit dem Antragsformular einzureichenden Anlagen aufgeführt waren - ebenfalls in dreifacher Ausführung: Liegenschaftskarte, Lageplan im Maßstab 1:500, Bestandszeichnung (Maßstab 1:100), Bauzeichnung, Maßnahmebeschreibung, Erläuterung der Notwendigkeit der Maßnahme, Fotos u.s.w. - u.s.w.
Das war für den potenziellen Putzteufel Malcherek dann doch zu viel. Das lückenhafte Formular schickte er trotzdem ab. Und er teilte der Behörde mit, dass er den Stein doch ganz einfach nur von den Schmierereien befreien wolle, um ihn wieder ansehnlich aussehen zu lassen.
Zumindest bestätigte die Untere Denkmalschutzbehörde den Eingang des Formulars und bat noch einmal um Nachreichung der Angaben zum Bauherren, einer Vollmacht des Grundstückseigentümers, eine detaillierte Maßnahmebeschreibung und Angaben zur Reinigungstechnologie. Malcherek ließ den Briefwechsel Briefwechsel sein.
Die Zeit verstrich - bis die Behörde schließlich mitteilte, dass man den Antrag ablehne. Wegen fehlender Unterlagen. Der Ascherslebener Bernd Malcherek ist eben doch ein zu großer Ignorant und zu schlechter Amtsschimmelreiter. Die Speckseite putzen - das würde er aber immer noch gern. (mz)