Kritik an Arbeit der Führungsspitze
Giersleben/MZ. - Ursprünglich sollte in Giersleben der Bau- und Vergabeausschuss der Gemeinde tagen. Jedoch musste die Beratung abgesetzt werden. Der Grund: Hans-Jürgen Borchmann, Bürgermeister der Stadt Hecklingen und Leiter der gleichnamigen Verwaltungsgemeinschaft, hatte den Gierslebener Ausschussmitgliedern am Tag zuvor schriftlich mitgeteilt, dass kein Vertreter des Bauamtes der Stadt Hecklingen daran teilnehmen wird. Gierslebens Bürgermeister Benno Rietsch (SPD) setzte daraufhin die geplante Bauausschusssitzung ab und zum selben Termin eine Dringlichkeitssitzung des Gemeinderates an, um über nicht eingeleitete Bauaktivitäten, resultierend aus der mehrmaligen Nichtteilnahme des Hecklinger Bauamtes, zu beraten. Daran nahmen dann auch Vertreter des Bauamtes teil.
Welche negativen Auswirkungen mit dem Fehlen des Bauamtes für die Gemeinde Giersleben einhergehen, erklärte Benno Rietsch: "Absprachen konnten nicht getroffen und darauf aufbauende Beschlüsse nicht gefasst werden. So haben sich Vergaben für Bauaufträge verschoben. Das hat negative finanzielle Auswirkungen für die Gemeinde." Trotz zweifacher Aufforderung des Bürgermeisters habe sich seit Juni niemand mehr blicken lassen.
"Dabei hatte ich Hans-Jürgen Borchmann persönlich gebeten, jemanden zu schicken, nachdem zweimal niemand da war", berichtet die Vorsitzende des Gierslebener Bau- und Vergabeausschusses, Annemarie Reinhardt. "Hans-Jürgen Borchmann ist als Leiter der Verwaltungsgemeinschaft verpflichtet, jemanden zu beauftragen, wenn die Leiter krank oder im Urlaub sind. Ist die Führungsspitze verhindert, muss die Vertretung einspringen. Uns wurde gesagt, dass es eine solche gibt." Giersleben wird als Gemeinde von Hecklingen seit 2005 verwaltet und führt für diese Leistung jährlich eine sechsstellige Summe in Form einer monatlichen Umlage an die Verwaltung ab. "Hier in Giersleben sind wir alle ehrenamtlich in den Ausschüssen tätig. Wir sind auf das Wissen der hauptamtlichen Spezialisten in Hecklingen quasi angewiesen", so Annemarie Reinhardt weiter. Gerade in puncto Bauangelegenheiten müsse man sich auf die Kompetenz der Mitarbeiter verlassen können.
Aus Sicht der Gierslebener scheint es aber, als wolle die Leitung der Verwaltungsgemeinschaft in Hecklingen dies nicht zulassen. "Es kann nicht sein, dass unsere Gemeinde nicht arbeitsfähig ist, weil aus Hecklingen niemand geschickt wird", ist Benno Rietsch verärgert. Der Gierslebener Bürgermeister sah sich daher gezwungen, die Sache öffentlich zu machen. "Sonst kommen wir nicht voran", meint er und sprach Vorhaben an, die in Giersleben nicht wie geplant umgesetzt werden konnten. "Der Bau des Hochwasserschutzgrabens oberhalb der Lindenstraße ist dringend notwendig, sollte längst abgeschlossen sein und schleift, weil dem Ausschuss Zuarbeiten des Bauamtes fehlen." Dem Gemeinschaftsausschuss der Verwaltungsgemeinschaft sei diese Problematik bereits mehrfach mitgeteilt worden. "Die Verwaltung sollte auch den Hecklinger Stadtrat davon in Kenntnis setzen", erklärt der Bürgermeister, worauf man sich geeinigt hatte. Auch die Photovoltaikanlage auf dem Dach der Gierslebener Grundschule hätte jetzt im Sommer bereits grünen Strom in das Netz der Versorger einspeisen sollen. Das Ganze habe sich nach hinten verschoben, weil der Planer seitens der Verwaltung erst Monate nach dem entsprechenden Beschluss des Gierslebener Gemeinderates beauftragt wurde, begründet Benno Rietsch, warum das Projekt noch nicht umgesetzt werden konnte.
So habe die Gemeinde enorme finanzielle Verluste erleiden müssen. Weitere Kritikpunkte brachte Gemeinderat Kurt Hoffmann, Vorsitzender des Kulturausschusses der Gemeinde, an. "Das Ganze zieht sich durch wie ein roter Faden. Auch der Jugendclub sollte eigentlich schon offen sein." Jetzt hänge es an der fehlenden Betreuung. Seitens der Verwaltung werde keine Lösung gefunden. "Zudem konnten keine Kombinationsspielgeräte angeschafft werden. Hier warten wir auf die zugesagten Angebote." Auch zwei Tore für den Bolzplatz habe die Gemeinde aus diesem Grund noch nicht kaufen können. Annemarie Reinhardt fügt hinzu, dass seitens der Verwaltung auch noch keine Abnahme der Bauleistung im neu renovierten Kommunikationszentrum stattgefunden habe. "Hier kommen die ersten Bahnen der Tapete wieder runter. Da muss doch eine Abnahme erfolgen", kritisiert die Gemeinderätin.
Darüber hinaus fühlen sich die Gierslebener von der Führungsspitze im Rathaus unzureichend informiert. "Von einer bestehenden Schulbauförderung des Landes wurden wir nicht in Kenntnis gesetzt. Wir wussten auch nicht, dass die Stadtverwaltung dafür ein entsprechendes Konzept für die gesamte Verwaltungsgemeinschaft beim Landkreis eingereicht hat, welches präsentiert wird", ärgert sich Benno Rietsch. Er ist der Ansicht, dass die Leitung im Hecklinger Rathaus ihrer Aufgabe als Verwalter der Gemeinde Giersleben nicht richtig nachkommt und kündigte am Ende der Dringlichkeitssitzung an, die Zahlung der Umlage ab sofort einzustellen. Gemeinderat Peter Rietsch verwies darauf, dass sich die Kritik aber keinesfalls auf die Mitarbeiter der Verwaltung insgesamt beziehe. Seiner Ansicht nach liegt die Verantwortung ganz klar bei der Führungsspitze.
"Der Bürgermeister Hans-Jürgen Borchmann, seine Stellvertreterin Heike Ursel-Weißhaupt und die Leiterin des Bauamtes Sigrid Bleile sind hier in der Pflicht. Sie halten die Fäden in der Hand, müssen die notwendigen Aufgaben zur Verwaltung unserer Gemeinde koordinieren und alle Hebel in Bewegung setzen, dass der Gemeinderat arbeiten kann", so Peter Rietsch.