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Klingelton aus vergangenen Zeiten

Von MARION POCKLITZ 26.05.2010, 15:44

ASCHERSLEBEN/MZ. - Das "Fräulein vom Amt" oder die "Klingelfee" gibt es schon sehr lange nicht mehr. Doch jedes Mal, wenn Hans Kubiak an seinem OB 19 kurbelt, und damit das "Amt" anwählt, dann fehlt eigentlich nur noch die nette Stimme, die ihn fragt, mit wem er gern verbunden werden möchte.

Auch klingeln lässt er das Prachtstück seiner Telefonsammlung nur zu gern. Ab und zu wählt der gelernte Fernmeldebaumonteur dafür das gute Stück mit dem eigenen und weitaus moderneren Telefon an. Diese Aktion endet meist sehr entspannt und mit einem Klingelton aus längst vergessenen Zeiten. An der Wand hat der Ascherslebener das alte Telefon angebracht. Die Kurbel - es besitzt noch keine Wählscheibe -, das Mikrofon - höhenverstellbar - und auch der Hörer - der wie eine kleine goldene Pfanne aussieht - verleihen dem Stück etwas sehr Originelles.

Insgesamt 20 unterschiedliche alte Telefone hat er bereits gesammelt. Das alte OB 19 und auch das W 19 sind seine Lieblingsstücke. "Das W steht übrigens für Wahlapparat und die 19 für das Entwicklungsjahr. Diesen Apparat findet man nur noch in Museen oder in alten Filmen", erklärt der Sammler stolz. Alle Telefonapparate seiner Sammlung würden noch funktionieren. Das sei schließlich Ehrensache. Denn von der Pike auf gelernt hat er, wie ein Telefon funktioniert.

"Schon als Kind hat mich alles interessiert, was mit Elektrik zu tun hatte. Oft ist die Sicherung gekommen und mein Vater war nicht gerade erfreut darüber, wenn er eine neue dafür einschrauben durfte. So sollte ich lieber etwas lernen, was mit Schwachstrom funktioniert", verrät er schmunzelnd.

Und da blieb nicht mehr viel übrig außer Übertragungstechnik, Relaistechnik, Apparatetechnik, die Versorgung von Freileitungen und ebenso ein Lehrgang als Entstörer. "Ich weiß noch heute, wie tief ein Mastloch ist", lacht er. Praktikum in Berlin, Schule in Königs Wusterhausen - direkt unter einem Sendeturm, der für so manches Schauspiel bei Gewitter gesorgt hat - und dann die ländliche Übernahme der Vermittlungsstelle im Postamt Sandersleben - ließen ihn genug Erfahrungen mit Telefonen sammeln.

Nur ein eigenes Telefon zu Hause, das gab es auch für einen gelernten Fernmeldebaumonteur nicht. "Die waren schwer zu bekommen. Wir konnten sie reparieren oder kostenlos austauschen. Aus zwei macht eins, war da oft die Devise", sagt er. So ist er auch zu seinem ersten Sammlerstück gekommen. "Eigentlich wollte ich nur das Innenleben sehen", gibt er den wahren Grund zu, weshalb er ein Exemplar damals in seinen Schrank stellte. Doch dabei blieb es nicht. W 19 - ebenfalls ein sehr altes Liebhaberstück, W 38, W 58, W 61, W 63 und ein LF 700 gehören unter anderen zu seiner Sammlung. "Letzteres ist ein Telefon für die Chefetage. Laut hören, frei sprechen und mithören sind da möglich", zählt er die Vorteile auf.

Zu DDR-Zeiten durfte der Kunde, soweit das überhaupt möglich war, zwischen rot, grün oder grauen Telefonen wählen. Auch diese Exemplare besitzt er mittlerweile. "Die älteren Telefone sind allerdings nur in Schwarz zu haben", weiß Hans Kubiak. Und übrigens sei der W 38 nur mit einer Stoffschnur ein Original. "Auf Flohmärkten sieht es oft anders aus. Da haben Sammler einfach Wendelschnüre dran gebaut", spricht er aus Erfahrung.

Er lege Wert auf Originale. "Es gibt garantiert noch viele Modelle. Doch ich schränke mich ein und sammle nur die, die es zu DDR-Zeiten gab oder noch ältere", erklärt er mit Blick auf das alte OB 19 an der Wand.