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Fachhochschule Aschersleben Fachhochschule Aschersleben: Polizist auf Probe

Von Kristina Hammermann 27.03.2014, 18:19
Max Kruse lässt sich von Polizeioberkommissar Gerald Lutze einkleiden.
Max Kruse lässt sich von Polizeioberkommissar Gerald Lutze einkleiden. Frank Gehrmann Lizenz

Aschersleben/MZ - In einer nahezu überdimensionierten Montur steht der kleine Max da und weiß gar nicht so recht, wie er sich bewegen soll. Er ist komplett ausgerüstet mit einer Weste, einem Helm, Schlagstock und Schild - eben allem, was zu einer ganz normalen Einsatzausrüstung eines Polizisten dazu gehört.

Die alltäglichen Gegenstände und Fahrzeuge von Polizeibeamten

Der 13-Jährige aus Meisdorf ist einer von 40 Interessierten, die am Donnerstagvormittag die Möglichkeit hatten, in den Ausbildungsalltag der Fachhochschule (FH) Polizei Sachsen-Anhalt in Aschersleben hineinzuschnuppern. Max’ Gruppe ist gerade bei Polizeioberkommissar Gerald Lutze. Dieser zeigt den Jugendlichen heute nicht nur die Uniform, sondern auch die alltäglichen Gegenstände und Fahrzeuge von Polizeibeamten im Streifendienst.

Max könne sich zwar vorstellen, den Berufsweg des Polizeibeamten im späteren Leben einzuschlagen, allerdings: „habe ich dafür noch ein bisschen Zeit zum Überlegen.“

Anders ist das bei der 14-jährigen Marie-Theres Henning aus Ballenstedt. Denn sie ist sich sicher: „Ich möchte das später einmal studieren“. Die Neuntklässlerin befindet sich zusammen mit ihrer Gruppe auf dem Außentatortgelände der Fachhochschule und verfolgt aufmerksam die verschiedenen Stationen der Kriminalistik. Dort gibt es eine komplette Tatortwohnung mit Schlafzimmer, Küche, Stube und Büro. Hier werden reale Verbrechen nachgestellt; es wird nach Spuren gesucht und die inszenierten Fälle werden Schritt für Schritt aufgeklärt. So sollen die künftigen Polizisten für den Ernstfall trainiert werden. „Durch die in den Räumen montierten Kameras können Mitstudierende die Arbeit ihrer Kommilitonen verfolgen und sie dienen beim Training zur Selbstreflektion“, erklärt Kriminaloberkommissar Frank Stoll den neugierigen Jungen und Mädchen.

Angefangen hat es 2001 mit dem Girl’s Day - Mädchenzukunftstag. Ursprünglich war dieser Aktionstag dafür gedacht, dass junge Mädchen einmal im Jahr die Chance haben, einen Einblick in typisch männerorientierte Berufe zu erlangen. Somit sollte der Anteil der weiblichen Beschäftigten in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen erhöht werden.

Der Boys’ Day ist das Gegenstück zum Girls’ Day. Bundesweit gibt es diesen seit 2011. Vorreiter war aber bereits das Bundesland Brandenburg. Dort wird dieser Tag schon seit 2002 als „Zukunftstag für Mädchen UND Jungen“ bezeichnet.

Somit ist die Grenze zwischen frauen- und männertypischen Berufen mittlerweile wieder mehr verschwommen. Der Zukunftstag wurde dadurch eher zu einem Berufsorientierungstag für Mädchen und Jungen der Klassen fünf bis zehn. Für viele Firmen ist der Tag eine Chance, interessierte Jugendliche gezielt für bestimmte Ausbildungsberufe anzuwerben.

In dem Tatortwohnzimmer gibt es sogar einen einseitig durchsichtigen Spiegel, welcher so manchen von den Jugendlichen staunen ließ, da sie so etwas bisher nur aus Film und Fernsehen kannten.

Doch ansonsten unterscheidet sich der Polizeialltag erheblich von dem, was oft im Fernsehen gezeigt wird. Denn dort stehe meist die Aktion im Vordergrund, wobei Polizeikommissar Mike Franzelius betont: „80 Prozent der Handlungen werden bei uns eher durch Sprachkompetenzen entschärft.“ Während seiner gesamten Berufszeit habe er bisher alles mit Worten regeln können - auch wenn ihm das manche kaum glauben. Beim Handlungstraining erklärt er den interessierten Schülern, wie Polizisten komplexe Situationen ganzheitlich bewältigen.

Worauf es bei einer Polizeikontrolle ankommt

Was da teilweise so einfach aussieht, ist manchmal in Wirklichkeit wesentlich schwieriger. So musste sich beispielsweise der 14-jährige René Dahlke einer Polizeikontrolle unterziehen und Verhaltenstrainer Mike Franzelius erklärt dabei, worauf es genau ankommt: Die Person deutlich und laut ansprechen, einen gewissen Abstand einhalten und dabei immer mit allem rechnen. So könnte ein Täter beispielsweise plötzlich ein Messer oder eine andere Waffe ziehen und sein Gegenüber damit bedrohen. Stresssituation, die auch zum Alltag eines Polizeibeamten gehören. „Darauf bereiten wir hier in der Fachhochschule die angehenden Polizisten in einem anerkannten Bachelorstudiengang und einer dualen Ausbildung vor“, so Mike Franzelius.

Hinzu komme, dass jährlich etwa 4 000 Polizeibeamte die Fachhochschule Polizei in Aschersleben aufsuchen, um sich dort fortbilden zu lassen.

„Und seit 2002 bietet die Fachhochschule zusätzlich einmal im Jahr 40 freie Plätze im Rahmen des Zukunftstages für Mädchen und Jungen an. In der Regel für Acht- bis Zehntklässler. Dabei arbeiten wir auch mit dem Revierkommissariat zusammen“, so Martin Zimmermann, Pressesprecher der Schule. „Schade ist, dass immer wieder Schüler, die sich angemeldet haben, nicht erscheinen - und das auch noch unentschuldigt“. In Anbetracht der wenigen Plätze wäre es schön, wenn sich diejenigen im Vorfeld abmelden würden, um somit anderen der vielen Bewerber eine Chance zu geben, nachzurücken. Denn die Plätze seien heiß begehrt: „Es haben sich in etwa 110 beworben. Wir richten es aber immer den Kapazitäten entsprechend ein und können von daher nicht alle hierher einladen“, fügt Martin Zimmermann hinzu.

Erkennungsdienstliche Behandlung an der Fachhochschule in Aschersleben.
Erkennungsdienstliche Behandlung an der Fachhochschule in Aschersleben.
gehrmann Lizenz
Handlungstraining beim diesjährigen Zukunftstag
Handlungstraining beim diesjährigen Zukunftstag
gehrmann Lizenz