Wechsel nach 30 Jahren Die Astroklause im Kosmonautenviertel in Aschersleben hat neue Betreiber: Familie Rother übergibt an ein junges Paar

Aschersleben - „Wir geben unser Baby in eure Hände“, sagt Karin Rother mit einem Kloß im Hals. Sie und ihr Ehemann Lars Rother übergeben die „Astroklause“ im Ascherslebener Kosmonautenviertel nach 30 Jahren zum 1. Juli an ein junges Nachfolger-Pärchen.
Karin Rother war 27 Jahre alt, als sie die einst als „Café Kosmos“ bekannte Wohngebietsgaststätte übernahm. Christopher Morgenstern ist heute selbst gerade ein Jahr älter als seine Vorgängerin damals. Er verspricht, dieses Baby mit seiner neuen Partnerin Eszter Ujj nicht stiefmütterlich zu behandeln.
Christopher Morgenstern hat in Bad Harzburg gelernt und als Küchenchef gearbeitet
Der 28-Jährige ist Existenzgründer. Er stammt aus dem Seeland, hatte in Bad Harzburg Koch gelernt und einige Jahre in Niedersachsen als Küchenchef gearbeitet.
Er wollte nach Hause, um sich den Traum von einem eigenen Restaurant zu verwirklichen. Die Übergabe wurde mithilfe eines von EU und Land geförderten Projektes innerhalb eines Jahres angebahnt und durchgeführt.
„Wir haben gemeinsam mit dem Land das Projekt ExNa ins Leben gerufen, um Existenzgründer und Unternehmer, die einen Nachfolger suchen, zusammenzubringen“, erklärt Steffen Voß, Geschäftsführer der Eventus Wirtschaftsberatung, die in Magdeburg eine Außenstelle hat. Er sei vom Wirtschaftsförderer der Stadt Aschersleben auf die Suche der Familie Rother aufmerksam gemacht worden, berichtet er.
Aus einer Anfrage nach einem Arbeitsplatz entwickelte sich der Verkauf
Ihre Nachfolger fand die Familie allerdings selbst. Eszter Ujj war auf der Suche nach einem Job in der Astroklause, und die Familie Rother bot dem Paar schließlich die Gaststätte zum Kauf an. Über das ExNa-Projekt wurden das Konzept und ein Businessplan entwickelt sowie eine Bank zur Finanzierung gesucht. Christopher Morgenstern nahm an einem Gründerkurs teil, drückte noch einmal die Schulbank.
Im Rahmen dieses Projektes wurden bereits 100 Gründer und Bestandsunternehmen in Sachsen-Anhalt begleitet, berichtet Steffen Voß. Im vergangenen Jahr konnte über dieses Projekt bereits ein Heizungsbauunternehmen in Aschersleben einen Nachfolger finden, weist Voß hin.
Lars Rother will künftig bei der Bahn als Fahrdienstleiter arbeiten
Anhand der Potenzialanalyse, bei der die Stärken und Schwächen beleuchtet werden, entwickelt das Projekt Themen, die noch nicht so gut sitzen, schildert der Eventus-Chef. Bei manchen Existenzgründern sind das kaufmännische Fragen, bei anderen soziale und unternehmerische Komponenten oder Fragen der Digitalisierung.
Die Übergabe der Gaststätte habe nichts mit der Corona-Krise zu tun, betont Lars Rother. Er möchte nun seinen dritten Beruf erlernen und künftig bei der Deutschen Bahn als Fahrdienstleiter arbeiten, sagt Rother.
Er weiß, dass der Körper bei einem Job mit 50 bis 70 Stunden Arbeitszeit pro Woche irgendwann an Grenzen kommt. „Wenn man in der Gastronomie Geld verdienen möchte, dann muss man ein bisschen mehr arbeiten.“
Seine Ehefrau wird allerdings noch einige Zeit als Angestellte in der Astroklause weiterarbeiten. Die neuen Eigentümer sollen sich einarbeiten können, viele Gäste sind auch an Karin Rother gewöhnt.
„Wir empfehlen das immer. Da ist der Übergang für beide ein bisschen leichter“, so Voß. Ein fließender Übergang sei besser als ein harter Schnitt, findet auch Lars Rother. „Das ist der perfekte Fall“, betont Voß. Optimaler gehe es nicht.
Morgenstern hofft nun auf weitere Lockerungen, um wieder Familienfeiern auszurichten
Christopher Morgenstern hat schon mal beim Catering mitgemacht und ist rausgefahren. Er weiß, dass die 1963 gebaute Wohngebietsgaststätte gern für Familienfeiern genutzt wird, und hofft auf die nächsten Corona-Lockerungen.
Die Familie Rother hatte sich auf die Fahne geschrieben, etwas für gehobene Ansprüche mit einem herausragenden Service zu bieten. Christopher Morgenstern möchte die deutsche Küche ein wenig durch moderne Küche ergänzen. Grillabende, Dart-Events und kulinarische Themenwochen hat Christopher Morgenstern geplant.
„Es ist viel Herzblut drin“, sagt Karin Rother, wenn sie nach 30 Jahren ihr Baby abgibt. Aber Kinder, die das Haus mal übernehmen möchten, haben Rothers nicht. „Wir sind froh, es an junge Leute übergeben zu können.“
Sie weiß, dass die Astroklause bei dem Paar, das aus der Gastronomie kommt, in guten Händen ist und sie freut sich, ihr „Baby“ noch einmal von einer anderen Seite anschauen zu können. „Wir adoptieren es“, sagt Christopher Morgenstern bei der feierlichen Übergabe im kleinen Kreis. (mz)