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Dem stillen Tod entkommen Dem stillen Tod entkommen: War die Heizungsanlage trotz Wartung defekt?

Von Kerstin Beier 03.12.2019, 11:56
Sechs Menschen werden ins Klinikum gebracht.
Sechs Menschen werden ins Klinikum gebracht.

Aschersleben - Sechs Bewohner eines Mehrfamilienhauses in der Ascherslebener Bahnhofstraße mussten in der Nacht zum Montag mit Verdacht auf Kohlenmonoxidvergiftung ins Krankenhaus gebracht werden. Zwei Mieter hatten zuvor an Übelkeit und Benommenheit gelitten und riefen medizinische Hilfe. Damit retteten sie sich selbst und womöglich auch ihren Mitmietern - inklusive einem Baby - das Leben. Denn die CO-Warner, die am Notfallrucksack der herbeigerufenen Rettungssanitäter befestigt sind, hatten schon im Eingangsbereich des Gebäudes angeschlagen.

Die Rettungskräfte des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) brachten alle sechs Personen ins Krankenhaus und alarmierten die freiwillige Feuerwehr, die auch Haustiere, eine Katze und zwei Kaninchen, in Sicherheit bringen konnten. Sie wurden in die Obhut des Tierheims gegeben.

Dem stillen Tod entkommen: Toxisches Gas wird nicht wahrgenommen

Die Messungen, die die Feuerwehrleute unter Atemschutz vornahmen, bestätigten den Verdacht: Laut Einsatzleiter Andreas Heinze ermittelten die Feuerwehrleute bis zu 15-fach erhöhte Kohlenmonoxid-Konzentrationen. Das toxische Gas ist farb-, geruch- und geschmacklos und wird deshalb nicht wahrgenommen, wenn es austritt. Das macht es so gefährlich.

„Die Leute werden müde, schlafen ein und wachen nicht wieder auf“, erklärt Heinze, „man nennt das auch den stillen Tod.“

Das Gas entsteht, wenn Kohle, Gas oder Benzin infolge unzureichender Sauerstoffzufuhr nicht vollständig verbrennt.

Dem stillen Tod entkommen: Polizei ermittelt zur Ursache

Was an der Heizungsanlage in dem Drei-Familien-Haus nicht gestimmt hat, ist nun Gegenstand polizeilicher Ermittlungen. Nach Aussagen der Vermieterin ist die Anlage erst vor kurzem gewartet worden. Sichtlich schockiert steht sie mitten in der Nacht vor dem Haus.

„Geht es allen gut?“ ist ihre erste Frage an die Rettungskräfte, ehe sie sich über den Stand der Dinge informieren lässt. Sie möchte sich gar nicht ausmalen, wie diese Nacht für sechs Menschen hätte enden können.

Vor wenigen Tagen erst hatte sie von einem ähnlichen Unglück irgendwo in der Bundesrepublik gelesen und sich vorgenommen, kombinierte Brand-Gas-Warner einbauen zu lassen. „Aber so schnell war ich nicht. So was kann doch keiner ahnen“, sagt sie fassungslos.

Dem stillen Tod entkommen: Seltener Einsatz für die Feuerwehr

Noch in der Nacht war neben Rettungskräften, Feuerwehr und Polizei auch ein Mitarbeiter der Stadtwerke vor Ort, der die Anlage in Augenschein nahm und die Gaszufuhr unterbrochen hatte. Anschließend begannen die Feuerwehrleute, das Gebäude zu belüften.

Bis gegen 2.45 Uhr dauerte der Einsatz, der auch für die erfahrenen Feuerwehrleute ein seltener war. „So ein- bis zweimal im Jahr kommt das schon vor, aber nicht in dem Ausmaß“, sagt Einsatzleiter Heinze.

Dem stillen Tod entkommen: Informationskette hat funktioniert

Daniel Schweigert, der Leiter des Rettungsdiensts, bestätigt das. Oft entstünden derartige Gefahrensituationen eher durch Leichtsinn, etwa wenn Grills in Lauben betrieben werden oder in suizidaler Absicht.

Er ist wie alle anderen erleichtert, dass es nicht zur Katastrophe gekommen ist und die Informationskette funktioniert hat. Die Notfallrucksäcke mit CO-Warnern auszurüsten ist nach seinen Worten nicht gesetzlich vorgeschrieben. „Wir haben uns vor einigen Jahren dafür entschieden, um Vergiftungsgefahren schnell zu erkennen und auch unsere eigenen Leute zu schützen“, erklärt Schweigert. Inzwischen hätten sich die Geräte aber als Standard etabliert.

Laut Polizeisprecher Marko Kopitz ist die Heizungsanlage am Montag wieder freigegeben und von einer Fachfirma repariert worden. Die Ermittlungen laufen noch. (mz)

Eine Katze und zwei Kaninchen werden in Sicherheit gebracht.
Eine Katze und zwei Kaninchen werden in Sicherheit gebracht.
Gehrmann