1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Concordia See: Concordia See: Freigabe für touristische Nutzung erneut gescheitert

Concordia See Concordia See: Freigabe für touristische Nutzung erneut gescheitert

Von Sophie Elstner 12.07.2017, 17:01
Der Concordia See darf weiterhin nicht touristisch genutzt werden.
Der Concordia See darf weiterhin nicht touristisch genutzt werden. Frank Gehrmann

Schadeleben - Enttäuschung macht sich breit im Seeland, seit bekannt wurde, dass die Teilfreigabe des Concordiasees für die touristische Nutzung nicht wie geplant in diesem Jahr stattfinden kann. „Es gibt intensiven Erläuterungsbedarf“, begründet Uwe Steinhuber, Pressesprecher der mit der Sanierung beauftragten Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV), diesen Schritt. In den nächsten Wochen wollen Fachleute der LMBV und des Landesamtes für Geologie und Bergwesen (LAGB) beraten.

„Es gibt eine Fülle von Fragen vom LAGB, deren Beantwortung sehr viel Zeit in Anspruch nimmt“, so Steinhuber. Die Behörde wolle nach dem letzten Erdrutsch im Juni 2016 sichergehen, dass nach der Sanierung auch wirklich keine Gefahr mehr bestehe. „Nun wird jedes noch so kleine Detail besonders gewissenhaft beleuchtet“, sagt der Pressesprecher der LMBV. „Und das ist ohne Frage berechtigt.“

Heidrun Meyer, Bürgermeisterin der Stadt Seeland, bezeichnet die erneute Verschiebung der Freigabe als eine „herbe Enttäuschung“. Es sei allerdings wichtig zu wissen, dass alles genau unter die Lupe genommen werde. Nachdem im Juni 2016 ein Seilbagger in den Concordiasee gestürzt war, wurde dem Bergamt ein Gutachten übergeben und von der Behörde ausgewertet. „Im August soll ein Treffen stattfinden, bei dem wir Informationen darüber bekommen, wie es nun weitergehen soll“, sagt die Seeland-Bürgermeisterin.

„Masterplan“ zur touristischen Nutzung des Concordia Sees

Entsprechend der Aussagen des LAGB werde dann der „Masterplan“ zur touristischen Nutzung erneut angepasst. „Den Plan wollen wir endlich der Öffentlichkeit vorstellen, aber das können wir nicht, wenn wir nicht wissen, ob wir ihn tatsächlich so umsetzen können“, erklärt Heidrun Meyer. Sie wolle das LAGB zu keiner Entscheidung drängen, fordert aber, dass ein Zeitplan für die weiteren Abläufe aufgestellt wird. „Wir brauchen eine Sicherheit, an der wir uns orientieren können“, so die Bürgermeisterin. „Aber wenn die Fachleute ihre Zeit brauchen, dann ist das nun mal nicht zu ändern. Es gilt schließlich, ein erneutes Unglück zu verhindern.“ Das Projekt Concordiasee dürfe trotzdem nicht zu einer „unendlichen Geschichte“ werden.

Antje Gödecke sieht das ähnlich. Sie betreibt das Ausflugsrestaurant „Arche Noah“ am Nordufer des Sees bei Schadeleben. „Trotz dieser Entscheidung haben wir immer geöffnet“, sagt die Wirtin. „Wir kriegen das schon seit der Sperrung des Sees vor acht Jahren hin, und wir machen einfach immer weiter.“

Erdreich am östlichen Ufer des Concordiasees wird verdichtet

Unterdessen gehen die Arbeiten am östlichen Ufer des Concordiasees weiter. Mittels eines speziellen Krans wird im Moment dort das Erdreich verdichtet - mit Hilfe von Vibrationen bis in eine Tiefe von 35 Metern. Viele hundert Punkte bearbeitet die Maschine insgesamt, einen nach dem anderen, im Durchschnitt dauert das pro Loch etwa zwei Stunden. In gut zwei Wochen wird der Rüttler, wie ihn Fachleute nennen, weiter nach Süden versetzt.

„Zudem wird am Rutschungskessel nahe Nachterstedt, der bei dem Unglück 2009 entstanden ist, gerade oberhalb Material abgetragen und unterhalb wieder angefüllt, damit die neue Böschung den Einflüssen von Wind, Wellen und Wasserdruck stand hält“, erklärt Sanierungsmanager Dietmar Onnasch. Er betont: „Nur, weil wir laut Planungen 2018 mit den Rüttelarbeiten fertig sind, heißt das nicht, dass der See dann teilweise freigegeben werden kann.“ Man habe in der Vergangenheit den Fehler gemacht und einen Freigabetermin genannt. Das solle nicht noch einmal passieren, bevor nicht alle Risiken zu 100 Prozent ausgeschlossen werden können.

Chronologie des Concordia Sees bei Nachterstedt

Mitte des 19. Jahrhunderts begann man, die Braunkohle im Raum Aschersleben nicht mehr im Tiefbau, sondern im Tagebaubetrieb zu gewinnen. Nachterstedt war einer der ersten größeren Tagebaue im Mitteldeutschen Revier. Zwischen 1920 und 1930 wurde die Siedlung „Am Ring“ auf einer Kippenfläche am Rande des Tagebaus errichtet. Mitte der 1930er Jahre entstanden südwestlich des Tagebaufeldes weitere 140 Bergarbeiterhäuser.

Durch ein Böschungsversagen am Südrand des teilweise schon sanierten Restlochs Nachterstedt rutschten 2009 drei Doppelhaushälften der Siedling „Am Ring“ in die Grube ab. Bei diesem Unglück verloren drei Bewohner ihr Leben. Insgesamt gerieten rund 4,5 Millionen Kubikmeter Erdreich in Bewegung, wodurch ein gewaltiger Rutschungskessel entstand. Bei Sanierungsarbeiten gab es Ende Juni 2016 einen erneuten Erdrutsch. (mz)

Sanierungsmanager Dietmar Onnasch zeigt, wo am Rutschungskessel gerade gearbeitet wird.
Sanierungsmanager Dietmar Onnasch zeigt, wo am Rutschungskessel gerade gearbeitet wird.
Sophie Elstner