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Cochstedter verlieren ihren Hausarzt

Von Dennis Lotzmann und Hajo Mann 01.07.2005, 18:43

Cochstedt/MZ. - Ralf Schmidtke zuckt mit den Schultern und wirbt um Verständnis: "Es geht aus gesundheitlichen und auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen einfach nicht anders." Der 51-Jährige Diplom-Mediziner aus Schadeleben hat die am Freitag geschlossene Praxis in Cochstedt bislang als Zweigstelle betrieben. Sie nun zu schließen, sei ein Schritt, über den er lange nachgedacht habe und der ihm auch viele schlaflose Nächte bereitet habe. Denn betroffen seien, das ist Schmidtke sehr wohl klar, vor allem die älteren Patienten aus Cochstedt, die oft gar kein Auto haben: "Mir tun die Leute echt Leid, aber was soll ich machen, wenn ich die Unkosten einfach nicht mehr tragen kann."

So habe er keine andere Lösung gesehen, als dem 64-jährigen Kollegen Lutz Schubert, drei Schwestern sowie einer Reinigungskraft zu kündigen und das Praxisschild abzuschrauben. Ob es jemals wieder angeschraubt werden kann? "Ich hoffe, dass ein Nachfolger gefunden wird und würde ihm oder ihr die 1996 völlig neu eingerichtete Praxis auch so überlassen", nickt Schmidtke - wohl wissend, dass dies wohl eher ein Wunschgedanke ist und bleibt.

Das befürchtet auch Heike Teske aus Cochstedt. Die 45-Jährige betreibt einen Krankenpflegedienst und hat, wie man immer so schön sagt, das Ohr an der Basis. "Es gibt schon Unruhe", weiß sie aus Gesprächen mit Patienten, die sich nun neu orientieren müssen. "Die Leute können den Doktor schon verstehen, sauer sind sie aber trotzdem." Da es in der ganzen Umgebung schlecht aussehe mit Ärzten, bleibe den Cochstedtern wohl keine andere Wahl, als in die Schadelebener Praxis zu fahren. Zwar gebe es zwischen beiden Orten eine Busverbindung, aber "viele Alte können nicht mal mehr Bus fahren", weiß die Pflegerin.

So sieht Heike Teske vorerst nur eine Lösung: Nächste Woche will sie von ihren Patienten die Chip-Karten einsammeln und sie in der Schadelebener Praxis einlesen lassen, um dann zu hoffen, dass Schmidtke zumindest noch Hausbesuche absolviert in Cochstedt.

Schmidtke ließ dies am Freitag ausdrücklich offen. "Ich muss sehen, wie sich alles entwickelt", so der 51-Jährige, der selbst gesundheitlich angeschlagen wirkt. Das ist auch Heike Teske nicht verborgen geblieben: "Ja, er sieht schlecht aus, ziemlich mitgenommen."

Vorerst hofft Schmidtke nur auf Verständnis bei seinen Patienten. Doch wie lange noch? Sicher ist, dass die Suche nach einem Allgemeinmediziner rund um Schadeleben in der Zukunft keineswegs einfacher wird. Schmidtke: "Die Praxis in Schneidlingen ist seit vorigem Jahr dicht und im kommenden Jahr wird wohl mein Kollege in Frose aufhören." Einziger Lichtblick sei Gatersleben - die dortige Praxis soll, nachdem sie altersbedingt geschlossen worden war, im Herbst neu eröffnet werden.