1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Christliches Kinderhaus Quedlinburg: Christliches Kinderhaus Quedlinburg: «Unser Spielzeug ist im Urlaub»

Christliches Kinderhaus Quedlinburg Christliches Kinderhaus Quedlinburg: «Unser Spielzeug ist im Urlaub»

Von Esther Engel 30.12.2002, 16:21

Quedlinburg/MZ. - "Kreativzeit", mit dem Untertitel "spielzeugfreie Zeit", heißt das ungewöhnliche Projekt, das Kinder und Erzieher im Christlichen Kinderhaus beschäftigt.

Drei Wochen lang ist alles konventionelle Spielzeug aus Schränken, Kisten und Schubladen verschwunden. Genau wie Jonas Hommers haben alle Kinder ihr Spielzeug in den Urlaub geschickt. Teddys, Puppen, Autos und die anderen Spielsachen türmen sich auf dem Dachboden des Hauses. Erlaubt ist in dieser Zeit nur, was Fantasie und Kreativität fördert. Dazu gehören Stifte, Papier, Schere, Knete, Wolldecken, Tische, Stühle, Bausteine und herbstliche Bastelmaterialien. "Die Kreativzeit und spielzeugfreie Zeit will einen Prozess in Gang setzen", erklärt Andrea Skibak, Leiterin der Einrichtung, den Hintergrund des Projektes. Durch das Fehlen aller konventioneller Spielsachen und vorgefertigter Bastelutensilien müssen die Kinder selbst Spiel- und Bastelideen entwickeln und umsetzen. Dabei sollen eigene Stärken und Schwächen erkannt werden und es gilt, Lösungswege aus Konfliktsituationen zu finden. Das Projekt will die Gemeinschaft der Kinder stärken, gleichzeitig aber auch die Selbständigkeit jedes Einzelnen fördern. Sprache ist in der spielzeugfreien Zeit ein ganz wichtiges Kommunikationsmittel.

Was das Projekt erreichen will, kann Andrea Skibak an Jonas zeigen. Der Fünfjährige hat kein Würfelspiel - aber Papier, Stifte und die herbstlichen Naturschätze. Damit hat er sein eigenes Würfelspiel gestaltet. Auf ein großes Blatt Papier hat Jonas einen Spielplan gemalt und aus halben Walnussschalen kleine Boote mit bunten Papiersegeln an Zahnstochern als Spielfiguren gebastelt. Der Würfel ist aus einem Stück Holz. Auf sein eigenes Spiel ist Jonas sichtlich stolz, und auch den Spielkameraden scheinen die "normalen" Würfelspiele nicht zu fehlen.

Andrea Skibak und ihre Mitarbeiterinnen haben sich für das Projekt die Unterstützung von Sozialpädagogen geholt. "Das Spiel der Kinder ist intensiver und ausdauernder geworden", erzählt die Leiterin über erste Ergebnisse der spielzeugfreien Zeit. Für die Erzieherinnen bietet es zudem die Möglichkeit der intensiven Beobachtung, da sie sich weitgehend zurücknehmen, aber weiterhin Ansprechpartner und Vertrauensperson der Kinder bleiben.

Andrea Skibak sieht in der "Kreativzeit" eine Bereicherung der täglichen Arbeit. Und bei den ersten, positiven Ergebnissen möchte sie es nicht belassen und deshalb das Projekt "Spielzeugfreie Zeit" jährlich wiederholen und auch den Zeitrahmen erweitern.