Innenstadt Breite Straße in Aschersleben: Evangelische Kirche plant Gemeindezentrum in ehemaligem Kaufhaus

Aschersleben - Gut - der Turm der Ascherslebener Stephanikirche ist nicht zu übersehen. Trotzdem will die evangelische Kirche näher an die Menschen heranrücken, sichtbarer sein, öffentlicher werden und noch mehr Angebote machen. Als sich jetzt die Gelegenheit ergab, das Ascherslebener Gewandhaus in der Breiten Straße zu kaufen, griff die Kirche zu.
„Der Vertrag ist unterschrieben“, sagt Pfarrer Holger Holtz. Aus dem ehemaligen Kaufhaus, in dem derzeit noch ein Schuhgeschäft ansässig ist - das demnächst aber in das ehemalige Ladengeschäft Wermuth umzieht - soll ein Gemeindezentrum des Ascherslebener Kirchspiels werden.
„Wir wollen dort die klassische Kirchenarbeit verlassen“
Mit unterschiedlichsten Angeboten. Und vor allem für die Öffentlichkeit. „Wir wollen mit diesem Haus die klassische Kirchenarbeit verlassen“, so Holtz. Die Idee, ein solches Gemeindezentrum einzurichten, sei nicht ganz neu. Seit Jahren habe sie die Gemeindemitglieder beschäftigt, erklärt der Pfarrer.
Vor allem deshalb, weil der sogenannte Tie-Saal, in dem derzeit noch ein großer Teil der Gemeindearbeit stattfindet, längst in die Jahre gekommen, zu klein und nicht mehr zeitgemäß ist. Der Tie-Saal werde dann auch nicht mehr gebraucht, wenn erst das Haus in der Breiten Straße in Betrieb geht.
Der Tie-Saal ist nicht mehr zeitgemäß und zu klein
Wann das ist, das könne er noch nicht sagen, so Holtz. Eventuell 2020. Auf alle Fälle solle nichts auf die lange Bank geschoben, aber auch nichts übers Knie gebrochen werden.
Es müsse noch einiges an Arbeit geleistet werden, bis dort unter anderem die Kinder- und Jugendgruppen, die Kantorei, der Chor und Gesprächskreise einziehen können. Genutzt werden sollen vorerst das Erdgeschoss - inklusive des dort um das Jahr 1900 eingebauten Galerie-Geschosses - und die erste Etage. Das Dachgeschoss sei dagegen bei weitem noch nicht nutzbar.
Geschlossenes Café „Gewandhaus“ könnte Begegnungsstätte werden
Außerdem suche man nach einer konzeptionellen Lösung, um auch das seit längerem geschlossene ehemalige Café „Gewandhaus“ am Scharren betreiben zu können. Eventuell als öffentliche Begegnungsstätte.
„Die Dimension des Projektes ist natürlich etwas völlig Neues für uns “, sagt Holtz. Und er verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Unterstützung des Kirchenkreises Egeln und der Evangelischen Landeskirche. Die haben den Ascherslebenern schon beim Kauf des Hauses finanziell unter die Arme gegriffen.
Kirche will mit potenzielle Partner n über Nutzung des Hauses reden
Zum Nutzungskonzept soll auch die Zusammenarbeit mit Partnern gehören. Beispielsweise mit unterschiedlichsten Vereinen der Stadt. Der Fantasie und dem Ideenreichtum seien da keine Grenzen gesetzt, ist sich Holtz sicher. Unter anderem könne er sich vorstellen, dass man potenzielle Partner während der Phase der Umgestaltung des Hauses einlädt, um mit ihnen gemeinsam Ideen der Zusammenarbeit zu entwickeln.
An der historische Bausubstanz des 1998 bis 2000 sanierten Gebäudes soll nichts geändert werden. Bis Ende des 15. Jahrhunderts stand hier das Gewandhaus der Tuchmachergilde mit Stoff- und Tuchverkauf, Ratsstube und Ratskeller, ist auf einer Informationstafel an der Fassade zu lesen.
Im 30-jährigen Krieg wurde es als Pferdestall genutzt , später auch als Brauhaus. 1875 wurde es zu einem Kaufhaus umgebaut, in dem Modewaren angeboten wurden. Der jüdische Kaufmann Isidor Hirsch erneuerte das Kaufhaus. Ab 1922 wurden Glas- und Luxusartikel angeboten. Heute ist älteren Ascherslebenern auch noch der Name Kaufhaus Quenzel ein Begriff. Und von 1970 bis 1990 war es das HO-Kaufhaus der „1000 kleinen Dinge“. Übrigens - im Jahr 1737 war im Dachgeschoss auch schon einmal eine katholische Garnisonskirche untergebracht.
(mz)