Bauhaus-Schüler Hans Gerhardt Richter Bauhaus-Schüler Hans Gerhardt Richter aus Aschersleben: Ehepaar will 100 Gemälde verschenken

Aschersleben - Bisher war der Name Hans Gerhardt Richter in Aschersleben nur noch wenigen Insidern ein Begriff. Vielleicht macht der Stuttgarter Verleger, Galerist, Kurator und Sammler Reinhard Schultz die Ascherslebener demnächst näher mit dem hier geborenen Maler, Zeichner und Grafiker Hans Richter bekannt.
Zumindest kann sich Schultz vorstellen, eine Ausstellung mit Werken aus dem Nachlass des 1975 verstorbenen Ascherslebener Künstlers - beispielsweise im Grauen Hof - auf die Beine zu stellen. Außerdem gab es kürzlich eine Anfrage an das städtische Museum, ob man dort Interesse an einer Übernahme des Richter-Nachlasses habe, bestätigte Museumsleiterin Luisa Töpel der Mitteldeutschen Zeitung.
Nachlass im Besitz eins Ehepaaares
Seit Jahrzehnten lagern die über 100 Gemälde und Zeichnungen - von der Öffentlichkeit ungesehen - auf einem Dachboden. Sie waren nach dem Tod von Richters Ehefrau Luisa durch eine Erbschaft in den Besitz des damaligen Ascherslebener Pfarrers Eckhard Altmann und dessen Frau Cornelia gekommen. Wie Cornelia Altmann am Montag der Mitteldeutschen Zeitung sagte, mache eine Übergabe an das Museum aber nur Sinn, wenn die Bilder nicht auf Nimmerwiedersehen im Depot verschwinden. Gegenwärtig sei sie noch - gemeinsam mit dem europaweit etablierten Ausstellungsmacher Reinhard Schultz - in einer Findungsphase, was mit dem Nachlass wirklich geschehen solle.
Museumsleiterin Töpel kann dem Gedanken einer Nachlass-Übernahme durchaus etwas abgewinnen. Egal ob als Schenkung, ständige Leihgabe oder - als ungünstigste Variante - als bezahlbaren Ankauf. Platz, um die Werke unterzubringen, sei jedenfalls vorhanden. „Eine ständige Richter-Ausstellung, wie sie sich möglicherweise die Eigentümerin vorstellt, kann das Museum allerdings nicht leisten“, schränkt die Museums-Chefin ein.
Geboren im Jahr 1900 in Aschersleben
Warum Hans Gerhardt Richter auf der eher überschaubaren Ascherslebener Kunstszene bisher so gut wie keine Beachtung gefunden hat, dürfte vor allem seiner - an mehreren Stellen vagen - Biografie geschuldet sein. Dabei hatte der seinerzeit junge Ascherslebener fast schon ideale Startbedingungen, um als Künstler auch später nicht in der Versenkung zu verschwinden.
Im Jahr 1900 als Sohn von Paul Richter, einem Zeichner in der Ascherslebener Firma Bestehorn, geboren, begann er als 21-Jähriger ein Studium an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg. Daran schloss sich eine zweijährige Ausbildung (1924-1925) am berühmten Bauhaus in Weimar an. Wie aus einem Brief des Leiters des Bauhauses Dessau, Dr. Georg Opitz, aus dem Jahr 1977 an Hans Richters Witwe hervorgeht, gehörten in Weimar die berühmten Bauhaus-Meister Paul Klee, Wassily Kandinsky und Lyonel Feininger zu Richters Lehrern.
Wurde Atelier von den Nazis geschlossen?
Nach der Ausbildung kehrte Richter nach Aschersleben zurück. Er eröffnete ein eigenes Atelier. Dieses soll im Zuge der Kampagne „Entartete Kunst“, mit der die Nationalsozialisten die Moderne Kunst diffamierten, geschlossen worden sein. Wahrscheinlich war schon das das Ende vom Traum des Ascherslebeners, ein etablierter Maler zu werden. Zumindest ist von ihm aus der Zeit bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges so gut wie nichts mehr bekannt. Aus der Zeit danach lediglich die Arbeit einer Buchillustration zu einer Ausgabe der Anderson-Märchen (1946).
Zu DDR-Zeiten soll sich Hans Richter, wie der Ascherslebener Fred Kollwitz erzählt, künstlerisch nicht auf die Linie des mehr oder weniger verordneten Sozialistischen Realismus eingelassen haben. Auch wenn sich sein Name in einem Verzeichnis der Mitglieder des Verbandes Bildender Künstler der DDR findet. Die Eltern von Fred Kollwitz waren mit der Familie Richter befreundet, er selbst hat den Maler oft besucht. Wie Kollwitz berichtet, habe dieser zwar weiter gemalt, sei öffentlich aber kaum in Erscheinung getreten. Öffentliche Aufträge, die den Maler als Freischaffenden über Wasser gehalten hätten, gab es für Richter offenbar nicht mehr. Seinen Lebensunterhalt bestritt Hans Richter deshalb bis zum Rentenalter als Zeichenlehrer ohne pädagogische Ausbildung an der Ascherslebener Burgschule. „Das war für den Künstler Richter keine leichte Zeit“, sagt Kollwitz und erklärt, dass Richters Naturell alles andere als das eines Lehrers gewesen sei.
Mit einem Schmunzeln bestätigt das auch die Ascherslebenerin Sigrid Lüdicke. Sie sei als junge Lehrerin 1961 an die Burgschule gekommen und habe dort auch Hans Richter als Kollegen kennengelernt. „Wenn der mal schnell und wie nebenbei eine Zeichnung zu Papier brachte, dann hat mich das schon beeindruckt“, erinnert sie sich. Sigrid Lüdicke erinnert sich aber auch daran, dass der Zeichenlehrer Richter bei den Schülern - gelinde gesagt - einen eher schweren Stand hatte. Der sei eben durch und durch Künstler gewesen - ohne jegliches Talent zum Pädagogen.
Ob die Stadt Aschersleben Hans Richters Kunst tatsächlich in Besitz nehmen wird, hängt jetzt unter anderem davon ab, ob sich Eigentümerin und Museum - oder eine anderen städtische Einrichtung - auf einen Kompromiss einigen, mit dem beide Seiten leben können. Übrigens gehören zu Richters Nachlass auch Werke von befreundeten Künstlern. Darunter Hofer, Pechstein, Schmidt-Rottluff und Buhe. (mz)
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Geboren wurde Hans Richter am 11. April 1900 in Aschersleben als Sohn von Paul und Roberta (geb. Engel) Richter.
Im Jahr 1916 wurde er zur Reichswehr eingezogen und zog in den 1. Weltkrieg. Von 1919 bis 1921 soll er eine Lehre absolviert haben. In welchem Beruf, ist nicht bekannt. Es folgte die akademisch-künstlerische Ausbildung in Magdeburg und Weimar.
Im Nationalsozialismus erhielt er Berufsverbot. Sein Ascherslebener Atelier wurde geschlossen. Hans Richter nahm aber in dieser Zeit Gesangsunterricht.
In der DDR trat der Maler öffentlich kaum noch in Erscheinung. Er starb am 22. September 1975 in Aschersleben.