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Aschersleben Aschersleben: Vom Goldbroilerkönig zum Fotografen

Von ELFI SCHURTZMANN 19.10.2011, 19:29

ASCHERSLEBEN/MZ. - Das Fotofachgeschäft in der Taubenstraße war seit fast 78 Jahren in Sachen rund ums Foto eine feste Adresse. Pass-, Freundschafts- oder Hochzeitsbilder und alles, was für ein gutes Foto benötigt wird, gab es noch bis vor kurzem im Laden von Christel und Frank Olaf Blösch in der Taubenstraße 13 zu kaufen. Nun hat sich das Ehepaar endgültig aus dem Geschäftsleben zurückgezogen.

Mit einem weinenden und einem lachenden Auge haben sie sich in den Ruhestand verabschiedet. Frank Olaf Blösch ist bereits seit drei Jahren Rentner, seine Frau erreichte das Rentenalter im vergangenen Jahr.

Das Alter sieht man beiden nicht an und man will es auch kaum glauben, dass sie sich fortan aufs Altenteil zurückziehen werden. "Wir haben noch so viel vor. Reisen, die freie Zeit genießen und uns mit Freunden und Bekannten treffen", sagen die Eheleute. Und während man sich bei einem Espresso im gegenüberliegenden Café trifft, wird deutlich, dass Blöschs stadtbekannt sind. Immer wieder kommen Leute vorbei, grüßen und sind aber auch etwas verwundert, beide schon am Morgen in einem Kaffeehaus sitzen zu sehen. "Das ist auch ein Novum für uns", gesteht Christel Blösch. Denn in den vergangenen Berufsjahren war das für beide unmöglich.

Seit 49 Jahren im Laden

Ein wenig Wehmut klingt schon in beider Stimmen, wenn sie an 78 Jahre "foto Hohenstein" denken. Am 15. November 1933 eröffneten die Eltern von Christel Blösch ein Fotogeschäft in Aschersleben, damals noch am Hennebrunnen in der heutigen Bäckerei Behrens. "Meine Mutter war eine gelernte Lichtbildnerin. Sie hat ihre Ausbildung in einem Tageslichtstudio absolviert. Das Licht kam von oben und musste mit Seilzügen reguliert werden", erinnert sie sich. Im eigenen Labor wurden Filme entwickelt und alles, was man für die Fotografie brauchte, wurde im Geschäft angeboten. Nach nur einem Jahr zog der Laden in die Taubenstraße um, in das heutige Optikergeschäft Fielmann. Erst 1943 kaufte Werner Hohenstein das Haus Nummer 13 gegenüber. Früher war hier mal ein Goldschmied drin, später die Konditorei Geise. 1947 zogen die Hohensteins dann mit Sack und Pack dorthin. Hier wurde ein Studio eingerichtet. 1948 erhielten beide dann einen Meisterbrief. "Das Arbeitspensum war kaum zu schaffen. Fotografieren kam nach dem Krieg in Mode.

Am 1. September 1962 begann ich mit meiner Fotofachhändlerlehre. Das war vor exakt 49 Jahren", berichtet Christel Blösch weiter. Es sei nicht einfach gewesen, unter Vaters Fittichen eine Ausbildung zu absolvieren. Immer habe sie alles wissen und alles können müssen, erzählt sie. 1969 lernte sie ihren späteren Mann Frank Olaf Blösch, genau zum 20. Jahrestag der DDR, in Berlin kennen. Ein Jahr später war Hochzeit. Blösch hat in der Gastronomie gearbeitet und in Leipzig Gastronomie studiert. "Ich war der erste Goldbroiler-König von Berlin, war Geschäftsführer der gastronomischen Einrichtungen im Haus des Lehrers und der Kongresshalle und als gastronomischer Leiter für die Organisation und Durchführung der Opernbälle in der Staatsoper zu Berlin verantwortlich", erinnert sich Blösch. Das war 1971 und 1972 und die ganze Familie hat damals mitgeholfen, ergänzt Ehefrau Christel.

Da es mit einer Wohnung in Berlin nicht geklappt hat, stiegen Blöschs 1972 ins Geschäfts in Aschersleben mit ein. Da das größte Hobby von Frank Olaf Blösch das Fotografieren war, absolvierte er eine Fotografenlehre bei den Hohensteins und legte mit dem Meisterabschluss 1978 nach, um später einmal das Geschäft übernehmen zu können. 1975 gab der Vater den Staffelstab ab, so dass das junge Ehepaar den Laden zum 1. Januar 1976 übernehmen konnte. Damals hätten sie viel geleistet und ausprobiert. Zum Beispiel Farbfilme selber entwickelt, Entwicklungsgeräte hergestellt, von Großformat auf "Normal" umgestellt und eine eigene Studioblitzanlage installiert.

Spannende Wendezeit

Bis 1989 haben sie durchschnittlich zwölf Mitarbeiter beschäftigt. 1990 kam der Wendepunkt. "Da haben wir noch einmal investiert. In eine neue Ladeneinrichtung, in den Bau eines neuen Studios und in eine Maschine, mit der man die Farbfilme bearbeiten und die Fotos gleich ausdrucken konnte. Wir mussten uns mit neuen Fotoapparaten auseinandersetzen. Kurz, wir konnten das machen, wovon wir immer geträumt hatten", erinnern sich die Eheleute. Allerdings sei es ihnen auch so vorgekommen, als müssten sie eine zweite Ausbildung absolvieren. Die dritte Lehre sei dann mit dem Einzug der digitalen Fotografie auf sie zugekommen. Es war spannend, sich mit Computertechnik, Farbmanagement und den komplizierten Zusammenspielen in der Elektronik auseinandersetzen zu müssen.

Unterstützung fanden sie auch bei ihren Mitarbeitern und der Kundschaft, die "foto Hohenstein" seit Jahren die Treue gehalten hat. Deshalb möchten Blöschs sich an dieser Stelle sowohl bei ihren Mitarbeitern als auch bei ihren Kunden für die langjährige Treue bedanken. Die beiden hoffen nun, dass sich in Aschersleben bald wieder ein selbstständiger Fotografenmeister niederlässt.

Nachnutzer gefunden

Sie haben sich zu diesem Schritt entschlossen, weil "wir physisch an unsere Grenzen gestoßen sind. Das Konzept, ein klassisches Fotofachgeschäft in dieser schnelllebigen Zeit am Markt zu halten, ist gescheitert", beschreiben die Eheleute die Situation.

Und weil ein Nachnutzer für das Geschäft noch in diesem Jahr einziehen will, musste es schell gehen. Inzwischen bestimmen nun die Handwerker das Geschehen seit mehr als drei Wochen. "Und wir sind mitten drin", sagen Christel und Frank Olaf Blösch mit einem Lächeln.