Aschersleben Aschersleben: Grauer Hof erhält dank Sanierung neues Gesicht

aschersleben/MZ - Wenn der Aschersleber Bernd Malcherek heute am Haus Grauer Hof 4 vorbeigeht, dann tut es ihm nicht mehr leid, dass es ihm vor Jahren nicht gelungen ist, das Haus zu erwerben und zu sanieren. Nein, er freut sich ehrlichen Herzens darüber, dass es mit Thomas Winter ein Wahl-Aschersleber ist, der die Ideen von Malcherek nun in die Tat umgesetzt, das Haus erhalten und zu einem Schmuckstück inmitten der Aschersleber Altstadt gemacht hat.
Seit 1975 hatte das 1715 erbaute Haus mit den schönen Fachwerkbalken leer gestanden. Die Fassade war mit einem hässlichen Garagentor verschandelt worden, und die damalige Lederer Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH hatte sogar schon einen Abriss erwogen, um die inzwischen geschlossene und Winter gehörende Gaststätte komfortabler beliefern bzw. einen Biergarten einrichten zu können.
Insgesamt gibt es nach Angaben der kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungswirtschaft noch 22.000 unsanierte Wohnungen in Sachsen-Anhalt. Damit seien inzwischen fast 94 Prozent des kommunalen oder genossenschaftlichen Wohnraums voll oder zumindest teilsaniert.
Die Zahl der unvermieteten Wohnungen ist gesunken. Im Vergleich zum Vorjahr betrage die Leerstandsquote landesweit 9,3 Prozent bei den Genossenschaften und 14 Prozent bei den kommunalen Wohnungsgesellschaften.
Der Wohnungsmarkt ist seit dem Jahr 2000 deutlich geschrumpft. Das hängt mit großflächigen Abrissen in den vergangenen Jahren zusammen. Ohne diesen Schritt, heißt es, würden landesweit mehr als 120.000 Wohnungen leer stehen. Auch in Aschersleben ist großflächig - zum Beispiel in der Welzstraße - abgerissen, aber gleichzeitig, z. B. an der Staßfurter Höhe, saniert und zum Teil neu gebaut worden.
Wer das Haus heute sieht, ist froh, dass es dazu nicht gekommen ist. Winter hat dann doch nicht abgerissen, sondern das Gegenteil getan: Die Front ist in ihrer ursprünglichen Ansicht wiederhergestellt worden, die Fassade ist im unteren Teil verputzt und zeigt im Obergeschoss schönes Fachwerk mit unterschiedlich ausgeführten Ausfachungen. „Das Haus war eine totale Ruine, vollgekrempelt vom Keller bis unters Dach“, berichtet Thomas Winter von Entsorgungskosten in Höhe von 5 000 DM. Trotz der Arbeit, die im Inneren schon geleistet wurde - zu großen Teilen von Thomas Winter als gelerntem Maurer selbst - bleibt noch viel zu tun, bis Mieter hier einziehen können. Auf den ersten Blick noch eindrucksvoller ist das 27 Meter lange Bruchsteingebäude nebenan, das Winter ebenfalls unter seine Fittiche genommen hat. 1993 hatte er die ehemalige Brauerei übernommen, die zu DDR-Zeiten jedoch nur noch als Abfüllstation diente. Ein Brand im Jahr 2000 hat das Gebäude massiv beschädigt. 2012 schließlich begann Winter mit der Sanierung: Das Flachdach wurde durch ein Pultdach ersetzt, ein Ziersims angebracht, das Haus hat eine Mauerkrone bekommen, die Fensterbögen sind zum Teil erneuert worden, ausgebrochene Steine wurden ausgetauscht. Winter nutzt das Gebäude momentan als Werkstatt und Lagerhalle.
Mit Hilfe von Fördermitteln hat der Wahl-Aschersleber, den Geschäftliches schon vor der Wende von Leipzig nach Aschersleben führte, nicht nur diese, sondern noch weitere Häuser in Aschersleben denkmalgerecht saniert: in der Leopoldstraße, in der Bürgerstraße, am Stephanikirchhof sowie die kleinen ehemaligen Optima-Villen in der Friedrichstraße. Damit gehört der 63-Jährige schon zu den größeren privaten Vermietern in Aschersleben. Bereut hat er sein Engagement nicht, doch ohne Fördergeld, so bekennt er, hätte er sich nicht herangewagt an die Projekte. „Die Förderung ersetzt wenigstens den Mehraufwand, um dem Denkmalschutz gerecht zu werden. Ich nenne es Schmerzensgeld“, lacht Winter, der in diesem Jahr den Ausbau eines Hauses Über dem Wasser auf der Agenda hat. Er denkt, Geld sei „in Immobilien besser angelegt als auf dem Sparbuch“.

