"Auf keinen Fall streicheln" Annette Leipelt vom Nabu gibt Tipps für Fundtiere: Zoo Aschersleben ist keine Rettungsstation

Aschersleben - Es sind nur wenige Augenblicke und die kleine Ringelnatter ist verschwunden. Hineingeschlängelt hat sich das harmlose Reptil in die schimmernden Fluten des Froser Sees, wo es nun ein neues Zuhause hat.
Davor hatte das anfangs noch bleistiftdünne Tier, das in einem Baumarkt unter einer Regentonne gefunden wurde, vorübergehendes Asyl im Ascherslebener Zoo gefunden. Dort werden noch ein paar kleine Feldhasen, ein Spatz, der aber von den Tierpflegern privat versorgt wird, und ein Bussard aufgepäppelt.
„Denn“, sagt Zooleiter Alexander Beck, „wir sind auch eine Tier-Auffangstation. Allerdings nicht für einheimisches Wild, sondern eigentlich nur für Exoten.“
In der Regel sind das Boas oder Pythons und Schildkröten in sämtlichen Variationen. Wenn etwa Polizei oder die Untere Naturschutzbehörde solche Tiere beschlagnahmen oder private Halter sich nicht mehr um ihre Exoten kümmern können, werden solche Notfälle im Ascherslebener Zoo aufgenommen. Doch immer mehr Leute würden auch mit einheimischen Tieren vor der Zootür stehen, weiß Beck, obwohl dafür eigentlich die Jagdpächter oder andere Einrichtungen zuständig seien.
Immer mehr Menschen bringen einheimische Tieren in den Zoo, obwohl dafür eigentlich die Jagdpächter zuständig sind
Und trotzdem, wenn es den Tieren so richtig schlecht geht, machen die Zoo-Mitarbeiter Ausnahmen. Wie bei den kleinen Hasen, die mitten auf einem Parkplatz und damit an einem gefährlichen Ort gefunden wurden. Oder dem Bussard, der keine Handschwingen auf der rechten Seite mehr hat. „Vermutlich ist er in einen Zaun reingesaust oder mit einem Windrad kollidiert“, glaubt der Zoochef.
Auch bei Igeln würden sie eine Ausnahme machen, da der Aufwand relativ überschaubar sei. „149 haben in den letzten zehn Jahren schon bei uns überwintert und wurden dann wieder ausgewildert“, nennt Beck Zahlen.
„Aber wenn wir alle gefundenen Füchse, Marder oder Rehe aufnehmen würden, würde der Zoo bald aus allen Nähten platzen“, ist der Experte sicher und will die Leute dafür sensibilisieren, nicht alle Tiere rechts und links des Weges einfach einzusammeln, die sie irgendwo entdecken. Denn oftmals sei das gar nicht nötig.
Viele Menschen glauben bei Jungtieren, dass sie verlassen wurden, sagt Annette Leipelt vom Naturschutzbund
Kitze oder junge Feldhasen liegen vielleicht regungslos geduckt allein im Gras und erwecken so den Anschein, dass sie von der Mutter verlassen wurden“, bestätigt auch Annette Leipelt vom Naturschutzbund Sachsen-Anhalt.
Dabei sei das nur ein Verhalten zum Schutz vor Fressfeinden, die Mutter ist meist in der Nähe. Auch Jungvögel – wie Meise, Amsel, Stieglitz – würden schon nach zwölf bis 20 Tagen das Nest verlassen. „Richtig fliegen können sie da noch nicht, aber auch sie werden von den Eltern weiterversorgt“, ergänzt Alexander Beck. „Die Tiere also, wenn sie nicht verletzt oder krank sind, besser in ihrem Lebensraum lassen, da eine Aufzucht generell sehr schwierig ist“, sagt die Nabu-Geschäftsführerin.
Aber es gibt gute Tipps, wie man trotzdem helfen kann. „Hunde beim Spaziergang an die Leine und die Wege nicht verlassen“, mahnt Leipelt rücksichtsvolles Verhalten im Freien an. Jungvögel nur aus Gefahrenzonen – wenn sie etwa auf der Straße sitzen – tragen und auf einen erhöhten Platz setzen. Die Eltern finden sie dort durch lautes Rufen. Der menschliche Geruch an den Kleinen stört sie nicht.
Rehe, Hasen und Füchse aber schon, also diese Jungtiere auf keinen Fall streicheln. Kleine Fledermäuse, die vom Rücken ihrer Mutter fallen, einfach in der Dämmerung an die Fassade setzen. Die Mutter holt sie ab. Und bei kleinen Igeln sei Zufüttern im Herbst sinnvoller als sie einzusammeln.
Zudem einen Laubhaufen liegenlassen, wo sie frostsicher überwintern können. „All das“, sagt Beck, „ist nämlich eine aktive Form des Naturschutzes und weitaus wirkungsvoller.“ (mz)