Vorgestellt Vorgestellt: Eisenhut - Schönheit mit tödlichen Kräften
Hamburg/gms. - Frühere Generationen gingen nicht so unbefangen mit derstattlichen Staude um. Ihnen galt sie als die giftigste PflanzeEuropas. Ihr vergleichsweise leicht verfügbarer Wirkstoff räumtemanch unliebsamen Zeitgenossen aus dem Weg. Pudre de succession - zudeutsch: Erbpulver - nannte man den Extrakt im französischen Raum.
Auch Nero soll sich im Jahr 54 nach Christi seiner bedient haben,um seinen Adoptivvater Kaiser Claudius aus dem Weg zu räumen undseine Nachfolge anzutreten. Am treffendsten spiegelt der griechischeEisenhut-Mythos das damals so düstere Image der Pflanze wider. Danachsoll die Pflanze aus dem Geifer des Höllenhundes Zerberus erwachsensein.
Schillernder wird das Bild vom Eisenhut bei den Germanen. Angstund Faszination mischen sich, wenn von Wotan erzählt wird, der denstrahlend blauen heimischen Sturmhut (Aconitum napellus) nutzt, umsich zu verwandeln und unsichtbar zu machen.
Wer die Pflanze nutzen will, muss stark sein, dann aber verleihtsie überirdische Kräfte, lasen die «Zauberkundigen» des Mittelaltersaus dieser Sage heraus. Eisenhut wurde zum Bestandteil vonHexensalben. Sie verliehen den Wagemutigen das Gefühl, ihnen wüchsenHaare und Federn und sie flögen, in Tiere verwandelt, durch die Luft.Unglücklicherweise starben viele von ihnen qualvoll, denn dieInhaltsstoffe der Pflanzenteile schwanken stark.
Dies machte auch die Dosierung des Eisenhuts als Arzneimittelextrem schwierig. Bei Augenleiden, Fieber, Lungenentzündung undGelenkschmerzen sollten die Inhaltsstoffe helfen. «Doch ist esbesser, man gehe solcher giftigen kreuter müssig», mahnte vor 500Jahren der Arzt und Botaniker Leonhardt Fuchs seine ärztlichenKollegen, «außer es fordert große Not sie zu gebrauchen». Heute hatEisenhut praktisch nur noch in der homöopathischen Medizin Bedeutung.
Das eröffnete Gärtnern und Gartenfreunden die Möglichkeit, sichunbefangen des Eisenhuts anzunehmen. Sein schlechtes Image schwand,die Züchtung nahm sich seiner an, so wie das bei ähnlichschönblütigen Arten wie dem verwandten Rittersporn seit langem üblichwar. Ende des 19. Jahrhunderts entstanden gartenwürdige Sorten wieder violettblaue Aconitum x cammarum 'Sparks's Variety', der zurGruppe der Sommer-Eisenhüte gehört. Im süddeutschen Raum verbreitetesich der bayerische Eisenhut (Aconitum x cammarum 'Bicolor'), dessenFarben so weißblau sind wie der Himmel über Bayern und das bayerischeWappen.
Auf viele Freunde stößt auch das Amethystblau von 'Newry Blue',einer Sorte des heimischen Berg-Eisenhutes (Aconitum napellus). Mitrund 100 Zentimetern Höhe gehört sie zu den niedrigeren Gartensorten.Noch wichtiger aber ist sie als Schnittblume, die man in vielensommerlichen Sträußen findet. Wer sich dagegen am lichten Violettblauvon Aconi-tum carmichaelii 'Wilsonii' erfreuen will, braucht imGarten Platz.
Anfang des 20. Jahrhunderts kreuzte der Staudenzüchter GeorgArends aus Wuppertal ihn und die aus China stammenden Art Aconitumcarmichaelii. Das Ergebnis war der bereits oben erwähntenHerbst-Eisenhut Aconitum carmichaelii 'Arendsii'. Gefälliger Wuchs,späte und reiche Blüte sowie Langlebigkeit, sofern der Standortstimmt, machen ihn zum wohl schönsten Vertreter seiner Gattung.
Hinter den blauen und violetten Sorten stehen die hellen etwaszurück. Der weiße Aconitum napellus 'Albus' verblasst einfach nebenseinen blauen Vettern. Dagegen ist der hellgelbe Wolfseisenhut(Aconitum vulparius) etwas für Kenner. Wer die lockeren Rispen an denbreit ausladenden Blütenständen am Naturstandort sieht, ahnt, welcheWirkung sie an schattigen Standorten im Garten entfalten können.
Wie Lichtflecken schimmern sie aus dem Blätterdunkel hervor undüberraschen mit Blüten, wo niemand welche vermutet. Voraussetzung istaber, dass er einen Platz bekommt, der so kühl und feucht ist, wieder Naturstandort in den Auen- und Schluchtwäldern.