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Verein "Wir helfen" Verein "Wir helfen": "Freizi" ganz in Familie

Von Albrecht Günther 14.12.2014, 10:43
Phraorawee (links) und andere basteln im Kinder- und Jugendtreff „Freizi“ in Naumburg.
Phraorawee (links) und andere basteln im Kinder- und Jugendtreff „Freizi“ in Naumburg. Torsten Biel Lizenz

Naumburg - Die neunjährige Melanie setzt ihren Ranzen ab, atmet tief durch. „Heute haben wir ganz schön viel auf“, verkündet sie. Zunächst jedoch schwingt sie sich auf die Schaukel, lässt den Unterricht hinter sich. Die Schülerin gehört zu den über 150 Kindern und Jugendlichen, für die der Kinder- und Jugendtreff am Naumburger Heinrich-von-Stephan-Platz zum zweiten Zuhause geworden ist.
„Viele von ihnen kommen direkt nach der Schule zu uns, nutzen die Möglichkeit, hier ihre Hausaufgaben zu erledigen, Freunde zu treffen und sich sinnvoll zu beschäftigen“, sagt René Kügler. Der Pädagoge und Psychologe hält seit 2013 im „Freizi“, wie die Mädchen und Jungen ihren Treff nennen, die Fäden in der Hand.

Jeder ist im Treff willkommen

„Bei uns ist jeder willkommen, Naumburger Familien ebenso wie Asylbewerber oder syrische Kriegsflüchtlinge, die in unserer Stadt leben“, schildert Kügler. „Wir betreuen viele Kinder, deren Eltern über ein nur geringes Einkommen verfügen. Denn niemand sollte ausgegrenzt werden, weil das Budget zu Hause knapp ist.“
Seit diesem Jahr arbeitet das von einem gemeinnützigen Verein getragene „Freizi“ nach einem neuen Konzept, das den Fokus auf Familien richtet. Sie sind das „mit Abstand einflussreichste Soziotop für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen“, heißt es im Konzept für eine moderne Jugendhilfeform in Naumburg und im Burgenlandkreis. René Kügler: „Bei uns gibt es zwar Regeln, aber keine Schwellen. Im Gegenteil: Wir laden Familien ein, gemeinsame Aktivitäten zu starten. Wenn Kinder und Jugendliche selbst etwas schaffen und erreichen, ist das für sie die größte Anerkennung. Leider fehlt die oftmals zu Hause.“

Mitarbeit am Naumburger WeihnachtsmarktSo wird in der „Freizi“-Werkstatt bereits der diesjährige Naumburger Weihnachtsmarkt vorbereitet. Mit elektrischer Säge, Bohrmaschine und weiteren Werkzeugen - zumeist Spenden von Unternehmen, die sich neue Technik angeschafft haben - entstehen Vorlagen für Schwibbögen und anderen Weihnachtsschmuck. „In einer Hütte des Weihnachtsmarktes werden unsere Kinder und Jugendlichen dann Familien einladen, mit ihnen zu basteln“, erläutert Kügler.

Möglichkeiten zum Austoben

Eine Etage höher haben sich die „Freizi“-Kids eine Spiel-Oase, den Hausaufgaben-Raum und den Jugend-Raum nach ihren Vorstellungen eingerichtet. Im Indoor-Spielplatz gibt es viele Möglichkeiten, sich auszutoben, mit anderen Kindern in Kontakt zu kommen, gemeinsam zu spielen. Und das alles, ohne Eintritt zahlen zu müssen. Geöffnet ist täglich, also auch an den Wochenenden. „Eltern erhalten damit die Möglichkeit, mit ihren Kindern etwas gemeinsam zu unternehmen. Außerdem können sie sich zu Entwicklungs- und Erziehungsfragen informieren oder Beratung suchen. Bei Bedarf vermitteln wir professionelle Hilfe.“
Genutzt werden kann ebenso eine Kinder-Küche. An acht Platten, die kindgerecht gestaltet sind, kochen die „Fita-Minis“. Sie suchen die Rezepte aus, kaufen selbst ein und bereiten Mahlzeiten zu, die gesund sind und gemeinsam gegessen werden. So gestärkt, lassen sich Hausaufgaben im eigens dafür eingerichteten Raum des „Freizi“ viel besser erledigen.
Ganz oben im Haus hat das von Beatrix Fichtner geleitete Tanzstudio sein Domizil. Ein Ballettsaal mit Spiegeln und Stangen steht zur Verfügung, ebenso Umkleidemöglichkeiten. Auch hier wird niemand ausgegrenzt, gibt es je nach Alter verschiedene Angebote.

4400 Besucher im Jahr

„Mit dem neuen Konzept erreichen wir deutlich mehr Kinder und Jugendliche und vor allem Familien als vorher“, sagt Kügler. Waren es im vergangenen Jahr noch 2600 Besucher gewesen, so sind es 2014 bereits knapp 4400. Hinzu kommen jährlich etwa 20 Einsätze des „Freizi“-Spielmobils. Außerdem stehen über 225 Veranstaltungen für Kindertagesstätten und Schulen zu Buche.
Das alles ist immer wieder ein finanzieller Kraftakt. Wegen der Kürzung der Jugendhilfe-Pauschale durch das Land und entsprechend weniger Mittel vom Burgenlandkreis fehlen dem „Freizi“-Verein Kügler zufolge seit diesem Jahr rund 30 Prozent der finanziellen Zuwendungen. „Wir sind deshalb auf Spenden angewiesen und für jede Hilfe dankbar.“ Denn es geht um Kinder und Jugendliche, die unsere Unterstützung brauchen.“ (mz)