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Schnäppchenfalle bei Amazon  Betrüger bei Amazon : Die Schnäppchenfalle mit gehackten Webshops

Von Steffen Könau 19.11.2016, 11:00
Nur wer über Amazon - hier ein Auslieferungslager - bezahlt, erhält die Käufergarantie.
Nur wer über Amazon - hier ein Auslieferungslager - bezahlt, erhält die Käufergarantie. dpa

Schicke Kleider sind das Geschäft von Melanie, die unter dem Namen Glamour Empire seit sechs Jahren einen erfolgreichen Modeshop beim Internet-Kaufhaus Amazon betreibt.

Bis die junge Frau aus Großbritannien vor kurzem erstaunt feststellen musste, dass sie plötzlich ins Geschäft mit High-Tech eingestiegen war: In ihrem Shop bot sie nun Smartphones an, Fernseher, Tablets und Kameras. Und das sehr zur Freude vieler Kunden, denn vom Preis her waren edle Handys, Bridge-Kameras von Sony und Fernseher von LG nirgendwo im Internet günstiger zu haben als bei ihr.

Gehackte Webshops bei Amazon: Fantasieware zu Fantasiepreisen

Einige einfache Verhaltensregeln verhindern, dass Kunden Opfer von Amazon-Betrügern werden. So sollte der erste Blick eines Käufers, nachdem er auf ein für ihn interessantes Produkt in einem Amazon-Shop gestoßen ist, der Reputation des Verkäufers gelten. Welche Bewertungen hat er? Von wie vielen Kunden?

Fragwürdig sind neue Verkäufer ohne jede Bewertung, stutzig machen sollten Preisangebote, die um Größenordnungen unter denen anderer Verkäufer liegen. So etwas ist nie seriös, weil kein seriöser Verkäufer Grund hat, seine Ware 200 oder 300 Euro billiger anzubieten als die Konkurrenz.

Aufgepasst auch, wenn Kaufversuche beim Auschecken scheitern und Amazon eine Fehlermeldung sendet, die lautet, der Artikel sei „leider nicht mehr von dem Anbieter erhältlich“.

Wer jetzt - wie vom Verkäufer erbeten - eine Mail schickt, meist an Mailanbieter wie web.de oder Gmail, bekommt das Angebot, außerhalb von Amazon zu kaufen. Hier heißt es: Finger weg, egal, wie günstig das Angebot aussieht!

Der Haken an der Sache: „Unser Shop ist gehackt worden“, erklärt die Glamour-Empire-Chefin. All die angeblich angebotenen Waren hat es nie gegeben, alle Schnäppchen waren reine Fantasie.

Und nicht nur hier. Auch bei einer Firma aus Laupheim bei Ulm trudelten auf einmal Mails mit Nachfragen zu Produkten ein, die das Unternehmen in seinem Amazon-Shop gar nicht anbot. Kunden fragten misstrauisch nach, ob es sein könne, dass Markenware hier für den halben Preis über den Tische gehe.

Natürlich nicht. Auch dieser Amazon-Shop war von Betrügern gekapert worden, die die bereits vorhandenen positiven Bewertungen nutzten, um Kunden den Eindruck zu vermitteln, dass hier ein seriöser Händler echte Schnäppchen anbiete.

Nur wer über Amazon bestellt, erhält die Käufergarantie

Wer kaufte, bereute es schnell, wie durchweg negative Bewertungen zeigen: „Kauf vom Verkäufer storniert“, „Ware nicht geliefert“ oder „unseriöses Gebaren“ heißt es da einhellig.

Doch die Chance, bereits gezahltes Geld zurückzuerhalten, ist gering. Denn bei der neuen Masche des Amazon-Betruges, die Kriminelle gerade mit offenbar großem Erfolg ausprobieren, wird der Käufer zum Mittäter gemacht.

Und der Wunsch, teure Technikspielzeuge möglichst günstig zu ergattern, verführt ihn offenbar dazu, zum leichten Opfer zu werden.

Der Trick dabei ist, dass Online-Gangster mit gehackten oder selbstgebauten Amazon-Shops voll noch so verführerischer Angebote keinen Erfolg hätten, gelänge es ihnen nicht, die normalen Bezahlungsvorgänge des weltgrößten Online-Kaufhauses auszuhebeln.

In der Süddeutschen Zeitung berichtete ein IT-Händler aus Nordrhein-Westfalen, wie er Opfer eines Hacker-Angriffs wurde: Er hatte eine Phishing-Mail geöffnet, über ein angehängtes Programm verschafften sich Hacker Zugriff auf seinen Computer.

Dort fanden sie das Kennwort für sein Amazon-Market-place-Konto, über das sie dann Produkte anboten, die sie gar nicht besaßen. Alle Bestellungen kamen bei dem betreffenden Händler an, in einer Stunde sollen es 400 an der Zahl gewesen sein.

Der Händler wandte sich dann an Amazon, ließ sein komplettes Konto sperren und alle Bestellungen stornieren.

Für gewöhnlich erfolgt die Bezahlung auch bei privaten oder gewerblichen Amazon-Shops über die Infrastruktur des Online-Riesen: Der Kunde zahlt an Amazon, Amazon informiert den Verkäufer, der verschickt die Ware - und wenn keine Klagen kommen, überweist Amazon ihm schließlich nach einer gewissen Frist den Kaufpreis.

Narrensicher, denn Schwindler kommen so nicht an ihr Geld, wenn sie keine Ware liefern. Doch die derzeit aktive Generation von Trickbetrügern umgeht die Sicherungsmechanismen geschickt.

Die üble Masche der Amazon-Betrüger

Käufer werden aufgefordert, die gewünschte Ware nicht wie üblich in den Amazon-Warenkorb zu legen und dann den gewohnten Kaufvorgang abzuschließen.

Sondern den Verkäufer direkt per Mail zu kontaktieren. Häufig wird das ungewöhnliche Verfahren damit begründet, dass der Verkäufer seine besonders günstigen Preise nur anbieten könne, indem er die Amazon-Gebühren durch einen direkten Verkauf umgehe.

Eine Lüge, wie Käufer schnell bemerken, nachdem sie den Kaufpreis für ihr Handy, ihren Kühlschrank oder ihr High-Tech-Lautsprechersystem wie gewünscht per Banküberweisung, Paypal oder Western Union bezahlt haben.

Es kommt nichts, keine Ware, keine Antwort auf Mails. Gelegentlich stornieren Fake-Verkäufer das getätigte Geschäft noch, in anderen Fällen ersparen sie sich auch das.

Die Masche läuft immer nach demselben Muster ab, bestätigt auch das Landeskriminalamt in Niedersachsen. Sobald die Ware bezahlt ist, ist das Geld weg.

Und gegenüber Amazon hat der Kunde nichts in der Hand, denn die sogenannte „A-bis-Z-Garantie“, der eigentlich narrensichere Verkäuferschutz des Onlinekonzerns, gilt nur dann, wenn die Bezahlung direkt über die Website von Amazon vorgenommen wurde.

Was Amazon für den Kundenschutz tun kann

Der US-Konzern beteuert zwar: „Wir nehmen das Thema ernst und beschützen unsere Kunden und Händler“, wie Deutschland-Chef Ralf Kleber sagt.

Mehr als raten, dass Kunden alle Käufe ausschließlich über die Amazon-Website abwickeln und niemals Ware beim Verkäufer direkt bezahlen sollten, kann Amazon aber augenscheinlich auch nicht tun.

Käufer sind verzweifelt, denn manchmal sind es einige hundert Euro, die einfach so verschwunden sind, ohne dass es irgendeine Gegenleistung gibt. Nur Ärger bleibt. „Hallo, ich sehe nicht ein, dass ich mich mit einem ausländischen Händler rumschlagen muss“, beschwert sich ein Jörg K. in der Bewertungsspalte eines gehackten Shops. „Ich fordere Sie hiermit auf, zügig zu handeln.“

K. hat dem betrügerischen Verkäufer nur einen von fünf Sternen gegeben, weniger geht nicht. Aber inzwischen sind die Kriminellen ohnehin weitergezogen - der ursprüngliche Verkäufer hat wieder Zugriff auf seinen Shop.

Er konnte seine seriösen Geschäfte allerdings nur noch einstellen, „weil die Vielzahl der negativen Bewertungen von betrogenen Kunden es uns unmöglich machten, unter demselben Namen weiterzuverkaufen“.

(mz)