Studenten wappnen sich für Bildungsstreik
Berlin/dpa. - An deutschen Hochschulen braut sich was zusammen. In rund 20 Städten haben Studenten Hörsäle besetzt, einige wurden bereits geräumt. An der Humboldt-Universität zu Berlin pinseln die Studenten jedoch am laufenden Band neue Plakate.
Sie wollen ihre Besetzung bis zu einem bundesweiten Protesttag am 17. November durchhalten. «Wir verschließen hier keine Türen, es sollen alle zu den Lehrveranstaltungen gehen», sagt Student Henry Webel. Der 22-Jährige hat bereits beim Bildungsstreik im Juni mitgemacht und seinen Laptop seitdem mit Protestaufklebern versehen. Weil die Streiks bisher nicht viel gebracht hätten, werde jetzt wieder demonstriert, sagt er. Die meisten Studenten wollen aber trotz ihres Protestes weiter studieren. «Ich kann es nicht riskieren, aus dem Seminar zu fliegen», erzählt auch Sinan Sat, Student an der ebenfalls besetzten Duisburger Uni.
Die Studenten mahnen neben überlasteten Studiengängen auch soziale Ungleichheiten im Bildungssystem an. Zudem kritisieren sie, dass die Unis chronisch unterfinanziert seien und die Umstellung von Diplom- und Magisterabschlüssen auf Bachelor und Master mangelhaft sei.
Eine lange Liste von Forderungen klebten die Studenten der Humboldt-Uni an die Tür des Präsidenten Christoph Markschies. «Wir haben 95 Thesen zur Reformation der Bildungsinstitutionen formuliert», erzählt eine Studentin. Darin fordern sie unter anderem den Abbau von Zulassungsbeschränkungen, eine Uni-Präsidentin und kostenlose Bildung für alle.
Während die Besetzungen der Hörsäle in Berlin und München bisher von den Uni-Leitungen toleriert wurden, mussten rund 200 Tübinger Studenten am Donnerstagmorgen (12. November) dem Druck von 100 Polizisten nachgeben und den Hörsaal verlassen. «Die sollen bloß nicht denken, sie hätten durch die Räumung den Protest platt gemacht», sagte ein Besetzer. Eine Woche lang hatten die Studierenden im größten Hörsaal geschlafen, gekocht und diskutiert.
Auch in der Berliner Humboldt-Uni liegen am zweiten Tag der Besetzung vereinzelt Schlafsäcke herum, an einem Tisch liegen Brot und Marmelade. Auf das Eingreifen der Polizei haben auch sie sich vorbereitet. Ein großes Plakat vor der Bühne des Audimax-Hörsaals gibt bei möglichen Festnahmen Verhaltenstipps: «Laut den Namen rufen» und «Klappe halten» haben die Organisatoren darauf geschrieben.
Bislang mussten die Studenten nicht auf die Tipps zurückgreifen. Zwar waren am ersten Abend der Besetzung am Mittwoch (11. November) rund hundert Polizisten vor Ort, sie kamen aber nicht zum Einsatz. Dafür setzte die Uni-Leitung eine private Sicherheitsfirma ein, die den Zugang zum Audimax-Gebäude kontrollierte. Dadurch sollen etwa 50 Studenten nicht zum Plenum gelangt seien, kritisierte eine Studentin.